Toter Rekrut: Beschuldigter wieder in U-Haft

Im Fall des im Oktober 2017 in einer Kaserne in der Leopoldstadt erschossenen Rekruten ist heute der Tatverdächtige wieder in U-Haft gekommen. Im Jänner hatte ihn das Landesgericht für Strafsachen auf freien Fuß gesetzt.

Die Staatsanwaltschaft hatte den - für Justizkenner durchaus überraschenden - Enthaftungsbeschluss umgehend bekämpft. Das OLG gab nun der Beschwerde der Anklagebehörde Folge und bekräftigte damit die Rechtsansicht der Staatsanwaltschaft, die gegen den jungen Mann wegen Mordes ermittelt und von dringendem Tatverdacht ausgeht.

Der 22-Jährige verantwortet sich demgegenüber mit einem Schießunfall. Zuletzt behauptete er bei einer Tatrekonstruktion, er hätte den im Ruheraum des Wachcontainers schlafenden 20-Jährigen wecken wollen. Dabei sei er gestolpert und hätte sich am Abzug seines Sturmgewehrs StG 77 festgehalten, worauf ein Schuss gebrochen sei - mehr dazu in Toter Rekrut: Schütze will gestolpert sein.

OLG hält Mordverdächtigen für unglaubwürdig

Diese Version sei unglaubwürdig, lautet der Tenor des achtseitigen OLG-Beschlusses, auf dessen Basis nun eine neuerliche Festnahmeanordnung erlassen wurde. Beamte des Landeskriminalamts hätten den Schützen am Montagvormittag zu Hause abholen und in die Justizanstalt Josefstadt bringen sollen.

Der Rechtsvertreter des 22-Jährigen, der davon in Kenntnis gesetzt wurde, „torpedierte“ das insofern, als er und sein Mandant sich statt auf die Polizei zu warten ins Graue Haus begaben. Von diesem Schritt wurden offenbar auch mehrere Medienvertreter verständigt, die im Gerichtsgebäude auf das Eintreffen des Mordverdächtigen warteten.

22-Jähriger und Anwalt warteten in Auto

Bei der Justiz war man mit dieser den Vorschriften zuwiderlaufenden Vorgangsweise des Rechtsvertreters nicht unbedingt glücklich. Denn es ist an sich nicht vorgesehen, dass Justizwachebeamte formlos einen Festzunehmenden einfach in Empfang nehmen können. Üblicherweise wird eine Festnahmeanordnung umgesetzt, indem der Betreffende direkt von der Polizei in die Justizanstalt eingeliefert wird.

Weil keine Polizei im Spiel war, mussten der 22-Jährige und sein Rechtsbeistand im Auto vor dem Landesgericht abwarten, bis die erforderlichen Papiere ausgefertigt waren und der Verdächtige eine Zelle beziehen konnte.

Mandant „schockiert und tief traurig“

Am 22. Jänner hatte die zuständige Haft- und Rechtsschutzrichterin den dringenden Tatverdacht in Richtung Mord verworfen. Sie ging nur mehr vom Verdacht auf grob fahrlässige Tötung aus und hielt nach über dreimonatiger U-Haft eine weitere Inhaftierung des bisher unbescholtenen 22-Jährigen für nicht angemessen.

Der Beschuldigte sei „schockiert und tief traurig“, dass die Staatsanwaltschaft die Aktenlage weiter anders sehe und mit ihrer Beschwerde durchgedrungen sei, schilderte der Rechtsvertreter. „Aber mein Mandant hat Vertrauen in das Gericht und darauf, dass erkannt wird, dass sicher kein Vorsatzdelikt vorliegt, sondern maximal ein Fahrlässigkeitsdelikt“, sagte Manfred Arbacher-Stöger (Kanzlei Rifaat) im Gespräch mit der APA. Er selbst rechne mit einer Hauptverhandlung in rund zwei Monaten. Das wesentliche Schießgutachten sei weiterhin ausständig.

Soldat starb in Wachcontainer

Der 22-jährige Salzburger hatte mit dem 20-jährigen Rekruten und einem Wachkommandanten am 9. Oktober den 24-Stunden-Dienst in einem Wachcontainer in der Vorgartenstraße in der Leopoldstadt begonnen. Sieben Stunden später fiel im Ruheraum der Schuss. Der 20-jährige Wiener wurde in den Kopf getroffen und starb. Tatwaffe war ein Sturmgewehr 77, das zur Standardausrüstung der Soldaten gehört. Sie haben die Verpflichtung, die Waffe halb geladen bei sich zu tragen.

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