Campus: WU auch inhaltlich neu

Am Welthandelsplatz in Wien-Leopoldstadt ist der neue WU-Campus mit viel Politprominenz offiziell eröffnet worden. Die WU will sich aber nicht nur räumlich, sondern auch inhaltlich neu aufstellen, sagte der Rektor bei der Eröffnung.

Es ist der derzeit größte Universitätsneubau Europas und der größte Unibau Österreichs. Die Wirtschaftsuniversität kehrt bei der Adresse zu ihren Wurzeln zurück: Die ehemalige Hochschule für Welthandel ist künftig am Welthandelsplatz 1 beheimatet. Am Freitag wurde der neue WU-Campus von Bundespräsident Heinz Fischer, Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP) und Vizebürgermeisterin Renate Brauner (SPÖ) offiziell eröffnet.

Schwerpunkt auf nachhaltiges Wirtschaften

Die WU will in den neuen Mauern auch eine inhaltliche Neuausrichtung. Unter dem Motto „Rethinking Economy“ soll sie „ihre Rolle in diesem Staat und der Wissenschaft neu definieren“, etwa durch einen Schwerpunkt auf nachhaltiges Wirtschaften, sagte Rektor Christoph Badelt.

„Die Verantwortung der WU gegenüber der Gesellschaft muss viel ernster genommen werden“, betonte Badelt. Die WU soll künftig stärker auf Wirtschaftskrisen, gesellschaftliche Umwälzungen und Umweltfragen eingehen, etwa durch ein Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeit, den Master zu Socio-Ecological Economics and Policy und die Einbindung von NGOs. Immerhin seien 50 Prozent der Wirtschaftswissenschaftler, die in der Wirtschaft aktiv seien, Absolventen der WU, erwartet Badelt eine gewisse Breitenwirkung.

ÖH: „Neuer Campus ein Leuchtturm, aber ...“

„Die WU steigt mit dem neuen Campus zu einem Leuchtturm in der österreichischen Universitätslandschaft auf“, zeigte sich Chiara Werner-Tutschku, Vorsitzende der HochschülerInnenschaft an der WU, beeindruckt. Neben dem Dank an Politik, Rektor und Steuerzahler wies sie zur Eröffnung aber auch auf bekannte und weiterbestehende Probleme hin: „Noch immer studieren hier mehr Menschen, als die geringe Anzahl an Professoren sinnvoll betreuen kann.“

Damit das „Leuchtfeuer nicht erlischt“, legte Werner-Tutschku der Regierung den Slogan der WU ans Herz: „Es ist an der Zeit, bildungspolitische Blockaden zu lösen und sich im Sinne von ‚Rethink Education‘ dazu durchzuringen, sich für die dringend notwendigen Strukturänderungen an den Universitäten einzusetzen.“

Fotos: Eröffnung des neuen Campus:

Sechs Gebäude auf 90.000 Quadratmeter Fläche

Der zwischen den U2-Stationen Messe Prater und Krieau angesiedelte und von Messe, Prater und dem neuen ViertelZwei bzw. der Trabrennbahn Krieau umgebene neue Campus umfasst auf einer Grundstücksfläche von 90.000 Quadratmetern sechs Gebäudekomplexe.

Statt sieben gibt es künftig fünf Großhörsäle, das neue Auditorium Maximum fasst 650 Personen (derzeit: 636). Umgekehrt wächst die Zahl der Seminarräume von 35 auf 53. Den Studenten stehen statt bisher 1.000 zum Teil auf dem Gang gelegenen Arbeitsplätzen insgesamt 3.000 Arbeitsplätze zur Verfügung.

Herzstück des neuen Campus ist das von Zaha Hadid geplante „Library and Learning Center“. Neben diesem gibt es auf insgesamt 35.000 Quadratmetern bebauter Fläche weitere fünf Gebäudekomplexe sowie 55.000 Quadratmeter öffentlich zugänglicher Freifläche. Das Budget für den Neubau beträgt 492 Mio. Euro exklusive Einrichtungs-, aber inklusive Grundstückskosten.

Platznot als Grund für Umzug

Grund für den Umzug ist vor allem die Platznot an der WU: Schon bei der letzten Übersiedelung 1982 in das über dem Frachtenbahnhof des Franz-Josephs-Bahnhofs errichtete Universitätszentrum Althanstraße mussten kurz nach Fertigstellung Wohnungen im Umfeld angemietet werden, da der für 9.000 Personen konzipierte Neubau schon beim Einzug knapp 10.000 Personen fasste. Mittlerweile hat sich die Studentenzahl an der WU mehr als verdoppelt, auch der Personalstand ist seither stark gewachsen.

Grafik neue WU

APA-Grafik

Der neue Campus ist auf 25.000 Studierende ausgelegt. Derzeit sind 23.000 Personen inskribiert, wovon allerdings nur die Hälfte prüfungsaktiv ist. An der neuen WU gibt es künftig insgesamt 3.500 bis 4.000 Räume, davon 1.000 Büros. In den 90 Hörsälen und Seminarräumen stehen 5.000 Plätze zur Verfügung. Insgesamt können sich 10.000 bis 12.000 Personen gleichzeitig auf dem Campus aufhalten.

Weiter strenge Aufnahmemodalitäten

Die attraktivsten Gebäude am Campus, jene beim Prater, sind für die Studenten reserviert. „Die Uni wurde für die Studenten gebaut, und nicht für das Rektorat“, begründet Badelt diese Entscheidung. An den strengen Aufnahmemodalitäten wird der neue Campus allerdings nichts ändern, wie Badelt sagte. Es gebe Kapazitäten für 1.900 Bachelorstudenten, aber deutlich mehr Inskribierte.

„Wir müssen also nach wie vor in der Studieneingangsphase selektieren.“ Und auch die großen Einstiegsprüfungen werden weiter in der nunmehr benachbarten Messe abgehalten. „Es wäre ja völlig absurd, Hörsäle für Kapazitäten zu bauen, die sechs Mal im Jahr benötigt werden.“

Für den Eröffnungstag waren Spezialführungen auf dem Campus geplant, bei denen man sich die Gebäude, wo die künftigen Wirtschaftsmanager des Landes ausgebildet werden, auch von innen anschauen kann. Gearbeitet und studiert wird auf dem neuen Campus schon länger. Seit einem Monat sind alle Büros bezogen. Seit dieser Woche läuft der normale Universitätsbetrieb.

Fotos des neuen Campus kurz vor der Fertigstellung:

Gesprächsstoff schon im Vorfeld

Die Bauarbeiten des neuen WU-Campus hatten im Vorfeld bereits für Gesprächsstoff gesorgt - mehr dazu in WU-Campus mit schräger Architektur (wien.ORF.at; 16.7.2013). Für den alten Standort in Wien-Alsergrund gibt es noch keine konkreten Pläne - mehr dazu in Weiterhin Studierende im alten WU-Gebäude (wien.ORF.at; 18.7.2013).

Mit der Eröffnung des neuen Campus wird auch die Gegend um den Praterstern aufgewertet. Große Teile werden in Wohngebiet umgewandelt, der Gemeinderat fasste diesen Beschluss in der letzten Sitzung. In der Perspektivstraße dürfen bis auf einen kleinen Teil Prostituierte nicht mehr stehen - mehr dazu in Aus für Straßenstrich im Prater. Im Stuwerviertel machen sich Anrainer hingegen für die Prostituierten stark - mehr dazu in Stuwerviertel: Anrainer für Prostituierte.

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