Unterwasserwelt aus Glas im NHM

Im 19. Jahrhundert haben sich Forscher zunehmend der Unterwasserwelt gewidmet. Weil sich diese Tiere schlecht einlegen ließen, entwickelte man hoch realistische Glasmodelle. Sie sind nun im Naturhistorischen Museum zu sehen.

Bis ins 19. Jahrhundert war die Unterwasserwelt weitgehend unbekannt. Die ersten Meeresbiologen stießen jedoch bald auf das Problem, die faszinierenden Unterwasser-Lebewesen zu konservieren. Speziell bei den wirbellosen Meerestieren war das nicht so einfach, in Alkohol eingelegt verloren sie rasch Farbe und Form. Doch das Interesse nach Darstellungen von Quallen, Kalmaren, Anemonen und Co. wuchs stetig. Ein böhmischer Glasbläser stillte die Nachfrage mit realistischen Glasmodellen und brachte es dabei zu hoher Perfektion.

Der böhmische Glasbläser Leopold Blaschka (1822-1895) begann ab 1863, später unterstützt von seinem Sohn und einzigen Lehrling Rudolf (1857-1939), Quallen, Tintenfische, Meeresschnecken und andere wirbellose Meerestiere in Glas nachzubilden. Die beiden entwickelten dabei eine außergewöhnliche Genauigkeit in der Darstellung und handwerkliche Meisterschaft, die auch von namhaften zeitgenössischen Naturwissenschaftern anerkannt wurde.

Lebende Tiere als Modell für begehrte Objekte

Mehrere Tausend Objekte entstanden so im Laufe der Jahre, die als begehrte Anschauungsobjekte an Schulen und Universitäten in zahlreiche Länder geliefert wurden. Mit 145 Modellen besitzt die Universität Wien nach dem Stift Kremsmünster die zweitgrößte Sammlung im deutschsprachigen Raum. Sie wurde 1880 vom Zoologen Carl Claus angekauft, der die Zoologische Station in Triest gründete.

Glasmodell NHM

APA/Herbert Pfarrhofer

Die Blaschkas verwendeten lebende Tiere als Modelle

Von dieser Station bezogen die Blaschkas auch regelmäßig lebende Tiere, die sie in Aquarien in ihrer Werkstatt in Dresden als lebende Vorlagen hielten. Später fertigten die beiden Glasbläser fast nur noch botanische Modelle. Die Harvard University (USA) hatte einen Exklusiv-Vertrag mit den Blaschkas, die mehrere Tausend Glasblumen von mehr als 800 Pflanzenarten anfertigten. Diese sind auch heute noch im Museum of Natural History der renommierten Uni zu sehen.

Vergessenheit sicherte den guten Zustand

Im NHM waren im Saal 22, wo u.a. Korallen und Weichtiere präsentiert werden, schon immer einige Glasmodelle der Blaschkas zu sehen. Nun stellt die Uni Wien 45 Objekte aus ihrer Sammlung zur Verfügung, die vorerst für fünf Jahre in zwei Vitrinen in dem Saal präsentiert werden. Fragile Modelle wie eine Perlenketten-Qualle oder ein Kalmar mit langen hauchdünnen Fangarmen sind ebenso zu sehen wie bizarre Lebewesen wie ein Spaghettiwurm, ein Seestiefmütterchen oder verschiedene Meeresschnecken.

Dass die Objekte aus der Uni Wien-Sammlung so gut erhalten sind, haben sie auch ihrer besonderen Geschichte zu verdanken: Von der Zwischenkriegszeit bis Anfang der 1980er-Jahre lagerten sie vergessen in den Hohlräumen unter dem ansteigenden Rängen eines Hörsaals im Uni-Hauptgebäude, erklärte Claudia Feigl, Sammlungsbeauftragte der Uni Wien.

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