Stadt gegen Häuserverfall machtlos

Wenn Eigentümer ihre Häuser abreißen wollen, es aber nicht dürfen, dann lässt sie manch einer einfach verfallen. Baupolizei und Stadt Wien fehlen derzeit die Ressourcen und die rechtlichen Mittel, dagegen vorzugehen.

„Derzeit können schützenswerte Häuser systematisch verfallen gelassen werden“, sagt Katharina Mayr, Sprecherin der Bezirksvorstehung Josefstadt, zumindest wenn sie leerstehen. Laut Mayr gibt es in Wien mehrere Fälle, bei denen Häuser dem Verfall preisgegeben werden und die Stadt Wien nicht einschreiten kann.

Petition gestartet

Der Bezirk unterstützt daher eine Petition, in der gefordert wird, dass die Stadt rechtliche Möglichkeiten schaffen kann, um schützenswerte Gebäude und damit das Stadtbild erhalten zu können. „Wir erwarten uns, dass es für ein Haus, das in der Schutzzone liegt, also einem Viertel, das von der Stadt Wien als erhaltenswert erachtet wird, die rechtlichen Möglichkeit gibt, den Eigentümer dazu zu bringen, dass er es saniert“, so Mayr.

Strozzigasse 39 Verfall alte Häuser

ORF/Rieger

Zum Ärger der Nachbarn verfällt das Haus in der Strozzigasse 39 zusehends

Anlass der Petition ist ein Haus in der Strozzigasse 39. Der Eigentümer des Hauses hatte vor drei Jahren ein Abbruchansuchen gestellt. Die Baupolizei (MA 37) und Magistratsabteilung für Architektur und Stadtgestaltung (MA 19) hielten in einem Gutachten jedoch fest, dass die wirtschaftliche Abbruchreife nicht gegeben war. Der Altstadterhaltungsfonds genehmigte im Oktober 2014 für die Liegenschaft eine Förderung. Laut Pressesprecherin Renate Rapf handelte es sich um 69.000 Euro.

Mehr rechtliche Möglichkeiten gefordert

Der Betrag vom Fonds liegt ein Jahr lang bereit, kann aber nur abgeholt werden, wenn tatsächlich saniert wird. Im Fall von der Strozzigasse 39 wurde der Betrag nie geholt. Wolfgang Jell-Paradeiser, der nunmehr im Nebengebäude wohnt, aber im Haus in der Strozzigasse 39 aufgewachsen ist, wollte dem Verfall nicht weiter zusehen und startete daraufhin die Petition für die Renovierung des Hauses - mit Unterstützung des Bezirks. Bisher wurden 500 Unterschriften gesammelt.

In der Petition geht es aber nicht alleine um das Haus in der Strozzigasse 39, die Stadt Wien soll generell mehr Handhabe gegen systematischen Verfall bekommen. Vor einem Jahr gab es laut Baupolizei 23 Ansuchen um Abbruchbewilligungen. Davon wurden 14 bewilligt.

Kein Zwang zu Sanierung möglich

„Ein Abbruch ist laut Verwaltungsgerichtshof nur zulässig, wenn Abbruch und Neubau billiger sind als eine Sanierung“, sagt Christian Kaufmann, Pressesprecher von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ). „Wenn keine Abbruchreife erteilt wird und finanzielle Mittel zugeschossen werden, dann ist eine wirtschaftliche Abbruchreife nicht gegeben“, sagt Gerhard Cech von der Baupolizei.

Grundsätzlich besteht in Schutzzonen eine Erhaltungspflicht der Hauseigentümer. Zum Sanieren gezwungen werden können Eigentümer allerdings nicht. Lediglich der Zustand muss bewahrt werden, und die Sicherheit der Mieter und Verkehrsteilnehmer muss gegeben sein. Wie viele ihre Häuser trotzdem verfallen lassen, kann laut Kaufmann nicht gesagt werden.

„Stadt ist auf Hilfe der Bevölkerung angewiesen“

Der Eigentümer auf der anderen Seite kann Einspruch gegen die Baupolizei erheben und „das durch alle Instanzen bis zum Verwaltungsgerichtshof durch judizieren", so Kaufmann. „Es gibt dann oft Fälle, wo wir einen spekulativen Hintergrund vermuten und die Eigentümer ihre Mieter mit teilweise seltsamen Methoden loswerden wollen. Da gibt es von Seiten der Stadt Wien aber Hilfe für die Mieter.“

„Wenn die Baupolizei feststellt, dass der Hauseigentümer der Erhaltungspflicht nicht nachkommt, kann sie Bauaufträge erteilen. Wenn diese nicht gemacht werden, dann kann die Stadt Sicherungsmaßnahmen vollziehen, wenn Gefahr in Verzug ist, und treibt die Kosten dafür dann beim Hauseigentümer ein“, so Kaufmann. „Die Stadt Wien ist aber auf die Hilfe der Bevölkerung angewiesen, weil die Baupolizei nicht die Kapazität hat, ihre Augen überall zu haben.“

Laut Mayr handelt es sich bei der Erteilung der Bauaufträge aber nur um kleine Maßnahmen, wenn Gefahr in Verzug ist: „Der Eigentümer kann das Haus kontinuierlich verfallen lassen und muss nur Kleinigkeiten ausbessern, wenn Gefahr in Verzug ist, etwa wenn ein Fensterbrett locker ist und Fußgänger gefährdet wären. In der Strozzigasse 39 etwa gibt es seit Jahren keine Mieter mehr. Der Eigentümer kann das Haus so lange verfallen lassen, bis es abgerissen werden kann, weil eine Sanierung nicht mehr wirtschaftlich wäre. Das soll geändert werden.“

Lisa Rieger, wien.ORF.at

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