Krammer: „Rote Linie überschritten“

Nach den Vorfällen beim Derby sieht Rapid-Präsident Michael Krammer eine „rote Linie überschritten“. Erstmals soll es gegen Fans Regressforderungen geben. Auch für Stadionverbote will Kramer „alles tun“.

Bei einer ersten Sichtung der Videoaufzeichnungen wurden vorerst elf Übeltäter ausgemacht, die Gegenstände auf das Spielfeld geworfen hatten, teilte Krammer am Montag bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz mit. Die Identität dieser Personen soll in den kommenden Tagen festgestellt werden. Bei den beiden „Flitzern“ ist dies bereits gelungen - auf sie warten so wie auf die Werfer zwei Jahre Stadionverbot sowie Regressforderungen von Rapid aufgrund der zu erwartenden Strafe seitens der Bundesliga.

In punkto Regressforderungen, die erstmalig in der Vereinsgeschichte zur Anwendung kommen, will sich Krammer ein Beispiel am 1. FC Köln, Hansa Rostock oder Fortuna Düsseldorf nehmen: „Dort hat das funktioniert.“ Er zeigte sich von der Notwendigkeit überzeugt, Exempel zu statuieren. „Die rote Linie wurde überschritten. Wir werden alles dafür tun, um Stadionverbote und Regress durchzuführen.“

Michael Krammer

APA/Hans Punz

Michael Krammer kündigt Regressforderungen an

Neues Fanprojekt geplant

Parallel dazu werden weitere Bereiche auf den Prüfstand gestellt. „Wir fragen uns auch, ob wir in der Fan-Arbeit alles richtig gemacht haben. Vieles spricht dafür, dass die Dinge gut gelaufen sind“, erklärte Krammer und verwies auf steigende Zuschauer- und Mitglieder-Zahlen sowie die „einzigartige Stimmung“ im Allianz Stadion.

Dennoch solle ein neues Fanprojekt aufgesetzt werden, „mit internationaler Beratung von Vereinen, die mit solchen Situationen umgehen können“, meinte Krammer und nannte in diesem Zusammenhang den FC Basel und Schalke 04. Damit solle ermöglicht werden, dass man „Emotionen und gute Stimmung ausleben, aber Dinge wie gestern möglichst hintanhalten“ könne, erzählte der Rapid-Boss. Selbst wenn diese Vorhaben greifen sollten, seien Vorkommnisse wie am Sonntag nie zu 100 Prozent auszuschließen. „Dieser Illusion gebe ich mich nicht hin“, sagte Krammer.

Auf echten Konfrontationskurs mit der aktiven Fanszene wird die Clubführung weiterhin nicht gehen. „Die beiden Dinge - Sanktionierung und Fortsetzung des Dialogs - sind alternativlos“, betonte Krammer. Gerade im Zusammenhang mit der zuletzt gewachsenen Zahl an organisierten Fans steht Rapid vor großen Herausforderungen. „Da gibt es neue Gruppierungen, die offensichtlich mit dem Einhalten der Regeln ihre Probleme haben“, gestand Krammer, ergänzte aber, er sehe die Verursacher der Sonntag-Randale weder bei der aktiven Fanszene noch bei Personen aus dem Ausland, die am Sonntag im „Block West“ zu Gast waren.

Rapid-Präsident Krammer im Interview

Rapid-Präsident Michael Krammer über die Konsequenzen nach den Zwischenfällen beim Wiener Derby.

Fehler der Sicherheitsfirma

Wenig Nachsicht ließ Krammer mit den Sicherheitskräften erkennen, die zuließen, dass zwei Männer im Finish auf den Platz stürmten und einen vielversprechenden Austria-Angriff verhinderten. Dass die beiden nicht von Securitys verfolgt wurden, sei ein Fehler der Sicherheitsfirma gewesen, so Krammer.

Der 57-Jährige lieferte aber auch eine Erklärung dafür, warum das Duo unbehelligt auf den Rasen gelangen konnte. „In der Endphase eines Spiels werden die Sicherheitskräfte in jenem Bereich zusammengezogen, wo das größte Gefahrenpotenzial droht, und das war auf dieser Seite des Stadions eher aus der Ecke der Gästefans zu erwarten. Daher sind die Securitys dort zusammengezogen worden, und es war diesen beiden Personen möglich, runterzuspringen und reinzulaufen.“

Anzeige gegen Unbekannt

Das Derby stand am Sonntag am Rande des Abbruchs. Schon nach wenigen Spielminuten hatten Rapid-Fans vor einem Eckball Feuerzeuge auf Austria-Spieler Raphael Holzhauser geworfen. Nach weiteren Würfen kam es in der ersten Hälfte zu einer Spielunterbrechung. Erst nach der Drohung, das Spiel bei weiteren Zwischenfällen abzubrechen, kam es zu keinen weiteren Zwischenfällen - mehr dazu in Punkteteilung in hitzigem Derby (sport.ORF.at).

Wie die Polizei Wien nun gegenüber „Wien heute“ erklärt, gibt es eine Anzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Körperverletzung. Diese sei bei der Staatsanwaltschaft anhängig. Um den oder die Täter zu identifizieren, wertet die Polizei derzeit die Videoaufnahmen aus dem Stadion aus.

