Kasse fordert Arzthonorare zurück

Die Gebietskrankenkasse WGKK fordert von niedergelassenen Chirurgen Honorare für Darmspiegelungen zurück. Die Kasse vermutet „Ungereimtheiten“, was die Ärzte zurückweisen. Sie drohen nun, ihre Kassenverträge zurückzulegen.

„Die Gebietskrankenkasse fordert von niedergelassenen Chirurgen hohe Honorarsummen für bis zu drei Jahre zurück. Wenn das durchgeht, müssen wir wohl unsere Kassenverträge zurücklegen“, sagte der Wiener Chirurgen-Fachgruppenobmann Anton Weiser. Laut seinen Angaben sind auf diesem Gebiet in Wien 34 Chirurgen und 15 Internisten (Gastroenterologen), zehn davon mit Kassenvertrag, tätig. In diesem Fall wären die Koloskopien beim niedergelassenen Facharzt nur noch auf Privatbasis mit teilweiser Rückverrechnung durch die Krankenkasse möglich.

Kasse spricht von „Ungereimtheiten“

„Die Koloskopie wird seit vielen Jahren auf Kassenkosten durchgeführt und hat auch funktioniert“, sagte WGKK-Generaldirektor Andreas Obermaier. Nach dem Bekanntwerden von „Ungereimtheiten“ bei der Abrechnung und von den Chirurgen verlangten Zuzahlungen durch die Patienten „haben wir uns das näher angeschaut“. Die WGKK wurde laut ihren Angaben sozusagen fündig.

Laut Obermaier hätten die Chirurgen für den Dämmerschlaf mit dem offenbar am besten dafür geeigneten Mittel (Propofol) bis zu 60 bis 120 Euro verlangt. Was aber bei einigen der Chirurgen noch hinzu gekommen wäre: Verrechnet wurden nicht nur die eigentliche Dickdarmuntersuchung mit dem Koloskop, sondern zusätzlich auch eine Enddarm-Spiegelung (Rektoskopie). Weiters wären zu viele zusätzliche Regiebeiträge mit der Krankenkasse abgerechnet worden.

Ärzte sollen zu viel abgerechnet haben

Obermaier verglich das mit einem Bahnticket: „Wenn ich eine Fahrkarte bis nach Salzburg kaufe, ist die Fahrt bis nach St. Pölten bereits inbegriffen.“ Es sei also undenkbar, wenn einfach mehr Teilleistungen verrechnet würden. Von Weiser kommt hier vehementer Widerspruch: „Die Möglichkeit der Abrechnung von Koloskopie und Rektoskopie geht auf eine mündliche Vereinbarung mit der Wiener Gebietskrankenkasse zurück, die zehn Jahre alt ist. Das hat funktioniert.“ Die Frage der Verrechnung der zusätzlich zur Koloskopie durchgeführten Rektoskopie betreffe elf Ordinationen in Wien.

Dahinter steckt eine Frage der Finanzierung. „Für eine normale im Verdachtsfall vom Arzt verordnete Koloskopie plus Rektoskopie kann ich der Wiener Gebietskrankenkasse insgesamt rund 207 Euro verrechnen. Dazu kommen noch fünf Euro für eine intravenöse Injektion und zehn Euro für den Befundbericht. Wir haben drei unabhängige betriebswirtschaftliche Gutachten, mit einer Kostenkalkulation von etwa 380 Euro für eine Koloskopie. Fällt die Verrechnungsmöglichkeit der Rektoskopie weg, sind das allein schon um 33,50 Euro weniger“, sagte Weiser.

Kompliziertes Abrechnungssystem

Die Finanzierungssituation bei den Koloskopien über die Kassenhonorare ist in Österreich extrem kompliziert und könnte als weiteres gutes Beispiel für die vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger unter Alexander Biach in Gang gebrachte Vereinheitlichung von Leistungspositionen der Krankenkassen dienen. Es gibt unterschiedliche Detailregelungen und Kassenhonorare bezüglich diagnostischer und Vorsorge-Darmspiegelungen. Jede der neun Gebietskrankenkassen hat mit den Fachärzten andere Honorare ausgemacht.

Auch die bundesweiten „kleinen“ Kassen haben teilweise unterschiedliche Tarife. Beim Eggenburger Gastro-Update wurden vergangenes Jahr die entsprechenden Zahlen präsentiert. Für eine Koloskopie zur diagnostischen Abklärung allein konnte den Gebietskrankenkassen von den niedergelassenen Fachärzten verrechnet werden: in Wien 141,37 Euro, in Niederösterreich 174 Euro, in Oberösterreich 130,39 Euro, in Salzburg 230,85 Euro, in Tirol 180,56 Euro, in Vorarlberg 164,05 Euro, in Kärnten 155,31 Euro, in der Steiermark 191,13 Euro und im Burgenland 146 Euro.

Verfahren gegen zehn Chirurgen

Juristisch gab es bereits eine Dienstaufsichtsbeschwerde, Unterlassungsklagen und das Anrufen der zuständigen Schiedskommission. WGKK-Generaldirektor Andreas Obermaier betonte, nicht alle Chirurgen seien gleichermaßen betroffen, doch: „Es laufen zehn Verfahren.“ Die rückgeforderten Honorarsummen seien zum Teil erheblich. Das Schiedsverfahren werde wohl einen Teil der offenen Fragen klären. „Und dazu gibt es in Wien die allgemeinen Vertragsverhandlungen zwischen der Ärztekammer und der Wiener Gebietskrankenkasse“, sagte Obermaier weiter. Möglicherweise könne man dabei Fortschritte erzielen.

Der Wiener Ärztekammer-Vizepräsident und Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte, Johannes Steinhart, der mit der WGKK in den Gesamtvertragsverhandlungen steckt, betonte gegenüber der APA das Interesse an einer Einigung. Es sei im Grunde nicht vertretbar, wenn eine spezifische medizinische Leistung durch den Arzt erst auf Umwegen finanziert werde. Zu hoffen sei, dass man aufseiten der Krankenkasse das Thema der Koloskopien erledigen wolle.

Darmspiegelung bei WGKK kostenlos

Laut Obermaier geht es dabei in Wien um derzeit jährlich rund 40.000 Untersuchungen. In den entsprechenden Einrichtungen der Wiener Gebietskrankenkasse könnten die Versicherten garantiert kostenlos die Untersuchung erhalten. Laut APA-Informationen verrechnen Ambulanzen in Wien jedenfalls deutlich mehr als die Kassenhonorare für diese Untersuchungen als es die niedergelassenen Ärzten tun können.

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