Häupl vor Parteitag: „Tiefe Gräben sind Unsinn“

Vor dem SPÖ-Landesparteitag am Samstag in der Messe Wien will Bürgermeister Michael Häupl nichts von einem Zerwürfnis innerhalb der Partei wissen. „Tiefe Gräben sind wirklich ein Unsinn“, sagte er im „Wien heute“-Interview.

Parteiinternen Diskussionen sind keine Streitereien, meint SPÖ-Parteichef Häupl im Interview mit ORF-Wien-Chefredakteur Paul Tesarek: "Am Ende des Tages ist im Parteivorstand ein einstimmig beschlossener Leitantrag für diesen Parteitag herausgekommen. (...) Tiefe Gräben sind wirklich ein Unsinn.“

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SPÖ vor Zerreißprobe

Die Wiener SPÖ könnte bei ihrem Landesparteitag vor einer Zerreißprobe stehen. Das Asylthema hat einen Richtungsstreit in der Partei ausgelöst.

„Haben Wesentliches wegverhandelt“

Noch am Donnerstag demonstrierten Vertreter von Jugend- und Vorfeldorganisationen der SPÖ vor dem Parlament gegen die Verschärfung des Asylrechts und gegen die Linie der Mutterpartei.

„Das ist eine heftige Kritik an dem ursprünglichen Entwurf des Innenministeriums, den ich ja so wie er vorgelegt wurde, auch nicht geteilt habe. Deswegen ist er auch jetzt anders. Sozialdemokraten haben Wesentliches wegverhandelt. Jetzt gibt es sogar eine Begutachtungsfrist, was ursprünglich nicht vorgesehen war und vom Bundesregierungspartner nicht gewollt wurde“, so Häupl.

Michael Häupl (SPÖ)

ORF

Österreich müsse sich auf den Notstand vorbereiten können, meint Häupl

Auf Notstand vorbereiten

Häupl stehe zur auf Bundesebene geplanten Novelle zur Verschärfung des Asylrechts. Es sei in Ordnung, sich auf einen Notstand vorzubereiten, auch wenn es einen solchen momentan nicht gibt - mehr dazu in Häupl steht hinter aktuellem Asylentwurf.

„Ich stehe hinter dem Plan, dass man sich darauf vorbereitet, wenn 100.000, 200.000, 300.000 Flüchtlinge tatsächlich wieder nach Mitteleuropa kommen. Das heißt, das gesamte Außensicherungssystem der Europäischen Union ist zusammengebrochen, das Grenzsicherungssystem ist zusammengebrochen, der Vertrag zwischen der Union und der Türkei ist zusammengebrochen, es funktioniert die Solidarität in Europa in Hinblick auf die Aufteilung so schlecht wie jetzt – wenn diese Situation, dieser ‚Worst Case‘, eintritt, dann sage ich: Jawohl, auf das muss man sich vorbereiten.“

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Michael Häupl im Interview

Der SPÖ-Chef warnt vor einer harten Sprache im Asylthema: „Wir sollten heute nicht so tun, als ob der Notstand schon eingetreten wäre.“

„Solidarität innerhalb Europas ist erbärmlich“

In dieser Position sollen die meisten innerhalb der SPÖ einer Meinung sein, so Häupl. „Jeder einzelne wahrscheinlich nicht, nein." Es gibt etwa Anträge von SPÖ-Organisationen, die sich gegenüber jeder Verschärfung des Asylrechts aussprechen. „Ich verstehe die Haltung ja, wenn wir in der besten aller Welten leben würden. Das tun wir nicht. Die Solidarität innerhalb Europas ist leider erbärmlich, weil drei Länder im Wesentlichen auch bisher schon diese Flüchtlingsflut getragen haben.“

Häupl kritisiert auch die „höchst ungerechte“ Aufteilung der grundversorgten Asylwerber in Österreich. Wien erfülle die Quote mit 117 Prozent. "Wenn jedes Bundesland hundert Prozent seiner vertraglich übernommenen Aufgabe erfüllen würde, dann gäbe es keine einzige Unterbringung in Wien, die über 500 Flüchtlinge hätte. Also diese so genannten Großquartiere könnten wir uns alle ersparen“ - mehr dazu in Asyl-Demos: Zwei Festnahmen.

Häupl mahnt jedoch, gerade in der Asylthematik bei der Sprache sorgfältig umzugehen. "Wir sollten heute nicht so tun, als ob der Notstand schon eingetreten wäre, als ob neue Hunnenhorden vor unseren Grenzen stehen, die es abzuwehren gilt, und ähnlichen Unsinn. Diese Sprache dient den Freiheitlichen. Denn ängstliche Pessimisten wählen eher die Freiheitlichen, positiv gestimmte Menschen eher uns.“

Häupl über Troch: „So ist er halt“

Der Simmeringer SPÖ-Chef Harald Troch schlug angesichts der parteiinternen Auseinandersetzungen eine wienweite Mitgliederbefragung vor, um eine gemeinsame Linie zu finden. Denn es seien zwar alle für eine Reduktion der Asylanträge, aber bei der Vorgehensweise gebe es verschiedene Meinungen.

Dazu Häupl: „Mir wäre es lieber gewesen, er hätte das im Parteivorstand vorgeschlagen und mir nicht über die Medien mitgeteilt. Aber so ist er halt.“ Eine gemeinsame Linie gäbe es in der SPÖ laut Häupl zumindest bei der aktuellen Diskussion über die Grenzsicherung: "Wir haben zurzeit keine Veranlassung schwerwiegende Eingriffe etwa am Brenner vorzunehmen oder auch in Spielberg. Ich glaube, das ist extrem mehrheitsfähig.“

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