Mindestsicherung: Wehsely will Veränderung

Es brauche eine spürbare Weiterentwicklung, die geänderten Bedingungen Rechnung trage. Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) hat den 3. Wiener Sozialbericht präsentiert. Änderungen soll es bei der Mindestsicherung für Unter-25-Jährige geben.

Der Anstieg bei den Beziehern aus Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) zählt für Wehsely zu einer der größten Herausforderungen. Derzeit beziehen 22.500 Wiener unter 25 Jahren Mindestsicherung, die Zahl steigt. Wehsely will sich daher besonders dieser Gruppe annehmen: „Ich möchte, dass Jugendliche und junge Erwachsene einen Lebensunterhalt haben. Der soll aber nicht Mindestsicherung, sondern Beschäftigung sein.“ Derzeit sei eher das Gegenteil der Fall. Jugendliche erhalten zuerst Geld und müssen sich erst dann um eine Arbeit umsehen.

Wehsely will dafür ab Herbst die Beratung beim Arbeitsmarktservice (AMS) und BMS an einem Ort bündeln. Soziale, finanzielle und arbeitsmarktpolitische Betreuung sollen unter einem Dach unter dem Titel „Jugendunterstützung“ angeboten werden. Es soll zudem mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für Jugendliche geben, die nur Pflichtschul- oder gar keinen Abschluss haben. Ziel der Maßnahmen sei es, passive Mittel wie Arbeitslosengeld oder Mindestsicherung in aktive Mittel, also etwa Geld für Beschäftigungsprojekte, umzuwandeln.

Kürzung der Bezüge künftig möglich

Das Prinzip Sach- vor Geldleistung solle im Vordergrund stehen. Kein Jugendlicher soll auf das BMS angewiesen sein. Unter 25-Jährigen soll ein Beschäftigungs- oder Ausbildungsangebot gemacht werden. Bei aktiver Teilnahme sollen sie dann eine entsprechende Entlohnung erhalten. Begrüßt wird dieser Schritt von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ): „Die Richtung, die Wien nun bei der BMS einschlagen will, kann ich unterstützen.“ Beschäftigungs- oder Ausbildungsangebote anstatt reiner Geldleistungen könne für viele Jugendliche der notwendige Impuls sein, um ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Minderjährige, arbeitsfähige BMS-Bezieher, die bisher nicht beim AMS gemeldet sind oder Unterstützungsangebote nicht annehmen, das sind etwa zehn Prozent der 22.5000, müssen künftig mit Sanktionen rechnen. Das könnte etwa eine schrittweise Kürzung der Bezüge bedeuten, so Wehsely.

Mehr Angebote für Asylberechtigte

Eine besondere Gruppe sind junge Asylberechtigte, also Menschen, die erfolgreich in Österreich Asyl beantragt haben. Ihre Zahl steige derzeit deutlich an. Durch die Asylanerkennung erhalten sie Zugang zum Arbeitsmarkt und erwerben Anspruch auf Leistungen aus der BMS. Obwohl viele von ihnen sehr gut qualifiziert seien, gelinge ihnen der Berufseinstieg nicht oder nur schwer. Hier sind laut Wehsely neue Unterstützungsangebote des AMS geplant, in einem ersten Schritt etwa wurden die Mittel für Deutschkurse aufgestockt.

Wehsely erwartet sich hier aber auch Unterstützung von Bundesebene, vor allem von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP).

Ablehnung auch vom Koalitionspartner

„Verschärfte Sanktionsmaßnahmen und Lebensmittelgutscheine statt Geld wird die Situation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen kaum verbessern“, zeigte sich Birgit Hebein, Sozialsprecherin der Wiener Grünen, verwundert. Solche Maßnahmen würden keine Jobs und keine Perspektiven schaffen. Der Vorschlag sei bereits im Vorjahr in der Rot-Grünen Koalition diskutiert worden. Die Grünen hätten damals bereits klargestellt, dass es „mit uns keine Verschlechterungen auf Kosten von Jugendlichen geben wird“.

An den wirklichen Problemen werde auch der Sozialbericht nichts ändern, kritisierte Wiens FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus. Allein die Tatsache, dass gut 100.000 Kinder und Jugendliche in Wien von Armut betroffen seien, die Jugendarbeitslosigkeit viel zu hoch sei und auf vier Suchende gerade eine offene Lehrstelle komme, mache das Versagen der Rot-Grünen Stadtregierung im Sozialbereich deutlich.

Der Sozialbericht mache deutlich, dass Jugendliche ohne oder nur mit PFlichtschulabschluss kaum Chancen auf einen Arbeitsplatz haben und daher notgedrungen in der Mindestsicherung verharren, so Ingrid Korosec, Sozialsprecherin der Wiener ÖVP. Die jetzt präsentierten Maßnahmen kämen um Jahre zu spät, zudem beträfen sie Selbstverständlichkeiten wie die schrittweise Kürzung der Geldleistung, wenn Jugendliche arbeitsmarktfördernde Maßnahmen verweigern.

Der Wiener Sozialbericht

Der Wiener Sozialbericht bietet einen umfassenden Überblick über die sozialen Leistungen der Stadt und ist eine wichtige Grundlage für die Steuerung und Weiterentwicklung des sozialen Leistungsangebotes. Rund 13 Prozent der Wiener Bevölkerung nehmen eine soziale Leistung aus der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales in Anspruch, dazu zählen etwa Leistungen aus der Bedarfsorientieren Mindestsicherung, der Behindertenhilfe oder Pflege und Betreuung.

Für die sozialen Leistungen stellt die Stadt Wien insgesamt pro Jahr 2,9 Mrd. Euro bereit, was rund einem Viertel des Gesamtbudgets der Stadt entspricht. Rund 1,4 Mrd. Euro entfallen auf die Leistungen der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales.