Die Ausgangslage vor der Wien-Wahl

Am Sonntag wählt Wien einen neuen Gemeinderat. Der Wahlkampf war geprägt vom Duell SPÖ vs. FPÖ und vom Flüchtlingsthema. Andere Themen blieben dabei auf der Strecke. Wer auf den ersten Platz kommt, bleibt offen.

Die Umfragen prognostizieren ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der SPÖ und der FPÖ mit besseren Werten für die Bürgermeisterpartei. Welche Partei konnte in der letzten Woche am besten mobilisieren? Diese Frage wird wohl die Wahl entscheiden. Durch die Fokussierung auf dieses Duell und die emotionale Asyldebatte wird mit einem weiteren Anstieg der Wahlbeteiligung gerechnet.

2005 lag sie bei 60,81 Prozent, 2010 ist sie auf 67,63 Prozent gestiegen. Dieses Mal dürften mehr als 70 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgeben, erwarten Experten - mehr dazu in Asyldebatte mobilisiert Wähler. Die FPÖ wird auf jeden Fall dazugewinnen, die SPÖ massiv verlieren, wenn man nach den letzten Umfragen geht. Die ÖVP droht laut den Umfragen unter zehn Prozent zu fallen, die Grünen könnten leicht zulegen. NEOS sollte nach den letzten Umfragen den Einzug in den Gemeinderat schaffen.

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Die Ergebnisse der Wien-Wahl 2010

Bei der Wahl 2010 musste die SPÖ bereits Einbußen von 4,75 Prozentpunkten verschmerzen. Sie kam auf 44,34 Prozent. Die FPÖ legte um 10,94 Prozentpunkte zu. Mit 25,77 Prozent wurde sie klar zweitstärkste Kraft. Der ÖVP (13,99 Prozent) und den Grünen (12,64 Prozent) blieb ein Minus (4,78 bzw. 1,99 Prozentpunkte) hingegen nicht erspart. Diese Parteien treten auch dieses Mal wieder landesweit an. Zudem gehen auch das linke Parteienbündnis Wien Anders, die vom Team Stronach unterstützte Liste WWW (Wir wollen Wahlfreiheit) und die Liste GFW (Gemeinsam für Wien) landesweit ins Rennen gehen - genauso wie NEOS.

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Frage nach möglichen Koalitionsvarianten

Spannend bleibt die Frage nach möglichen Koalitionsvarianten. Sollte die FPÖ den ersten Platz schaffen, bleibt eine Koalition mit der ÖVP die einzige denkbare Variante. Alle anderen Parteien schlossen eine Zusammenarbeit mit der FPÖ aus. Eine Mehrheit für Blau-Schwarz ist den Umfragen nach auszuschließen.

Die SPÖ hofft wohl darauf, dass sich Zweiervarianten mit den Grünen oder mit der ÖVP ausgehen, um die Wahl zu haben. Es ist aber auch möglich, dass die einzige Zweiervariante, die rechnerisch übrig bleibt, Rot-Blau ist. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) will aber mit der FPÖ nicht zusammenarbeiten.

Sollten nur Dreierkoalitionen möglich sein, kommen Rot-Schwarz-Pink oder Rot-Grün-Pink in Frage. Die einzige, die sich vor der Wahl dezidiert auf eine Koalition festlegte, war die grüne Spitzenkandidatin Maria Vassilakou, die Rot-Grün fortsetzen will. NEOS könnte entscheidend für mögliche Koalitionsbildungen sein. Und zwar auch dann, wenn es NEOS nicht in den Gemeinderat schafft - mehr dazu in NEOS-Einzug als Zünglein an der Waage.

Rücktritte bei Stimmenverlust?

Auch personell könnte die Wahl Veränderungen bringen. Fix ist, dass Strache nur als Bürgermeister in der Wiener Landespolitik bleibt. Dazu muss die FPÖ stärkste Partei werden und in der Stadtregierung sein. Sollte das nicht möglich sein, wird er wieder in die Bundespolitik zurückkehren. Wenn die FPÖ als zweitstärkste Partei mehr als ein Drittel der Mandate erreicht, darf sie einen Vizebürgermeister stellen. Dafür vorgesehen wäre Klubobmann Johann Gudenus.

