Kinder über Gleise gelotst: Lehrerinnen entlassen

Der Stadtschulrat entlässt jene drei Lehrerinnen, die mehr als 80 Wiener Kinder bei geschlossenem Schranken über einen Bahnübergang gelotst haben sollen. Eine weitere Lehrerin muss sich einem Disziplinarverfahren stellen.

Den Erhebungen zufolge waren am Dienstag, den 28. Juni, 83 Kinder der ersten bis vierten Schulstufe (je eine Klasse) einer Wiener Volksschule auf dem Bahnhof in Leobendorf bei geschlossenen Schranken über die Gleise gelotst worden, um einen Zug zu erreichen. Laut Zeugenaussagen passierte nur wenige Sekunden später ein Regionalzug den Bahnhof, ohne anzuhalten - mehr dazu in Schüler über Gleise gelotst.

Nun wird wegen des Verdachts der fahrlässigen Gemeingefährdung ermittelt. Der Stadtschulrat fällte seine Entscheidung aber bereits: Nach Vorladung der vier Lehrerinnen wurde in drei Fällen die Entlassung aufgrund „schwerwiegender Dienstpflichtverletzungen“ angekündigt, in einem Fall wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Die Lehrerinnen hatten sich freiwillig gemeldet - mehr dazu in Schüler über Gleise: Lehrerin meldete sich.

Dienstrechtliche Schritte sofort eingeleitet

Direkt nach Bekanntwerden des Vorfalls vom 28. Juni im Bereich des Bahnhofs Leobendorf hatte der Stadtschulrat dienstrechtliche Schritte gegen das Lehrpersonal eingeleitet - mehr dazu in Bahnübergang: Lehrer beim Stadtschulrat. Zuvor hatten die Lehrerinnen den Vorfall schon grundsätzlich bestätigt - mehr dazu in Schüler über Gleise: Lehrerinnen geben Vorfall zu.

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83 Volksschüler wurden bei geschlossenem Schranken über die Gleise gelotst

„Für Schulveranstaltungen wie zum Beispiel Schulausflüge gibt es für alle Schulen klare rechtliche Vorgaben. Wesentliche Aspekte dabei sind die Gewährleistung der körperlichen Sicherheit der Schüler und Schülerinnen sowie die Abwehr von Gefahren“, heißt es in der Stellungnahme des Stadtschulrats.

Ausgang des Strafverfahrens wird abgewartet

Über die weitere Vorgangsweise im Disziplinarverfahren werde nach Abschluss des Strafverfahrens entschieden. Als Grund für ihr Handeln hatten die Lehrerinnen angegeben, man sei spät dran gewesen und habe den Zug nach Wien mit den Sechs- bis Zehnjährigen noch erreichen wollen. Auch dazu gibt es laut Stadtschulrat Regelungen: So dürften Schulausflüge in der Volksschule nur maximal fünf Stunden dauern: „Verspätungen sind aber selbstverständlich zu tolerieren.“

Inzwischen hat sich in die Causa auch die Volksanwaltschaft eingeschaltet. „Das Lehr-und Begleitpersonal hat für die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler zu sorgen, hier dürfte das Gegenteil der Fall gewesen sein“, wurde der Schritt dort begründet.

Elternverein stellt sich hinter Lehrerinnen

Der Elternverein der betroffenen Schule stellte sich hinter die Lehrerinnen. Man sei weiterhin bereit, „den vier Lehrkörpern das pädagogische Vertrauen entgegen zu bringen, um unsere Kinder weiterhin zu unterrichten und zu betreuen.“ Man sei überzeugt, dass es sich bei diesem Vorfall um ein „einmaliges Fehlverhalten“ gehandelt habe.

TV-Hinweis:

„Wien heute“, 11.7.2016, 19.00 Uhr, ORF2 und danach online unter tvthek.ORF.at.

Auch für Gerold Beneder, Anwalt einer der betroffenen Lehrerinnen, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Es handle sich nur um „interne Überlegungen“, eine Entlassung auszusprechen, meinte er im Interview mit „Wien heute“. Er will die zwei Wochen, die nun Zeit sei, nutzen, um den Stadtschulrat davon zu überzeugen, dass kein Entlassungsgrund vorliege.