Opernball oder die Lange Nacht der Würsteln

In wenigen Tagen verwandelt sich die Staatsoper nicht nur in den größten Ballsaal des Landes, sondern wird für wenige Stunden auch zum größten „Würstelstand“ des Landes - allerdings mit einer ebenso kleinen wie traditionsreichen Konkurrenz.

Die Konsumation kann sich auf dem Ball, der immerhin von mehr als 5.000 Gästen besucht wird, durchaus sehen lassen, 1.300 Flaschen Sekt und Champagner inklusive. Doch beim einfachen Ballnacht-Menü, Würstel mit Bier oder Sekt, hat die Staatsoper durchaus Konkurrenz. Gerade viele Ballgäste wollen würsteltechnisch lieber das bodenständige Original, nicht die luxuriöse Kopie - und feiern davor, zwischendurch und danach am Würstelstand hinter der Oper, der offiziell „Würstelstand bei der Albertina“ heißt und in jedem Fall dazwischen liegt.

„Die tollsten Roben am Würstelstand“

Josef Bitzinger, Betreiber des Würstelstands, spricht von einem „witzigen Geschäft, weil die tollsten Roben der Stadt am Würstelstandl versammelt sind“. Viele der Ballbesucher, die in der Ballnacht seinen Würstelstand aufsuchen, würden das tun, weil es quasi schon dazugehöre - und natürlich, um sich etwas Frischluft zu verschaffen.

Ballgäste beim Würstelstand

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Herr Bitzinger putzt den Würstelstand mit seiner Stammmannschaft für diese Nacht auch etwas heraus: „Wir versuchen, das Erlebnis fein zu machen“, formuliert das der Gastronom, denn „das ist es ja auch, was gewollt wird“. Auch Champagner, grundsätzlich eher ein Fremdkörper im Standl-Sortiment, wird in dieser Nacht verstärkt konsumiert. Und dann gebe es natürlich auch die jüngeren Ballgäste, die mit dem Aufsuchen des Würstelstands ihre Geldtasche schonen wollen.

Nur 3:1 für die Oper

All das führt dazu, dass der Würstelstand - berücksichtigt man die höchst unterschiedlichen Voraussetzungen bezüglich Besucherfrequenz - der Oper durchaus Paroli bieten kann: Bei Würsteln lautet das Verhältnis 2.500 zu 750 und beim Bier 900 zu 350. Wobei Bitzinger betont, dass am Stand überwiegend Käsekrainer konsumiert werden, denn die gegrillte Wurst habe „seit mindestens 20 Jahren“ der gekochten Wurst den Rang abgelaufen. Selbst die vornehmeren Sacherwürsteln, die es neben der Oper auch am Würstelstand anstelle der gewöhnlichen Frankfurter gibt, können da nicht mithalten.

Grafik zum Opernball

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„Kein Leiberl“ im Match mit der Oper hat das Würstelstand-Team freilich bei Sekt und Champagner. Mehr als 1.300 Flaschen werden in der Oper verkauft - am Stand waren es im Vorjahr rund zwölf Flaschen. Aber auch hier soll heuer der Abstand etwas verringert werden.

Schwärmen für Nachtschwärmer

Rund 1.000 Menschen laben sich durchschnittlich an einem Tag an dem prominent gelegenen Würstelstand, und etwa 60 Tonnen Wurst aller Art gehen im Jahr über die Theke, so Bitzinger, der auch einen zweiten Würstelstand auf dem Praterstern betreibt. In der Ballnacht geht es erst nach Ende der Mitternachtseinlage richtig los - was unterm Strich, so Bitzinger, keineswegs einen außergewöhnlich gewinnträchtigen Tag ergibt.

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Die Ballnacht, wenn sich Gäste in Roben und Frack rund um den Würstelstand versammeln, sei trotzdem „was Besonderes“ und „prestigeträchtig“. Das sei alles schon „sehr stimmungsvoll“, gerät Bitzinger ins Schwärmen. Und in der Früh mischt sich dann das Bild: Denn die letzten Ballgäste werden bereits von den ersten Arbeitern, die noch in der Nacht mit dem Abbau beginnen, abgelöst - nicht nur in der Oper, sondern auch am Würstelstand.

Guido Tiefenthaler, ORF.at

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