Freispruch für IS-Sympathisantin

Sie habe für ihren im Dschihad kämpfenden Mann in Syrien „kochen und putzen“ wollen. Stattdessen stand eine 16-Jährige wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Wien vor Gericht. Sie wurde freigesprochen.

„Wir konnten schlussendlich nichts finden, das den Tatbestand begründet hätte“, stellte Richter Daniel Rechenmacher am Ende der Verhandlung fest. Die 16-Jährige habe zwar teilweise „grenzwertig“ agiert, „aber wir sind der Meinung, dass wir durchaus die Kirche im Dorf lassen sollten“, fasste der Vorsitzende des Schöffensenats die Ergebnisse der Hauptverhandlung zusammen. Es gebe keine Beweise, dass das Mädchen eine wissentliche Förderung der Ziele des Islamischen Staats (IS) betrieben habe, was aber für einen Schuldspruch nötig gewesen wäre.

Dasselbe galt für einen mitangeklagten 18-Jährigen. Der beste Freund des ihr nach islamischem Recht angetrauten Ehemanns der 16-Jährigen wurde ebenfalls im Zweifel freigesprochen. Beide Freisprüche sind nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

16-JÄhrige IS Prozess

APA/Herbert Neubauer

Die Angeklagte vor Gericht

Verteidiger plädierte auf Freispruch

„Sie hat das Privileg der Jugend“, hatte Wolfgang Blaschitz, der Verteidiger der 16-Jährigen, zuvor im Prozess betont. Es sei zwar zutreffend, dass sich die 16-Jährige zum ihr nach islamischem Recht angetrauten Mann habe begeben wollen. Allerdings „in jugendlichem Leichtsinn“ und „ganz sicherlich nicht“, um dem IS beizutreten. Ersteres sei „nicht strafbar“, plädierte Blaschitz auf Freispruch.

Seiner Mandantin müsse man zugestehen, ungestraft etwas ausprobieren zu dürfen, sagte der Anwalt sinngemäß. Nach der Scharia sei es Frauen verboten, an Kriegshandlungen teilzunehmen, weshalb das Mädchen in Syrien gar keine terroristischen Akte hätte setzen können, gab Blaschitz zu bedenken.

Wollte Ehemann nach Österreich zurückholen

„Wenn man sich liebt, will man auch bei seinem Ehemann sein“, sagte die 16-Jährige vor Gericht. Sie habe sich vorgestellt, ihrem Mann nach Syrien nachzufolgen, sie habe für ihn „kochen und putzen“ wollen. Doch insgesamt zwei Versuche, nach Syrien zu gelangen, scheiterten. Beim zweiten Versuch, nach Syrien zu kommen, habe sie jedenfalls im Sinn gehabt, ihren Mann zurückzubringen: „Meine Absicht war am Schluss, ihn zurückzuholen.“ Einen Tag davor wurde das Mädchen aber festgenommen.

Das Mädchen galt als unauffällig, bis es ins Visier der Staatsschützer geriet. Seine Familie hat keinen Migrationshintergrund. Laut Anklage konvertierte das Mädchen 2014 zum Islam und dürfte sich in kürzester Zeit radikalisiert haben. Doch seine Mutter versteckte den Reisepass, um so die Reise zu verhindern. Die 16-Jährige konnte daher nicht jenen Mann begleiten, den sie nach islamischem Recht geheiratet hatte - der gebürtige Tschetschene soll laut „Presse“ ein IS-Terrorcamp absolviert haben.

Auch Kontakt mit Wiener Lehrling

Zur Sprache kam auch jener 16-jährige Wiener Lehrling, der für den IS gekämpft hat und der vor wenigen Wochen unter abenteuerlichen Umständen nach Österreich zurückgekehrt war - mehr dazu in IS-Heimkehrer bleibt weiter in U-Haft. Die Staatsanwaltschaft bereitet gegen ihn eine Anklage wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Ausbildung für terroristische Zwecke und Aufforderung zu terroristischen Straftaten vor.

Sie habe mit ihm via Internet Kontakt gehalten und sich „Tipps“ über das Leben in Syrien beschafft, räumte die 16-Jährige ein. „Aus Höflichkeit“ sei sie auch auf dessen Bitte eingegangen, ihm bei der Suche nach einer Frau behilflich zu sein. Ernst genommen habe sie das aber nicht: „Ich kenne keine Mädchen, die vor haben, dorthin (zum IS, Anm.) zu gehen. Das ist das Problem.“

IS-Heimkehrer erstmals vor Gericht

Der 16-jährige IS-Heimkehrer, der in U-Haft sitzt und dessen Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, wurde als Zeuge vorgeführt. Prozessbeobachter und Medienvertreter bekamen damit erstmals den jugendlichen IS-Heimkehrer zu Gesicht, der seiner Darstellung zufolge bei der Schlacht um Kobane schwer verletzt wurde. Der 16-Jährige entpuppte sich als äußerlich unauffälliger, betont juvenil wirkender Bursch mit ersten Barthaaren am Kinn, der im Hinblick auf die gegen ihn laufenden Erhebungen von seinem Schweigerecht Gebrauch machte: „Ich möchte nicht aussagen.“

Bester Freund des Ehemanns auch vor Gericht

Neben der 16-Jährigen hatte sich als Mitangeklagter auch der beste Freund ihres angeblich in Syrien umgekommenen Mannes zu verantworten. Der 18-Jährige soll das Mädchen etwa beim Ankauf des Bustickets nach Istanbul unterstützt und mit seinem Freund Kontakt gehalten haben, nachdem dieser Syrien erreicht hatte.

Etliche Chats wurden überwacht und von den Strafverfolgungsbehörden mitprotokolliert. Einen Hinweis, dass der Mitangeklagte dabei terroristische Umtriebe an den Tag gelegt hätte, konnte seine Verteidigerin nicht erkennen: "Dafür kann mein Mandant nichts, dass sein Freund dem IS beigetreten ist. Es ist nicht strafbar, dass er ihm deswegen nicht die Freundschaft gekündigt hat.