Parteien umwerben Unentschlossene

Die Wiener Parteien haben ihre Wahlkämpfe offiziell beendet und sich zuversichtlich gezeigt. Die Parteien nutzen aber auch den Samstag, um zu mobilisieren und Unentschlossene für sich zu gewinnen.

Die SPÖ hat am Freitagabend in einem Zelt neben dem Burgtheater das Wahlkampffinale gefeiert. Gekommen waren neben Hunderten Funktionären auch Bundeskanzler Werner Faymann, Mitglieder der Bundesregierung und Prominente wie der Physiker Werner Gruber.

SPÖ: „Wien nicht Zerstörern überlassen“

So viel Spaß hat mir ein Wahlkampf noch nie gemacht", sagte Häupl. Die Genossen wollten dann auch Einigkeit in der Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der FPÖ demonstrieren. „Die Wiener Sozialdemokraten wollen keine Koalition mit der FPÖ“, sagte Häupl. Das sei inhaltlich begründet. „Da geht es um Inhalte, Charakter und Anstand, nicht um Ausgrenzung, das ist etwas, dass der Herr Strache nicht versteht“, so der Spitzenkandidat. Häupl bedankte sich bei seiner Partei für das Engagement im Wahlkampf und appellierte, noch bis zum Schluss zu laufen. „Wien ist so eine wunderbare Stadt, die man nicht Zerstörern überlassen soll", so Häupl - mehr dazu in SPÖ-Finale: „Wien nicht Zerstörern überlassen“.

Häupl

ORF.at/Roland Winkler

SPÖ-Finale im Zelt

Optimismus bei NEOS

„Laut und bunt und auf der Straße“ hat NEOS sein Wahlkampfende zelebriert. Als Location hat man den Schwedenplatz erkoren, wo der Schlussstein in Pink gelegt wurde. „Ich glaube, es wird ein sehr guter Sonntag sein“, betonte Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger in ihrer rund 15-minütigen Rede.

NEOS-Wahlkampfabschluss

ORF.at/Roland Winkler

NEOS-Wahlkampf-Abschluss

„Wir haben einen Bürgermeister, der seit 27 Jahren in der Stadtregierung und seit 21 Jahren im Amt ist. Der ist aus einer anderen Zeit“, griff sie Bürgermeister Häupl an. Die „alten Parteien, die nichts mehr zusammenbringen“, würden die Menschen zur FPÖ treiben. Sie verstehe die Menschen, die „aus Wut heraus“ die FPÖ wählen. „Wenn wir im Gemeinderat sind, wird es keinen Bürgermeister Strache geben“, versprach sie aber. Auch Bundesparteichef Matthias Strolz zeigte sich zuversichtlich: „In 50 Stunden wird der pinke Balken hochfahren“, rief er vor den jubelnden Anhängern - mehr dazu in NEOS mit Volldampf ins Finale.

Grüne wollen Häupl „Feuer unterm Hintern machen“

Die Grünen machten sich am Freitag auf den Weg in ein ehemaliges Studentenheim: Bundessprecherin Eva Glawischnig und Spitzenkandidatin Maria Vassilakou checkten am Vormittag samt Entourage im 25hours-Hotel ein.

Wahlkampfabschluss der Wiener Grünen am 9. Oktober 2015 in Wien

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Wahlkampfabschluss der Grünen

„Es geht um die Fortsetzung eines Projektes, das diese Stadt belebt hat, das dieser Stadt Zukunftsantrieb gegeben hat. Wir wollen, dass Rot-Grün in Wien fortgesetzt wird“, sagte Glawischnig. Für eine weitere Koalition mit der SPÖ wünscht sich Spitzenkandidatin Vassilakou: „Starke Grüne, die die Möglichkeit haben - und jetzt sage ich es einmal gerade heraus -, dieser SPÖ und diesem Bürgermeister Feuer unter dem Hintern zu machen.“ - mehr dazu in Grüne feiern Abschluss über Wien.

FPÖ mit Stenzel und Strache

Bereits am Donnerstagnachmittag fand in der Innenstadt die Abschlusskundgebung der FPÖ statt. Auf dem Stephansplatz kam neben Parteichef Heinz-Christian Strache auch die Bezirksvorsteherin der Innenstadt, Ursula Stenzel, zu Wort. Sie kehrte erst kürzlich der ÖVP den Rücken und heizte am Donnerstag die Stimmung für Strache an:

Strache und Stenzel

ORF.at/Christian Öser

„Es ist höchste Zeit, für einen Klimawechsel in Wien zu sorgen. Das rot-grüne Tief gehört hinweggefegt“, sagte Stenzel. „Sie ist unsere Maggie Thatcher“, sagte Strache zu Beginn seiner Rede und überreichte der „blauen Lady“ nicht nur verbal Blumen. Strache schwor seine Fans dann auf den Wahlsonntag ein. „Das blaue Wunder“ sei möglich, dafür zähle aber jede Stimme, so Strache. „Wir müssen aus eigener Kraft dank der Bürger die undemokratische Ausgrenzung überwinden“, forderte Strache seine Fans auf, am Sonntag wählen zu gehen - mehr dazu in FPÖ feiert Abschluss auf Stephansplatz.

