„Augustin“-Jubiläum: Auflage steigt wieder

Seit 20 Jahren prägt die Straßenzeitung „Augustin“ samt Kolporteuren das Stadtbild. Nach schwierigen Jahren steigt die Auflage - „eventuell wegen der Flüchtlingssituation“ - wieder. In der Donaustadt wird am Freitag Geburtstag gefeiert.

„20 Jahre und kein bisschen harmonisch“, steht auf der „Augustin“-Ausgabe 398. „Wir sind ein Projekt, das Dinge ausprobiert und auch auf Ecken und Kanten stößt“, erklärt Sozialarbeiterin Evi Rohrmoser eine Auslegung der Schlagzeile gegenüber wien.ORF.at. Von einer Erfolgsgeschichte wollen die Blattmacher nicht sprechen, denn die Auflage lag schon einmal bei 60.000 Stück. Inzwischen kämpft man sich wieder von 23.000 auf 24.000 Stück hinauf.

Augustin Ausgabe 398

ORF

„Augustin“-Ausgabe 398

Liebhaber gleichen Defizit aus

„Der steigende Absatz hängt eventuell mit der Flüchtlingssituation zusammen, denn diese macht die Leute offener. Sie nehmen jetzt eher wahr, wo Not ist. Und in Wien gibt es viele, die an der Armutsgrenze leben“, so Rohrmoser - mehr dazu in 20 Jahre „Augustin“: Feiern trotz Problemen (wien.ORF.at; 24.1.2015).

Das Ziel ist weiterhin, die Auflage auf zumindest 30.000 zu steigern. Rohrmoser: „Das würde uns die Möglichkeit geben, unsere Themen besser in die Öffentlichkeit zu tragen. Diese sind ein kritischer Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen und Handlungsoptionen, wie man die Welt ein bisschen besser machen kann.“ Außerdem würde der „Augustin“ dann wieder auf finanziell eigenen Beinen stehen. Denn eine Subvention verweigern die Blattmacher seit 20 Jahren, um von Verwaltung, Parteien und Kirche unabhängig zu sein. Das Defizit gleichen 333 „Liebhaber_innen“ aus, die jeweils 25 Euro pro Monat bezahlen.

Stimmgewitter

Mario Lang

Der Chor Stimmgewitter Augustin tritt beim Geburtstagsfest auf

Aufnahmestopp weiterhin aufrecht

Bei den Verkäufern handelt es sich um „aus diversen Gründen unter der Armutsgrenze lebende Menschen aus rund 20 Ländern der Erde, darunter Flüchtlinge ohne Aufenthaltsrecht.“ Im Winter 2014 waren es noch rund 500 Verkäufer.

Inzwischen sind es nur noch 450. Sie bekommen 1,25 Euro für jede verkaufte Zeitung. Den Rückgang der Verkäuferzahl erklärt Rohrmoser damit, dass „einige Ältere leider gestorben sind. Außerdem fiel vermutlich bei ein paar Kolporteuren der Asylbescheid negativ aus, und sie wurden abgeschoben“. Neue Verkäufer wurden bisher nicht aufgenommen - mehr dazu in „Augustin“: „Aufnahmestopp bei Verkäufern“ (wien.ORF.at; 12.12.2013).

„Unser Ziel wäre, wieder neue Verkäufer aufzunehmen und den Aufnahmestopp aufzuheben. Aber wir wissen noch nicht, wie wir das machen. Denn wir haben mindestens 200 Personen, die sofort bei uns anfangen möchten. Wir können aber nur 50 Plätze vergeben. Das ist emotional eine schwierige Sache.“

Augustin Verkäufer

Mario Lang

450 Personen verkaufen derzeit den „Augustin“ in Wien

„Der liebe Augustin“ als Namensgeber

Die Straßenzeitung „Augustin“ wurde im Jahr 1995 von angehenden Sozialarbeitern gegründet. Zu den Pionieren zählten auch die Uhudler-Journalisten Robert Sommer und Max Wachter. Seither hilft die Zeitung Menschen, die vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind.

Veranstaltungshinweis:

„20 Jahre Augustin“ Geburtstagsfest, 16. Oktober, Straßenmusik ab 18.00, Einlass ab 19.00 Uhr, VHS Donaustadt, Bernoullistraße 1, Eingang Schrödingerplatz, Eintritt frei

Der Name der Zeitung bezieht sich auf den historischen Wiener Volkssänger Marx Augustin („Der liebe Augustin“). Neben der Zeitung gehören auch Radio Augustin und TV Augustin zur medialen Präsenz des Projekts. Weitere Initiativen wie die Schreibwerkstatt, der Chor Stimmgewitter Augustin, die Schauspielgruppe 11% K.Theater und der Fußballklub Schwarz-Weiß Augustin bilden das Gesamtkunstwerk Augustin - sie sollen die Beteiligten auch aus der gesellschaftlichen Isolation heben und gegebenenfalls Minderwertigkeitsgefühle auflösen.

Wer das Projekt Augustin unterstützen möchte, hat mehrere Möglichkeiten: Neben der Zeitung kann ab Freitag, dem 13. November, wieder ein „Augustin“-Kalender erworben werden. Rohrmoser: „Dafür zogen die Verkäufer mit Einwegkameras durch die Stadt und schossen Fotos.“ Auch vom Chor Stimmgewitter Augustin gibt es neue Musik. Das jüngste Projekt heißt „Lieder von Liebe und Hass“. „Da wird in einer Auflage von 500 Stück jedes Jahr eine Singleschallplatte produziert. In fünf Jahren soll es eine Sammelbox bzw. eine neue CD geben“, so Rohrmoser.

Otto Lechner

Mario Lang

Otto Lechner wird die „Augustin-Suite“ mit 13 Akkordeonspielern uraufführen

„Augustin“-Nullnummer wird versteigert

Unterstützen kann man das Projekt auch beim Geburtstagsfest in der VHS Donaustadt. Dort werden DJs und Straßenmusiker für Stimmung sorgen. Auch Stimmgewitter Augustin wird gemeinsam mit dem Wiener Trio Monomania auftreten. Zu hören sein werden neue Revolutionslieder. Surrealistische und absurde Clownkunst für Erwachsene wird das Duo Dada Zirkus bieten.

Als Höhepunkt wird die „Augustin-Suite“ von Otto Lechner und dem ziehharmonischen Orchester zur Uraufführung gebracht. Dargeboten werden sieben Miniaturen, die an jeweils „typische Augustin-Themen angelehnt“ sind. Außerdem wird die „Augustin“-Nullnummer versteigert. Zur Stärkung werden multikulturelle Speisen angeboten, aber auch händisch produzierte Augustin-Lebkuchenherzen.

Links: