Alijew hatte fünf Medikamente im Blut

Der am 24. Februar erhängt in seiner Zelle in der Justizanstalt Josefstadt aufgefundene Rachat Alijew war zum Todeszeitpunkt offenbar mit Medikamenten vollgepumpt. Der toxikologische Gutachter konnte fünf Medikamente nachweisen.

Der Direktor des Gerichtsmedizinischen Instituts der Medizinischen Universität Innsbruck, Richard Scheithauer, fand Spuren von Zolpidem und Bromazepan. Beide sind als Schlafmittel bekannt. Bromazepan, das zur Gruppe der Benzodiazepine gehört, wird von der Medizin allerdings auch gegen akute Angstzustände und als Beruhigungsmittel eingesetzt. Daneben ließen sich der schmerzstillende und fiebersenkende Arzneistoff Paracetamol sowie zwei Medikamente nachweisen, die Alijew gegen seine Diabetes sowie gegen Bluthochdruck verschrieben bekam.

Medikamente verschrieben

Alle fünf Medikamente seien ärztlicherseits verschrieben worden, betonte die Vollzugsdirektion noch am Freitagabend. Alijew habe die medizinisch indizierten Mittel „über einen längeren Zeitraum“ und auch am Tag vor seinem Ableben eingenommen, erklärte die Chefärztin der Vollzugsdirektion, Margit Winterleitner. „Er war ein kranker Mann.“ Die Ärztin schloss aus, dass Alijew die ihm verschriebenen Mittel gehortet haben oder Zugang zu weiteren Substanzen gehabt haben könnte. Die Medikamentenvergabe im Strafvollzug unterliege einer „doppelten Kontrolle“ und sei bei Alijew selbstverständlich eingehalten worden.

Keine Barbiturate

Dagegen bestätigten sich im toxikologischen Gutachten die Ergebnisse eines nach dem Leichenfund durchgeführten Schnelltests des Wiener Departments für Gerichtsmedizin nicht, der Hinweise auf Barbiturate im Blut Alijews ergeben hatte. Die Derivate der Barbitursäure sind als Betäubungsmittel einsetzbar. Diese Substanzklasse ist in Österreich als Medikament fast gänzlich verboten.

Die nun vorliegende Expertise fand keine Hinweise auf Barbiturate, wobei es Manfred Ainedter, der langjährige Rechtsbeistand Alijews, „aufklärungsbedürftig“ findet, „dass im toxikologischen Gutachten kein Bezug zu dem Schnelltest genommen wird“. Abgesehen davon fordert Ainedter im Hinblick auf den nunmehr erbrachten Nachweis von zwei unterschiedlichen Schlafmitteln weitere und vor allem eingehendere Untersuchungen, zumal der Sachverständige Reinhard Scheithauer in seiner Expertise darauf hinweist, dass sich Zolpidem und Bromazepan in ihrer Wirkung „gegenseitig verstärken“.

Staatsanwaltschaft: „Keine Auffälligkeiten“

Für die Staatsanwaltschaft Wien enthält das Gutachten „keine Auffälligkeiten“, wie Behördensprecherin Nina Bussek betonte. „Die genannten Wirkstoffe konnten festgestellt werden, entsprechen in ihrer Menge aber einer Medikation“, so Bussek.

Alijew habe in der Justizanstalt wegen diverser gesundheitlicher Probleme mehrere Medikamente verschrieben bekommen, betonte Bussek. Die Anklagebehörde, die von Amts wegen die Umstände des Alijew-Ablebens untersucht, wartet jetzt vor allem auf das zweite, noch nicht vorliegende Obduktionsgutachten, das beim Institut für Rechtsmedizin in St. Gallen in Auftrag gegeben wurde. Davon dürfte abhängen, ob weitere Erhebungen in die Wege geleitet werden.

Anwalt kritisiert Staatsanwaltschaft

Es sei unabdingbar, jetzt auch das asservierte Leber-, Lungen-, Nieren- und Fettgewebe, den Mageninhalt und die Haare genauestens zu untersuchen, um die Todesursache zweifelsfrei zu klären, verlangte Ainedter. Die Staatsanwaltschaft müsse ihr Versprechen wahr machen, umfassend in alle Richtungen zu ermitteln. Dass mit Scheithauer zur Klärung der Todesursache ein Gutachter bestellt wurde, der auch im Doppelmord-Verfahren gegen Alijew als toxikologischer Sachverständiger fungierte, bezeichnete Ainedter am Freitagnachmittag als irritierend: „Das beweist die mangelnde Sensibilität der Staatsanwaltschaft.“

Ein Justizwachebeamter hatte am Freitag in einer gerichtlichen Anhörung gesagt, dass Alijew einige Stunden vor seinem Tod nicht depressiv gewirkt habe. Ein Mithäftling sagte am Freitag, Alijew habe sich nur wenige Stunden vor seinem Ableben bei ihm noch vier „Cola light“-Dosen besorgt. „Wenn er Selbstmord geplant gehabt hätte, hätte er sich das nicht ausgeborgt“, stellte der Häftling fest, der seinen Angaben zufolge einen „relativ engen Kontakt“ mit Alijew hatte.

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