Burschen niedergestochen: Freispruch

Ein 17-Jähriger, der im Oktober vor einem Billard-Lokal einen 16-Jährigen niedergestochen und lebensgefährlich verletzt haben soll, ist freigesprochen worden. Die Geschworenen entschieden, dass er in Notwehr gehandelt habe.

Am 20. Oktober 2017 kam es vor einem Billard-Lokal in Favoriten zu dem Streit mit beinahe tödlichem Ausgang. Ein 17-jähriger Bursch versetzte einem 16-Jährigen mit einem Springmesser acht bis zehn Messerstiche im Kopf-, Hals-, und Bauch- und Brustbereich. Das Opfer überlebte nur mit viel Glück und dank rascher ärztlicher Hilfe. Am Donnerstag ist der 17-Jährige am Landesgericht vom Anklagepunkt des versuchten Mordes freigesprochen worden.

Die Geschworenen billigten dem Angeklagten mit 7:1 Stimmen zu, in Notwehr gehandelt zu haben. Der Freispruch ist bereits rechtskräftig. Die Staatsanwältin verzichtete auf Rechtsmittel.

Streit aus nichtigem Anlass

Zwischen den beiden Jugendlichen, die sich bis dahin nicht gekannt hatten, war es aus nichtigem Anlass zu einem Streit gekommen. Als der eine das Lokal verließ, folgte ihm der andere. In einer Sackgasse entwickelte sich aus einer Stänkerei eine Schubserei. Plötzlich hatte der 17-Jährige eine Waffe in der Hand und stach und schnitt damit seinem Kontrahenten in den Kopf, ins Gesicht, in den Hals, in die Brust und in den Bauch.

Favoriten

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Vor einem Billardlokal in Favoriten kam es zu dem Vorfall

Der 16-Jährige kam mit dem Leben davon, weil sein Begleiter, mit dem er an jenem Abend unterwegs war, unverzüglich die Rettung verständigte. Der Bursch wurde notoperiert, musste ins künstliche Koma versetzt werden und verbrachte in weiterer Folge sechs Tage auf der Intensivstation - mehr dazu in Messerstiche: 16-Jähriger außer Lebensgefahr.

Angeklagter habe sich gefürchtet

Der schmale, nicht besonders große Angeklagte behauptete in der Verhandlung, er habe sich schon im Lokal vor seinem Gegner gefürchtet und sei deshalb nach draußen gegangen. Dieser sei ihm nachgegangen, habe ihn zum Stehenbleiben aufgefordert, ihn schließlich eingeholt, zu Boden geschmissen und sei dann auf ihn gesprungen. Dabei habe der 16-Jährige ihm den Daumen gebrochen.

Der andere Bursch habe sich dann auch noch auf ihn gesetzt und ihn verdroschen: „Er hat mich geschlagen wie ein Kämpfer. Vor meinem Auge war alles schwarz, ich konnte nichts mehr sehen.“ Da habe er das Messer aus seiner Hosentasche genommen und „blind hingestochen“. „Ich wollte nur, dass er weggeht“, versicherte der Angeklagte dem Schwurgericht. Er sei in Panik nach Hause gelaufen, wo er seinen Eltern vom Vorfall berichtete. Nach einer Woche stellte sich der 17-Jährige auf den Ratschlag eines Anwalts hin der Wiener Polizei - mehr dazu in Mordversuch: 17-Jähriger stellte sich.

16-Jähriger als Kampfsportler überführt

Der 16-Jährige erzählte einen ganz anderen Tatablauf. Der Angeklagte habe ihn aufgefordert, mit ihm nach draußen zu gehen. Dort sei dieser sofort aggressiv geworden und habe zugestochen. Er selbst habe nichts gemacht und zuerst nur einen Schlag gespürt, versicherte der 16-Jährige den Geschworenen. Das Messer habe er zunächst gar nicht bemerkt. Die Frage der Vorsitzenden, ob er Boxer sei, verneinte der Zeuge: „Ich spiel’ Klavier.“ In sportlicher Hinsicht trainiere er in einem Fitness-Studio.

Der Verteidiger überführte den angeblichen Klavierspieler dann allerdings als Kampfsportler. Er legte Fotos vor, auf denen der 16-Jährige als MMA (Mixed Martial Arts)-Kämpfer zu sehen ist. Damit konfrontiert rückte der Zeuge von seinen ursprünglichen Angaben zumindest ein bisschen ab. Es könne sein, dass er zur „Abwehr mit den Fäusten um mich geschlagen“ habe, räumte er ein.