„Schandfleck“-Supermarkt wird abgerissen

Ein verlassener Supermarkt in Floridsdorf sorgt seit Monaten für großen Ärger bei Anrainern. Bereits viermal hat es in dem Gebäude gebrannt, Obdachlose leben darin. Dem Eigentümer reicht es: Er lässt das Gebäude jetzt abreißen.

Durch Löcher im Zaun kommen immer wieder unbefugte Personen auf das Grundstück, oft spielende Kinder oder Obdachlose. Eigentümer Werner Salzmann hat die Löcher oft reparieren lassen: „Aber die Einbrecher schneiden den Zaun ja doch wieder auf“, meint er resignierend. Salzmann weiß, was auf seinem Grundstück vor sich geht. „Und ich bin sehr traurig darüber“, sagt er. Der ehemalige Merkur-Markt in der Wagramer Straße 193 ist für die Anrainer vor allem in den vergangenen Monaten zu einer Belastung geworden. In dem bereits mehrfach ausgebrannten Gebäude hausen Obdachlose.

Ruine brennt immer wieder

„Ich habe das Gebäude so hoch versichern lassen, wie es nur möglich ist. Man stelle sich vor, da fliegt jemand betrunken vom Dach“, sagt Salzmann. Die Obdachlosen seien das eine Problem. Sie halten sich nicht nur im Gebäude, sondern auch in den umliegenden Siedlungen auf. Direkt neben dem alten Supermarkt steht das Citygate, ein großes Einkaufzentrum samt noch größerer Wohnsiedlung. „Da sind auch immer wieder Angesoffene beim Kindergarten“, berichtet eine aufgebrachte Anrainerin.

Ein anderer Aspekt bereitet den Anrainern aber noch mehr Sorgen: Bereits viermal hat das leerstehende Gebäude gebrannt. „Die Bürger haben Angst, dass die Flammen auf ihre Wohnhäuser überschlagen“, sagt Georg Papai, SPÖ-Bezirksvorsteher in Floridsdorf.

Supermarkt-Ruine

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Bereits viermal ist das Gebäude an der Wagramer Straße abgebrannt

Grundstück schon lange in Familienbesitz

Schon lange wünschen sich die Anrainerinnen und Anrainer einen Abriss des Gebäudes. „Ich wollte die Menschen nicht einfach vertreiben“, meint Salzmann. Seine Familie musste die Immobilie 2013 wieder übernehmen. Von 1976 bis 2013 war es an Merkur, also an die heutige REWE-Gruppe, verpachtet. Der Supermarkt ist bereits seit 2005 geschlossen. Im Zuge der U1-Bauarbeiten diente das Gebäude allerdings noch als Lagerhalle.

„Schandfleck“-Supermarkt wird abgerissen

Ein verlassener Supermarkt in Floridsdorf sorgt seit Monaten für großen Ärger bei Anrainern. Der Eigentümer lässt das Gebäude jetzt abreißen.

Das Grundstück ist seit 150 Jahren in Salzmanns Familienbesitz. „Mein Großvater hat dort noch den Pflug durch die Erde gezogen. Das war damals eine kleine Landwirtschaft“, berichtet Salzmann. Fest steht: Das leerstehende Gebäude soll weg. „Ich habe mehrere Gespräche mit dem Eigentümer geführt und wir haben uns darauf geeinigt, dass das Gebäude in den nächsten vier Wochen abgerissen wird“, sagt Papai.

Supermarkt-Ruine

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Der Eigentümer sieht keine andere Lösung, als einen schnellen Abriss

Abriss auch für Eigentümer alternativlos

Kinder beobachten den Bezirksvorsteher beim Interview mit „Wien heute“. Sie sind zuvor aus der Ruine gekommen, wohnen in der Gegend, gehen hier zur Schule. „Wir wollten uns nur umschauen“, meinen sie, während Papai sie anweist, das Grundstück zu verlassen. Kurz zuvor erklärte noch ein Baustellenleiter: „Es ist gut möglich, dass Sie um diese Zeit Kinder beim Gebäude sehen. Die verstecken sich dort drinnen und rauchen.“

Ob Raucherversteck, Obdachlosenunterkunft oder Fotomotiv für Urban Explorer mit Vorliebe für ausgefallene Graffiti: Der alte Merkur-Markt wird abgerissen, das bestätigt auch Salzmann: „Ich will niemanden von hier verjagen. Aber bevor sich jemand verletzt oder noch schlimmeres geschieht, ist es besser, diesen Schandfleck wegzureißen.“

Supermarkt-Ruine

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Durch Löcher im Zaun gelangen „Einbrecher“ immer wieder auf das Grundstück

Wohnanlage könnte entstehen

Salzmann und der Bezirk wollen schon bald über ganz andere Dinge diskutieren. Zum Beispiel darüber, was auf dem Grundstück in Zukunft entstehen soll. Tatsächlich ist ein Großteil der Fläche Gewerbegrund. Die Stadt würde allerdings gerne Wohnanlagen bauen. Salzmann ist gesprächsbereit: „Ich möchte gemeinsam mit dem Bezirk und der Stadt eine Lösung erarbeiten, mit der alle zufrieden sind.“

Papai geht einen Schritt weiter und wirbt bereits für das neue Wohnprojekt: „Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Grundstück zukünftig für Wohnbau zur Verfügung steht und hier Floridsdorferinnen und Floridsdorfer neuen Wohnraum direkt an der U-Bahn-Station vorfinden.“

Caritas bot andere Schlafstelle an

Für die Anrainer sieht es nach einem Happy End aus. Die Obdachlosen müssen wohl weiterziehen. Eine Delegation der Caritas hat sie in den eiskalten Wintermonaten besucht, wollte sie in eine Notschlafstelle übersiedeln. Die Obdachlosen lehnten ab. „Ja, uns ist der Schlafplatz bekannt. Ein paar von uns waren dort und haben Angebote gemacht, aber die Leute wollten nicht weg“, bestätigt Caritas-Wien-Sprecher Martin Gantner und fügt hinzu: „Es gibt viele solche Plätze in Wien.“

Michael Hammerl, wien.ORF.at

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