Kindergärten „Alt-Wien“: Einigung möglich

Der Betreiber der privaten Kindergärten „Alt-Wien“ hat der Stadt Wien angeboten, nicht ordentlich verwendete Fördergelder zurückzuzahlen. Die MA 10 wartet auf ein schriftliches Angebot, zeigt sich aber gesprächsbereit.

6,6 Millionen Euro an Fördergeldern soll Betreiber Richard Wenzel zweckwidrig in Immobilien gesteckt haben. Es geht um das Parkschlössel in Bad Aussee, eine Ballettschule und einen Kindergartenneubau in Hütteldorf. „Wir haben auf dem Grundstück zwei Häuser hingebaut, einen Kindergarten und ein Schwesternwohnheim für Kindergärtnerinnen, die aus den Bundesländern kommen“, erläuterte Wenzel im ORF-Interview.

Gegenüber der APA bestätigte er, das Vergleichsangebot der Stadt nun doch unterschreiben zu wollen. 2.276 Betreuungsplätze wären damit gerettet. Er sei im Notfall auch bereit, sich auf diese - aus seiner Sicht schlechte - Lösung einzulassen, sagte Wenzel. Daniela Cochlar, Leiterin der MA 10, wartet noch auf das schriftliche Angebot. „Niemand hat erwartet, dass Herr Wenzel mit einem Geldkoffer mit 6,6 Mio. vorbeikommt. Natürlich gibt es Vereinbarungen, die man schriftlich festlegen und besichern muss. Aber es gibt alle Möglichkeiten, auch eine Ratenvereinbarung“, so Cochlar im ORF.

Stadt übernimmt Kindergärten nicht

Bis Freitag müsste sich der Kindergartenbetreiber „Alt-Wien“ mit der Stadt Wien geeinigt haben, sonst droht das Ende.

Frauenberger: Keine Übernahme

Die zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) hatte im Ö1-Mittagsjournal eine Übernahme der Kindergärten ausgeschlossen. Das sei nicht möglich, da sich beinahe alle Immobilien im Besitz von Vereinschef Richard Wenzel befänden, argumentierte Frauenberger - mehr dazu in oe1.orf.at. Die Ressortchefin zeigte Verständnis für die besorgten Eltern, bekräftigte aber, dass 6,6 Millionen Euro an städtischen Fördermitteln zweckwidrig verwendet worden seien: „Das können wir nicht durchgehen lassen.“

Man habe Wenzel nahegelegt, für eine Rückzahlung eine Immobilie im 14. Bezirk zu verkaufen, die 4,5 Millionen Euro einbringen würde, so Frauenberger, den restlichen Betrag würde man ihm stunden. Am Montag hatte die Stadt Wien einen Förderstopp über den privaten Kindergartenbetreiber „Alt-Wien“ verhängt - mehr dazu in Förderstopp für „Alt-Wien“-Kindergärten.

Hotline für Betroffene

Die MA 10 hat nun für betroffene Eltern, Obsorgeberechtigte und Mitarbeiter eine Hotline eingerichtet. Sie bietet den Betroffenen unter anderem Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Betreuungsplatz. Hotline: 01 277 55 55

Knapp 2.300 Kinder betroffen

Zum Inhalt der von der MA 10 bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingebrachten Anzeige wollte Daniela Cochlar nichts sagen. Dem Vernehmen nach werden Vereinschef Wenzel im Sinne der Paragrafen 146 und 153b nach Strafgesetzbuch Betrug und Förderungsmissbrauch zur Last gelegt.

Insgesamt 33 Kindergartenstandorten droht das Aus, sollte es nicht doch noch zu einer Lösung kommen. Die Kindergärten würden ab nächsten Montag geschlossen bleiben, hatte Wenzel am Dienstag angekündigt - denn das Geld für eine Rückzahlung der 6,6 Millionen Euro habe er nicht, so der Kindergartenbetreiber am Dienstag - mehr dazu in 33 „Alt-Wien“-Kindergärten droht Aus.

MA 10: Regeln für Verwendung von Überschüssen

Zum Verständnis: In der „Alt-Wien“-Causa geht es vorrangig um Fördermittel für den laufenden Betrieb - also nicht um Anstoßfinanzierungen, die sich Einrichtungen für die Schaffung neuer Plätze abholen können. Diese Beträge werden pro betreutes Kind abgerechnet. Zusätzlich gibt es - je nach Gruppengröße - einen Verwaltungszuschuss. Das städtische Geld muss von den Trägerorganisationen gewissermaßen zweckgebunden eingesetzt werden. „Darunter fallen Kosten für das Personal, Spielmaterialien und andere kindergartentypische Ausgaben“, erklärte Cochlar.

Sollte gemeinnützigen Betreibern Geld übrig bleiben, gebe es zwei Möglichkeiten der Vorgangsweise. Entweder wird der Überschuss an die Stadt zurückgezahlt oder das noch vorhandene Geld innerhalb von zwei Jahren reinvestiert - und zwar im Sinne von elementaren Bildungs- und Betreuungsplätzen, so Cochlar. Dabei gehe es etwa um die Qualitätsverbesserung: „Man kann beispielsweise Sessel austauschen, neue Spielsachen kaufen, mehr Personal zwecks besseren Betreuungsschlüssels einstellen oder das Platzangebot erweitern - am selben oder an einem neuen Standort“, führte die MA 10-Chefin aus.

Schild zum Protest gegen Schließung von Kindergarten "Alt Wien" in Leopoldau

ORF

Kinder und Eltern wollen den Kindergarten in Leopoldau vor der Schließung bewahren

Gewerkschaft schaltet sich ein

Für das Personal hatte die Gewerkschaft der Privatangestellten am Mittwoch noch vor der möglichen Einigung eine Infoveranstaltung für Donnerstag um 18.30 Uhr angekündigt. „Wir werden die Mitarbeiter informieren, wie es im Fall der Fälle weitergeht und welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt“, sagte Erika Schmidt von der GPA-djp. Vertreter der Arbeiterkammer und des Wiener Arbeiternehmerförderungsfonds (waff) sind ebenfalls eingeladen.

Betroffene Eltern hatten sich zum Protest gegen das drohende Aus der „Alt-Wien“-Kindergärten formiert: Via Facebook riefen sie zu einer Versammlung für morgen, Donnerstagnachmittag, auf. Um 16.00 Uhr wollen sich die Teilnehmer am Friedrich-Schmidt-Platz vor dem Rathaus treffen. Zuvor hatten sie bereits Briefe an Politik und Medien verfasst, sowie eine Unterschriftenliste gestartet.

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