Buchhalterin zweigte 1,5 Millionen Euro ab

Am reichlich gedeckten Tisch ihres Arbeitgebers hat sich eine Buchhalterin über Monate hinweg selbst bedient. Sie zweigte in einem Online-Lieferservice für Mahlzeiten fast 1,5 Mio. Euro ab. Die Rechnung dafür: drei Jahre unbedingte Haft.

„Besonders schwer ist es Ihnen nicht gemacht worden“, relativierte die vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung in Richtung der Angeklagten die Einschätzung des Firmen-Leiters, der zu Beginn des inkriminierten Geschehens noch nicht an Bord des Unternehmens war. Das nicht rechtskräftige Urteil lautet auf drei Jahre unbedingte Haft.

Als die Buchhalterin eingestellt wurde, musste sie kein Leumundszeugnis vorlegen. Daraus wäre allerdings hervorgegangen, dass die Frau zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Vorstrafen wegen Betrugs aufwies. Außerdem war gegen sie ein Untreue-Verfahren im Gange, als sie bei dem Essen-Anbieter die Leitung des Rechnungswesens übernahm. Die Buchhalterin hatte sich bei ihrem vorigen Arbeitgeber nicht weniger als 3,2 Millionen Euro zugeeignet. Während sie sich wegen dieser Sache vor Gericht zu verantworten hatte, führte sie den Coup beim Lieferservice durch.

Geld auf Konten des Sohnes überwiesen

Sie ließ sich Geld auf zwei Konten ihres Sohnes überweisen, auf die sie Zugriff hatte. Sie selbst stand nämlich auf der „schwarzen Liste“ der Banken und verfügte deshalb über kein eigenes Konto mehr. Der Sohn bekam von all dem nichts mit. Mit den fast 1,5 Millionen renovierte die Angeklagte ein von ihren Eltern geerbtes Haus, ließ daneben ein neues samt Pool errichten und bezahlte ihre Gläubiger, die ihr in dem anhängigen Strafverfahren, in dem sie im Dezember 2015 zu zweieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt wurde, zusehends Druck machten.

Gefängnis

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Das Urteil: Drei Jahre Haft unbedingt

Diese Haftstrafe verbüßt die Frau derzeit in der Justizanstalt Schwarzau. Aus dieser wurde sie zum aktuellen Prozess vorgeführt und bekannte sich da „ganz schuldig“. Sie habe „in Verblendung“ und „wahnwitzig“ gehandelt, gab sie zu Protokoll. Während ihres letztes Gerichtsverfahrens habe sie das Gefühl gehabt, „dass mein Leben aus und vorbei ist und ich halt noch irgendwie versuch’, alles in Ordnung zu bringen“.

Ihr Mann - er hat sich mittlerweile scheiden lassen - hätte ihr zum Selbstmord geraten, sie habe aber ihr bereits ihren Kindern überschriebenes Elternhaus sanieren und jenen zuliebe erhalten wollen, sagte die Angeklagte. Deswegen habe sie sich mit Hilfe der PIN- und TAN-Codes, auf die sie Zugriff hatte, Gelder des Essen-Anbieters zugeeignet.

„Bis zu 300 Stunden pro Monat gearbeitet“

Das Abzweigen des fremden Vermögens war auch insofern bemerkenswert, als die Buchhalterin außergewöhnlich gut verdiente. Begonnen hatte sie mit einem Monatsgehalt zwischen 6.000 und 8.000 Euro. Zuletzt kassierte sie monatliche Honorare zwischen 40.000 und 80.000 Euro. „Ich mache den falschen Job“, bemerkte dazu Staatsanwältin Judith Ziska.

„Ich hab’ gar nicht gut gelebt in dem Sinn. Ich hab’ gearbeitet, gearbeitet, gearbeitet. Auch am Samstag und Sonntag. Kein Urlaub“, hob die Angeklagte hervor. Bis zu 300 Stunden wäre sie Monat für Monat an ihrer Arbeit gesessen. Ihr wäre kaum Zeit geblieben, um „aufzublicken“. Sie hätte „in dem Wahn gelebt, man hätte mir eine Möglichkeit geschaffen, mich zu sanieren. Das war mein emotionales Schutzschild, dass ich was tu, was ich nicht tun sollte“, erklärte sie.

Häuser zur Schadensgutmachung zum Verkauf

Ihre Taten flogen auf, nachdem die 59-Jährige angekündigt hatte, die Buchhaltung abgeben zu wollen. Zunächst war sie nicht bereit, der Steuerberatungs-Kanzlei, die die Finanzgebarung übernehmen sollte, Datensätze zu übergeben, die weiter als bis zum Jänner 2016 zurückreichten. Dann machte sie EDV-Fehler für schleierhafte Überweisungen verantwortlich, nur um schließlich doch noch ein umfassendes Geständnis abzulegen.

„Erst in der Haft bin ich wieder auf den Füßen gelandet“, meinte die Frau. Seither werde sie „zusehends damit konfrontiert, dass ich nicht nur als Staatsbürgerin, sondern als Mutter versagt habe“. Denn ihr Plan, ihren Sohn und ihre Tochter abzusichern, sei nicht aufgegangen. Die Online-Plattform will die Häuser verkaufen, um wenigstens einen Teil des Schadens zurückzubekommen. Dass sie selbst dazu kaum einen Beitrag wird leisten können, war der Angeklagten bewusst: „Wenn ich nicht 300 Jahre alt werde, wird’s schwierig werden.“