Raphael Holzhauser bei Derby im Allianz-Stadion

APA/EXPA/Thomas Haumer

Raphael Holzhauser musste bei Eckbällen mit Sonnenschirmen geschützt werden

Lob für Holzhauser

Laut Schiedsrichter Rene Eisner wurde ein Spielabbruch durch das Verhalten von Raphael Holzhauser vermieden. „Hätte er mir gesagt, dass er nicht weiterspielen kann, hätte ich abgebrochen“, erklärte der Unparteiische. So kam es zur Anwendung des „Drei-Stufen-Plans“: Nach den ersten Vorfällen in der vierten Minute gab es eine Stadion-Durchsage. Als Holzhauser und Felipe Pires in der 26. Minute neuerlich zu Zielscheiben wurden, schickte Eisner die Mannschaften für einige Minuten in die Kabine. Ein weiterer Vorfall hätte den Abbruch bedeutet.

„Ich habe gestern durch mein Weiterspielen ein Zeichen für Fairness gesetzt und habe mir einmal mehr nicht den Spaß am Spiel nehmen lassen. Ich kämpfe für die Austria und mein Team und bedanke mich bei allen Fans die diese Art von Gewalt nicht tolerieren. DERBY ist Hass Emotionen und alles was dazu gehört aber sobald Gewalt im Spiel ist sollten wir uns alle distanzieren“, teilte Holzhauser via Facebook mit.

„Als CEO der Austria warte ich gespannt auf die Vorgangsweise des Strafsenats!“, meinte AG-Vorstand Austria Markus Kraetschmer. „Sie sollen es selbst regeln. Es sind Einzelne, und die gehören weg“, sagte Rapid-Trainer Goran Djuricin. „Es ist schade, dass die Fans so reagieren, dass es in Österreich noch so ist, dass man mit Schirmen geschützt werden muss. Ich hoffe, dass das einmal sanktioniert wird“, meinte Austria-Trainer Thorsten Fink - mehr dazu in Stimmen zum 1:1 im Wiener Derby (sport.ORF.at).

Flitzer verhinderten Austria-Chance

Knapp vor Spielende sorgten zwei Rapid-Anhänger für einen negativen Höhepunkt in einer spannenden Schlussphase: Sie eilten in der Schlussminute plötzlich auf das Spielfeld, umarmten zwei Rapidspieler und verließen schließlich in eher gemächlichem Tempo den Platz. Bitter für die Austria, dass damit ein aussichtsreicher Konter unterbunden wurde.

Flitzer auf dem Spielfeld am Sonntag, 4. Februar 2018, während der tipico-Bundesliga-Begegnung zwischen SK Rapid Wien und FK Austria Wien in Wien

APA/EXPA/Thomas Haumer

Rapid-Fans auf dem Spielfeld des Allianz-Stadion

Dejan Ljubicic, der mit seinem Tor Rapid noch ein 1:1 gesichert hatte, entschuldigte sich am späten Abend für eine Aussage unmittelbar nach dem Spiel. „Wenn Holzhauser den Eckball schnell ausführt, passiert nichts“, hatte Ljubicic noch nach dem Spiel gesagt.

Am Abend meinte er: „Ich habe die Szene vor dem Eckball jetzt noch einmal im TV gesehen und möchte daher meine Aussage, dass nichts passiert wäre, wenn der Corner rascher ausgeführt worden wäre, mit Bedauern zurücknehmen.“

Rapid-Fan am Spielfeld beim Derby im Allianz-Stadion

APA/EXPA/Thomas Haumer

Ein Rapid-Fan verhindert knapp vor Spielende eine Austria-Chance

Geldstrafe und Platzsperre möglich

Rapid kosteten diverse Fan-Randale seit der Saison 2010/11 gemäß den Rapid-Geschäftsberichten rund 1,2 Millionen Euro an Strafzahlungen - mehr dazu in Rapid nach Eklat in Derby in Bredouille (sport.ORF.at).

Austria-Sportdirektor Franz Wohlfahrt zeigte sich am Montag in einer Aussendung empört: „Wir sind auch für die Sicherheit unserer Spieler verantwortlich. Solche Vorfälle können wir demnach nicht dulden, denn es ist unsere Aufgabe als Verantwortliche des Clubs, dass unsere Spieler ihren Beruf sicher ausüben können. Wir haben uns die TV-Bilder danach nochmals angesehen, einen Abbruch hätte wohl jeder vernünftige Mensch verstanden.“

„So etwas ist absolut inakzeptabel“, meinte Wohlfahrt, die gleiche Wortwahl kam am Montag von der Bundesliga. Der zuständige Senat 1 wird sich voraussichtlich am kommenden Montag mit den Vorfällen beschäftigen. Von einer Geldstrafe von bis zu 150.000 Euro bis zu einer Platzsperre oder Spielen unter Ausschluss der Öffentlichkeit ist alles möglich. „Unabhängig von Art und Höhe der Konsequenzen werden wir andererseits auch bei einem gemeinsamen Termin mit dem SK Rapid über die clubinternen Konsequenzen und Lösungsansätze des Clubs sprechen“, so die Liga.

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