ÖVP rief zum „Endspurt für Kurswechsel“

Als erste Partei hatte am Donnerstagvormittag die Wiener ÖVP ihren Wahlkampf offiziell beendet. Spitzenkandidat Manfred Juraczka warb in den Arkaden der Wiener ÖVP neben dem Rathausplatz unter dem Motto „Endspurt zum Kurswechsel“ noch einmal um Wähler.

Der Wiener ÖVP-Chef Manfred Juraczka und Familienministerin Sophie Karmasin während der Abschlusskundgebung der Wiener ÖVP  am Donnerstag, 08. Oktober 2015, in Wien

APA/Pfarrhofer

ÖVP-Wahlkampf-Abschluss

Dabei sparte er nicht mit Kritik an der SPÖ, Bürgermeister Häupl werde seine Abreibung für fünf Jahre Rot-Grün bekommen, an der FPÖ - „Und ja, der Herr Strache wird von diffusen Ängsten der Menschen in dieser Stadt profitieren“ - sowie an den Medien: „Wir haben miterlebt, was es heißt, in einer Stadt zu leben, wo eine linke Medienmaschinerie kaum ein gutes Haar an bürgerlichen Werten lässt“ - mehr dazu in ÖVP: Wahlkampfabschluss in 15 Minuten.

„Viel Zuspruch“ für Wien Anders

Man habe „viel Zuspruch“ erhalten, sei optimistisch, was den Einzug von Wien Anders in den Wiener Gemeinderat betreffe. Spitzenkandidatin Juliana Okropiridse machte gemeinsam mit einigen Unterstützern am Freitag auf dem Rathausplatz unter dem Motto „Was in Wien zum Himmel stinkt“ nochmals auf Missstände aufmerksam.

Wien anders Wahlkampfabschluss

ORF

Das Wien-Anders-Finale

Aufgehäufte, nicht mehr ganz frische Windeln sollten unter anderem „die Intransparenz und Freunderlwirtschaft, das mangelnde Engagement von SPÖ und Grünen in sozialpolitischen Fragen, die Zweiklassenmedizin, die in Wien längst Realität ist, das undemokratische Wiener Wahlrecht, die hohen Tarife im öffentlichen Verkehr und die Privatisierung des öffentlichen Raums“ symbolisieren.

Auch Gemeinsam für Wien beendete Wahlkampf

Der Abschluss der Liste des türkischstämmigen Arztes Turgay Taskiran, Gemeinsam für Wien, fand erst am Samstagnachmittag bei einem Fest auf dem Keplerplatz in Favoriten statt. Die Liste fordert unter anderem ein Wahlrecht für alle Wienerinnen und Wiener und Gratis-„Öffis“. Der Spitzenkandidat machte sich auch beim Wahlkampf-Finish große Hoffnungen, in den Gemeinderat einziehen zu können.

Wahlkampfabschluss der Liste Gemeinsam für Wien

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Abschluss von Gemeinsam für Wien

Viele entscheiden sich erst

Auch wenn die offiziellen Abschlüsse absolviert sind, laufen die Parteien bis zum Sonntag weiter. Am Samstag fanden in der ganzen Stadt Verteilaktionen statt. Die SPÖ veranstaltete auch noch eine Kundgebung auf dem Viktor-Adler-Markt in Favoriten, Vertreter aller Parteien waren am Nachmittag in der Lugner City zu Gast und wurden dort vom Hausherrn Richard Lugner interviewt. NEOS und Grüne sind die letzten 72 Stunden wach.

Der Politologe Peter Filzmaier erwartet eine sechsstellige Zahl von Wahlberechtigten, die sich erst in den letzten Tagen entscheiden. „Bei der letzten Wiener Landtagswahl waren elf Prozent der Wähler drei Tage vor dem Wahltag noch unschlüssig. Manche davon haben sich überhaupt erst im Wahllokal entschieden", sagt Filzmaier. Dazu kommt, dass Hunderttausende Wechselwähler zu erwarten sind und es bei der letzten Wien-Wahl 2010 400.000 Nichtwähler bzw. ungültige Stimmen gab. Auch hier gibt es für die Parteien noch etwas zu holen. „Aktionismus oder jede Form von einer letzten Mobilisierung macht daher Sinn, sogar noch am Wahltag in der Früh“, erklärt Filzmaier.

Im Hinblick auf das „Duell“ SPÖ gegen FPÖ seien gerade für diese Parteien die letzten Tage vor der Wahl entscheidend, ergänzt der Politikberater Thomas Hofer. Die SPÖ müsse versuchen, im Nichtwählerlager noch zu mobilisieren. Die Wählerschaft der FPÖ sei zwar schon mobilisiert, aber auch hier könne man in Richtung Nichtwählerschaft und Systemverdrossene den einen oder anderen Punkt setzen, glaubt Hofer.

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