Belastendes loswerden mit Profi-Hilfe
40 Schuhcremen, zehn Schuhsprays und ungefähr 15 Schuhbürsten: Das fand Kmet, als er mit einem Klienten einen Schuhkasten aussortierte. „Er hat dann gesagt, dass er eigentlich nie seine Schuhe putzt. Wenn sie dreckig sind, verwendet er ein nasses Taschentuch um sie zu reinigen“, erzählt Kmet. Doch jedes Mal, wenn er beim Kauf eines neuen Schuhpaares gefragt worden sei, ob er auch Schuhcreme und Bürste benötige, habe er diese sicherheitshalber einfach gekauft.
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Aufräumarbeit vom Zimmer bis zur Festplatte
Florian Kmet kann viele ähnliche Geschichten erzählen, wie sich über Jahre eine Vielzahl von Dingen ansammelt, die ihre Besitzer belasten - und es ihnen schwer machen würden, Ordnung zu halten. Tritt ein Klient an den Ausmistberater heran, wird zuerst abgeschätzt, wie groß der Aufwand ist. Manchmal handle es sich um eine ganze Wohnung, ein anderes Mal nur um einen Kasten oder die Fotosammlung auf der Festplatte, so Kmet. Eine Standardmethode hat er nicht: „Die Aufgabe und die damit verbundene Herangehensweise unterscheidet sich jedes Mal.“
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In den meisten Fällen kämen jedoch gewöhnliche Kartons zum Einsatz. Diese erhielten Aufschriften wie „Behalten“, „Verschenken“ oder „Wegwerfen“. Ziel sei es, jeden Gegenstand nur einmal in die Hand nehmen zu müssen, um zu entscheiden, was damit passieren soll. Nur in Ausnahmen wandere das Ding in die "Dilemma Kiste“, bei der die Entscheidung noch aufgeschoben wird, verrät Kmet.
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Zu Streitigkeiten darüber, welche Gegenstände behalten und welche weggeworfen werden, kommt es laut Kmet dabei nie. „Die Entscheidung liegt alleine bei den Leuten, aber es ist auch nie ein Thema. Die Menschen merken, wie entspannend der Prozess sein kann, sich von ungebrauchten Dingen zu trennen.“
„Was für ein Mensch lebt hier?“
Die Klienten des Aufräumcoaches kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten, auch wenn mehr Frauen als Männer dazu zählen. Die Unordnung sei belastend und behindere viele in ihrer Freiheit, sagt Kmet. Er wolle Menschen zu einer neuen Perspektive auf ihre Situation verhelfen, um zu erkennen, wo genau die Belastung liegt. „Ein spannendes Experiment ist die Frage: Was für ein Mensch lebt hier? Was würde ein Fremder, der Ihre Wohnung betritt, auf diese Frage antworten?“
Die Preise des „Clutterman“, wie sich Kmet auf seiner Internetseite nennt, rangieren von 160 Euro, für eine dreistündige Beratung, bis zum 680 Euro teuren Block für drei sechsstündige Einheiten. „Ich arbeite gerade mit einer Klientin, die von einer sehr großen in eine sehr kleine Wohnung umgezogen ist. In solchen Fällen braucht es oft mehrere Einheiten.“ Es gebe aber auch Leute, die mit einer dreistündigen Session anfangen und danach einfach alleine weitermachen würden, so Kmet. Das Ziel sei auch, den Leuten die Technik zu vermitteln, mit der sie selbst weiterarbeiten können.
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Mehrere Aufräumcoaches in Wien
Kmet ist einer von mehreren Ausmistcoaches in Wien. Die ehemalige Gebursthelferin Katrin Misere berät neben Privatpersonen auch Unternehmen. Außerdem hilft sie den sogenannten Expats, also Auswanderern, die nach Wien ziehen, ihre Wohnungen so einzurichten und zu organisieren, dass erst gar keine Unordnung aufkommt. Aufräumcoach Marta Kopka, die lange im Office Management gearbeitet hat, bietet beispielsweise auch einen „Kleiderschrankcheck“ an, bei dem die Garderobe strukturiert wird.
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Aufräumcoach Kmet komponiert auch
Wenn Florian Kmet gerade nicht damit beschäftigt ist, Klienten zu helfen mehr Ordnung in ihr Leben zu bringen, arbeitet er als Komponist und Musiker. Zum Ausmistberater ausgebildet wurde er bei der britischen Autorin Karen Kingston, die mit dem Buch „Feng Shui gegen das Gerümpel des Alltags“ einen Bestseller schrieb.
Er sei immer davon begeistert gewesen, wenn Dinge einer bestimmten Ordnung folgen, sagt Kmet: „Dabei geht es nicht um Perfektionismus. Niemand würde annehmen, dass es gesund ist zu essen, ohne wieder etwas abzugeben. Genausowenig kann man seine Wohnung immer weiter vollstopfen, ohne Altes loszuwerden. Es ist ein Austausch.“
Benjamin Mayer, wien.ORF.at