Entlassene Lehrerin: „Existenz schwimmt davon“

Eine der drei entlassenen Lehrerinnen, die Kinder während eines Schulausflugs trotz geschlossenem Schranken über Bahngleise gehen haben lassen, sieht nun „ihre Existenz davon schwimmen“. Sie spricht von einem „Riesenfehler“.

„Das war eine Handlung im Affekt. Im Nachhinein betrachtet ein Riesenfehler. Allerdings bestand in keinster Weise eine Gefahr, wir wollten niemals jemanden gefährden. Das Ganze ist dann ins Laufen gekommen und dann konnte man das Ganze auch nicht mehr stoppen. Bei 83 Kindern geht das ganz schnell, dass so etwas passiert“, sagt die entlassene Lehrerin im „Wien heute“-Interview.

Kritik übte sie an der Schuldirektorin. „Der Druck kam von oben, von der Direktorin, der kam von allen Bereichen, nicht nur im Zeitdruck, sondern sonst auch immer. Wir standen permanent unter enormen Druck“, so die Lehrerin, die gegen die Entlassung Klage eingebracht hat - mehr dazu in Kinder über Gleise: Entlassene Lehrerin klagt.

Die entlassene Lehrerin im Gespräch mit ORF-Redakteurin Nadja Igler

ORF Wien

Die entlassene Lehrerin (l.) im Gespräch mit ORF-Redakteurin Nadja Igler

Vierte Lehrerin hat Disziplinarverfahren

Der Vorfall, weshalb die Lehrerinnen und zwei ihrer Kolleginnen ihren Job verloren haben, ereignete sich Ende Juni. 83 Kinder wurden bei einem Schulausflug trotz geschlossenem Bahnschranken über die Schienen geführt, um den Zug nach Wien nicht zu versäumen. Wenig später soll ein Regionalzug den Bahnhof ohne Halten durchfahren haben - mehr dazu in Bahnübergang: Lehrer beim Stadtschulrat.

Der Stadtschulrat hatte ein Monat später die dienstrechtlichen Konsequenzen gezogen - mehr dazu in Kinder über Gleise: Entlassungen fix. Die vierte Lehrerin ist pragmatisiert. Sie muss sich ab Ende August einem Disziplinarverfahren stellen.

Entscheidung „definitiv nicht mehr so treffen“

Die entlassenen Lehrerin sagt im „Wien heute“-Interview, sie würde die Entscheidung heute „definitiv nicht mehr so treffen“. Die Folgen des Vorfalls seien „nicht in Worte zu fassen. Die Existenz schwimmt davon“. Für sie sei das größte Anliegen, „am 5. September wieder vor meinen Kindern zu stehen“. Nach der Entlassung habe sie sich beim AMS als arbeitslos gemeldet.

Anwalt: Entlassung soll „rechtsunwirksam“ werden

Auch ihr Anwalt Mathias Burger nennt als Ziel, dass „unsere Mandantin ab 5. September wieder in ihrer Schule stehen kann. Dass die Entlassung für rechtsunwirksam erklärt wird“. Derzeit läuft ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen die vier Lehrerinnen.

TV-Hinweis:

„Wien heute“, 11.8.2016, 19.00 Uhr, ORF2 und danach online unter tvthek.ORF.at.

„Aus unserer Sicht wäre das der richtige Weg gewesen, das Strafverfahren abzuwarten, bevor die Kündigung ausgesprochen wird. Aus meiner Sicht gibt es schon kreativere Lösungen, die der Stadtschulrat machen kann. Aber er hat sich hier eigentlich übereilt für eine Lösung entschieden, die aus unserer Sicht falsch ist“, so Burger.

Stadtschulrat: „Es geht um Gesetze“

Der Stadtschulrat sieht die Entlassungen als gerechtfertigt an. „Ich verstehe die Emotionen in der ganzen Sache. Aber es geht um Gesetze, die eingehalten werden müssen. Es haben unsere juristischen Fachexperten entschieden, dass es die einzige Art ist, darauf zu reagieren. Damit ist es eine Entscheidung von Juristinnen und Juristen und nicht eine politische“, sagt Stadtschulratspräsident Jürgen Czernohorszky gegenüber „Wien heute“.