Prozesse wegen Missbrauchs: Haftstrafen

Am Landesgericht sind am Montag zwei Männer wegen Missbrauchs zu Haftstrafen verurteilt worden. Ein 73-Jähriger soll sein Patenkind jahrelang missbraucht haben, ein 60-Jähriger soll ein Mädchen in seine Wohnung gelockt haben.

Der 73-Jährige war mit der Mutter des Buben eng befreundet und der Taufpate des Kindes. Ab Sommer 2000 soll er den Buben missbraucht haben - wenn die Mutter nachts arbeiten musste und ihn gebeten hatte, auf ihren Sohn aufzupassen. Neben sexuellen Handlungen, zu denen der Volksschüler laut Anklage teilweise mit Gewalt gezwungen wurde, musste das Kind Inszenierungen mit einer Sex-Puppe über sich ergehen lassen. Der Angeklagte fertigte auch kinderpornografisches Material an.

Der 73-Jährige überließ den Buben außerdem einem langjährigen, ebenfalls pädophil veranlagten Bekannten. Zwei Mal verging sich der nunmehr 68-Jährige an dem Buben, wobei er diesem im Anschluss jeweils 20 Schilling überreichte. Um „das Einverständnis zu belohnen“ bzw. „mein Gewissen zu beruhigen“, wie der Mitangeklagte einem Schöffensenat offenbarte. Der geständige Mittäter erhielt zwei Jahre Haft, davon fünf Monate unbedingt.

Erste Haftstrafe wegen Missbrauchs 2002

Der Hauptangeklagte gab grundsätzlich die ihm zur Last gelegten Handlungen zu, behauptete jedoch, Gewalt wäre nie im Spiel gewesen. „Es tut mir leid, die ganze Sache. Es wird sicher nicht mehr vorkommen, weil ich jetzt in einem Alter bin, wo ich an solchen Sachen kein Interesse mehr habe“, meinte der 73-Jährige. Im Jahr 2002 war er erstmals wegen sexueller Vergehen zulasten des betreffenden Buben zu einer teilbedingten Haftstrafe verurteilt worden. Nachdem er aus dem Gefängnis entlassen wurde, hatte er ungerührt mit den Missbrauchshandlungen fortgesetzt.

Bei dem Betroffenen hatte das Erlebte gravierende psychische Folgen, die einer Körperverletzung gleichkommen und damit schweren Dauerfolgen gleichzusetzen sind. Wie in einem psychiatrischen Gutachten festgestellt wurde, hat der inzwischen 23-Jährige eine Anpassungsstörung und eine dauerhafte Persönlichkeitsentwicklungsstörung entwickelt. Außerdem leidet er an einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Der in seiner Kindheit missbrauchte junge Mann erstattete Anfang 2017 Anzeige, nachdem der 73-Jährige wieder Kontakt mit seiner Familie aufgenommen hatte und so tat, als wäre in der Vergangenheit nichts geschehen. Die Rechtsvertreterin des jungen Mannes machte als Privatbeteiligten-Vertreterin Schadenersatz und Schmerzengeld in Höhe von knapp 106.000 Euro geltend. Am Ende bekam sie 25.000 Euro zugesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Beide Männer erbaten Bedenkzeit, die Staatsanwältin Andrea Kain gab keine Erklärung ab.

Angeklagter mit Polizisten auf dem Weg in den Verhandlungssaal

ORF

Die Urteile wegen Missbrauchs sind nicht rechtskräftig

Mädchen in Wohnung gelockt

Ein 60-Jähriger ist am Landesgericht wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen zu zweieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Der Pensionist hatte laut Anklage ein neunjähriges Mädchen in seine Wohnung gelockt.

Die Eltern des Mädchens hatten das Kind im September mit in eine Wohnhausanlage in Simmering genommen, wo eine Großmutter des Mädchens gelebt hatte. Nach deren Tod musste ihre Wohnung geräumt werden. Während die Eltern dem nachkamen, schickten sie ihre Tochter zum Spielen in den Innenhof. Dort fiel diese dem Angeklagten auf.

Der 60-Jährige sprach das Mädchen an und bot der Neunjährigen Kekse an. Diese folgte dem Unbekannten. Als er im Bad plötzlich Dinge verlangte, von denen die Unmündige noch nie gehört hatte, gelang es ihr, unter einem Vorwand aus der fremden Wohnung zu kommen. „Das darfst niemandem erzählen! Das bleibt unser Geheimnis“, schärfte ihr der Mann noch ein.

Urteil nicht rechtskräftig

Dessen ungeachtet vertraute sich das Mädchen sofort den Eltern an, die die Polizei verständigten. Der 60-Jährige wurde in seiner Wohnung festgenommen. Den Beamten fiel dabei auf, dass diese für einen alleinstehenden Pensionisten recht eigenartig hergerichtet war. Die Wände waren rosa gestrichen, Spielsachen in Hülle und Fülle vorhanden.

„Ihre Wohnung ist wie ein Kinderzimmer eingerichtet“, hielt der Richter im Prozess fest. „Wie ich meine Wohnung einrichte, ist meine Sache. Das ist rein für mich“, meinte der 60-Jährige. Die Frage des Richters an den Angeklagten, ob dieser pädophil sei, verneinte der 60-Jährige. Eine einschlägige Vorstrafe aus dem Jahr 2001 bezeichnete der Angeklagte als „Blödsinn von mir“.

Zum nunmehr inkriminierten Faktum war der Pensionist geständig. Das Mädchen sei ihm über den Weg gelaufen, als er nach einer dreitägigen Lokaltour heimkam: „Ich hatte eigentlich keine böse Absicht. Es war mehr Neugierde als wie eine Befriedigung.“ Was er damit anrichtete, sei ihm erst im Nachhinein bewusst geworden: „Es kommt mir immer zu spät, so was.“ Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der 60-Jährige erbat Bedenkzeit.