Hooligan-Prozess wurde vertagt

Der Prozess um den gewalttätigen Angriff auf das Ernst-Kirchweger-Haus (EKH) in Wien-Favoriten ist auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Ein Zeuge aus Spanien soll noch geladen werden, außerdem wird ein medizinisches Gutachten eingeholt.

Wann der Prozess fortgesetzt werden kann ist noch unklar. Der Richter will einen Mann aus Spanien, der mit einem der Angeklagten am Tag des Angriffs unterwegs war, als Zeugen einvernehmen. Der Spanier soll entweder vorgeladen oder per Videokonferenz einvernommen werden.

Anklage gegen Gewerkschafter ausgedehnt

Außerdem wird noch ein medizinisches Gutachten eingeholt, um Klarheit zu bekommen, woher der 34-jährige angeklagte Hooligan seine Verletzungen hat - von Schlägen der Gewerkschafter oder von seinem eigenen Faustschlag.

Der Staatsanwalt hatte zuvor die Anklage gegen die beiden Gewerkschaft von leichter auf schwere Körperverletzung ausgedehnt. Ein Zeuge hatte am Mittwoch ausgesagt, dass drei Personen auf den 34-Jährigen Austria-Fan eingeschlagen haben, was rechtlich einer schweren Körperverletzung entspricht.

Anrainer filmte Szenen mit

Dieser Zeuge hatte als Anrainer von seinem Fenster aus die Szenen auf der Straße beobachtet und das Geschehen mit seiner Kamera dokumentiert. Seine Aufnahmen finden sich als Beweismittel im Gerichtsakt. Er erkannte in den zwei angeklagten Gewerkschaftern jene Männer wieder, die auf den 34-jährigen Austria-Fan losgegangen waren. Letzterem sei ein Besenstiel auf den Kopf geschlagen worden. Auf die Frage, weshalb er Fotos geschossen habe, erwiderte der Zeuge: „Meiner Meinung nach sind wir in einem Rechtsstaat und nicht im Dschungel.“

Prozess gegen Austria-Hooligans

ORF

Im Anschluss trat ein KOMintern-Gewerkschafter in den Zeugenstand, der von der Polizei bisher nicht vernommen worden war. Er entlastete die beiden Angeklagten, mit denen er seit längerem bekannt bzw. befreundet sei. Er könne „bezeugen“, dass diese nicht geschlagen hätten.

Unterschiedliche Angaben

Zur Chronologie: Am 27. Oktober 2013 war eine Horde Hooligans vor einem Wiener Derby in das Ernst-Kirchweger-Haus eingedrungen. Über die Anzahl der „ungebetenen Gäste“ gibt es unterschiedliche Angaben. Ein Aktivist des türkisch-kurdischen Kulturvereins ATIGF, der zu diesem Zeitpunkt im ersten Stock ein Frühstück abhielt, berichtete als Zeuge von 40 Männern. Ein Teilnehmer an einer Versammlung der kommunistischen Gewerkschaft KOMintern nahm dagegen „sechs bis sieben Personen“ wahr, wie er darlegte.

Gewerkschafter niedergeschlagen

Fest steht, dass ein Gewerkschafter, dem die Eindringlinge im Stiegenhaus begegneten, niedergeschlagen wurde. Er habe zwei Faustschläge kassiert, einen über dem linken Auge, bei dem seine Brille zu Bruch ging, den zweiten am rechten Ohr, als er bereits auf dem Boden lag, schilderte der 54-Jährige im Zeugenstand.

Er habe sich dann „auf den Rücken gedreht, um zu sehen, was passiert“. Außerdem habe er um Hilfe geschrien und „Nazis! Nazis!“ gebrüllt, „damit die Burschen runterkommen“. Einem Tritt in die Leibesmitte sei er ausgewichen, indem er sich zur Seite drehte. „Ich bin kein Fan von Tritten in den Bauch. Ich bin kein Fan dieses masochistischen Genusses“, sagte das Opfer im Zeugenstand.

EKH in Favoriten

APA/Pfarrhofer

Der 54-Jährige erlitt nicht nur eine Schädelprellung und eine Rissquetschwunde über dem Auge, sondern auch eine posttraumatische Belastungsstörung. Seiner Anwältin zufolge leidet der Betroffene an Angst- und Durchschlafstörungen, traut sich ohne seinen Hund nicht mehr auf die Straße und ist nicht mehr in der Lage, seinen Beruf auszuüben. Die Rechtsvertreterin des Mannes dehnte die Privatbeteiligtenansprüche auf 13.675 Euro aus.

Auch Gewerkschafter angeklagt

Auf Basis der Ausführungen der Gerichtsmedizinerin weitete wiederum der Staatsanwalt die Anklage gegen jenen 34-jährigen Verdächtigen, der den Gewerkschafter attackiert haben soll, auf schwere Körperverletzung aus. Insgesamt müssen sich sieben Fans, die dem - mittlerweile offiziell verbotenen, weil rechtsradikalen - Austria-Wien-Fanklub „Unsterblich“ angehören sollen, wegen Hausfriedensbruchs vor Gericht verantworten. Alle sieben bekennen sich nicht schuldig und behaupten, das EKH gar nicht betreten zu haben - mehr dazu in EKH: Hooligans plädieren „nicht schuldig“.

Angeklagt sind auch zwei KOMintern-Gewerkschafter. Diese sollen - gemeinsam mit anderen Genossen - die Fußballfans verfolgt haben, nachdem man diese aus dem Gebäude gedrängt hatte. Ein zur Anklage gebrachter 43-jähriger Philosoph und ein 30 Jahre alte Lastwagenfahrer sollen dabei jenen Hooligan, der laut Anklage im EKH den Gewerkschafter verprügelt hatte, niedergeschlagen und leicht verletzt haben.