Häupl dürfte nur bei ganz schweren Verlusten zurücktreten. Die erwartbare Variante ist, dass er wieder Bürgermeister wird und dann im Lauf der Legislaturperiode an einen Nachfolger übergibt. Der Spitzenkandidat der ÖVP, Manfred Juraczka, wird bei Verlusten und einem Abrutschen unter die Zehn-Prozent-Marke in der Partei unter Druck geraten. Vassilakou sagte, dass sie bei Verlusten konsequent bleiben und zurücktreten werde. Auch das ist laut den Umfragen möglich. Bei starken Verlusten für SPÖ und ÖVP sind auch bundespolitische Konsequenzen nicht ausgeschlossen.

„Duell“ stand im Mittelpunkt des Wahlkampfs

Der Wahlkampf blieb fast monothematisch. Im vor allem in Boulevardmedien angeheizten „Duell um Wien“ ging es in erster Linie um den Umgang mit Flüchtlingen. „Das Rennen hat beiden geholfen, weil sie noch mobilisieren konnten. Schwierig war es für die anderen Parteien“, sagte der Politologe Peter Filzmaier.

Elefantenrunde

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Das Duell dominierte auch in der einzigen TV-Konfrontation aller Spitzenkandidaten - mehr dazu in Duell Häupl - Strache im Mittelpunkt. Die „Elefantenrunde“ dürfte aber nicht mehr entscheidend für das Wahlverhalten gewesen sein, sagte Filzmaier. „Sie war zu knapp vor dem Wahltag, um womöglich noch das Wahlverhalten beeinflussen zu können. Üblicherweise planen Parteien so, dass sie letzte Akzente zehn bis 14 Tage vor dem Wahltag öffentlich aussprechen. Es muss darüber diskutiert werden und jemand sein Wahlverhalten ändern. Das geht nicht in wenigen Tagen, deswegen war die ‚Elefantenrunde‘ de facto ein Wiederholungswettbewerb von Themen, die wir schon vier Wochen vorher gehört haben.“

Flüchtlingsthema überlagerte andere Inhalte

Im Gegensatz zu anderen Bundesländern versuchte Häupl nicht, sich beim Ausländerthema inhaltlich an die FPÖ anzunähern. Im Gegenteil, die SPÖ positionierte sich als Stimme der „Helfer und der Menschlichkeit“ und als Antithese zu den „Hetzern“ auf der anderen Seite. Vor allem, als immer mehr Flüchtlinge auf den Wiener Bahnhöfen von der Zivilbevölkerung versorgt wurden, schien die Stimmung in Richtung der Helfer auszuschlagen. Eine spannende Frage des Wahlabends wird sein, welche Seite sich letztlich durchsetzt und den ersten Platz holt.

Die anderen Parteien hatten es schwer, beim Hauptthema des Wahlkampfs inhaltlich auf sich aufmerksam zu machen. Die Grünen versuchten, das Thema Flüchtlinge positiv zu besetzen und auch in den Bahnhöfen mitanzupacken. Die ÖVP positionierte sich als Alternative mit „Anstand und Vernunft“. NEOS schaffte im Flüchtlingsthema keine durchdringende Positionierung. Andere Themen wie Preise fürs Wohnen, Verkehrspolitik und Arbeitsmarkt blieben zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung unterrepräsentiert. Die Standpunkte der Parteien zu diesen Themen finden Sie hier. „Eigenständige Themen konnten nicht platziert werden. Das beste Beispiel ist der Verkehr. Die Mariahilfer Straße und das Parkpickerl waren bis vor Kurzem noch Aufreger, jetzt wurde das nicht einmal mehr groß diskutiert“, so Filzmaier.

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Höhere Wahlbeteiligung prognostiziert

Meinungsforscher erwarten eine höhere Wahlbeteiligung als 2010. Die Flüchtlingsfrage, sowie das „Duell um Wien“ mobilisiert.

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