Budget: „Maßvolle“ Neuverschuldung

Wiens Schulden sind im vergangenen Jahr wieder gestiegen, allerdings weniger stark als geplant. Insgesamt hat Wien nun Schulden von rund 6,41 Milliarden Euro. Der Gemeinderat diskutiert den Rechnungsabschluss.

Kurz vor der Sommerpause begann der alljährliche Debattenmarathon zum Wiener Budgetvollzug des Vorjahres. Zum ersten Mal stellte Peter Hanke (SPÖ) als neuer Finanzstadtrat den Rechnungsabschluss im Gemeinderat vor. Die 2017 getätigte Neuverschuldung von 410 Mio. Euro bewertete der Ressortchef als maßvoll, in Anbetracht der guten Konjunkturlage versprach er einen „neuen Kurs“.

Der neue Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) im "Wien heute"-Studio

ORF

Der neue Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) präsentiert den Rechnungsabschluss im Gemeinderat

Positive Wachstumsprognosen

Hanke stellte das präsentierte Zahlenwerk, das noch die Handschrift seiner Vorgängerin Renate Brauner (SPÖ) trägt, unter das Motto: „Neue Zeiten sind angebrochen, ein neuer Kurs kann eingeschlagen werden.“ Die vergangenen Jahre seien im Zeichen der Zusatzkosten durch die Flüchtlingsbetreuung und des Kampfes gegen die Finanzkrise gestanden. Die Stadt habe ihre Hausaufgaben hier gut gemacht. Nun habe aber eine neue Periode begonnen, verwies der Stadtrat auf die positiven Wachstumsprognosen für das heurige und kommende Jahr.

„Wir werden den Aufschwung nutzen, um Schulden abzubauen“, so Hanke. Er verwies dabei auf den laufenden Konsolidierungspfad, der eine Dezimierung der jährlichen Neuverschuldung bis zu einer „schwarzen Null“ im Jahr 2020 vorsieht. Im Vorjahr habe man diesen Stufenplan übererfüllt. Denn veranschlagt war eine Neuverschuldung von 570 Mio. Euro, geworden sind es 410 Mio. Euro. Damit habe der Gesamtschuldenstand mit Ende 2017 rund 6,4 Mrd. Euro betragen. „Wien ist eine der am geringsten verschuldeten Großstädte Europas“, versicherte Hanke.

Investition notfalls mit Fremdmitteln

Das gesamte Budgetvolumen des Vorjahres betrug 14,7 Mrd. Euro. Bei den Ausgabenschwerpunkten zeige sich, was die Zukunftsthemen in Wien seien, analysierte der Ressortverantwortliche: 2,3 Mrd. Euro flossen in die Gesundheit, 1,9 Mrd. Euro wurden für Soziales locker gemacht, 1,6 Mrd. Euro kamen der Bildung zugute. Die Kinderbetreuung wurde mit mehr als 800 Mio. Euro bedacht.

Budget: „Maßvolle“ Neuverschuldung

Wiens Schulden sind im Vorjahr wieder gestiegen, allerdings weniger stark. Insgesamt hat Wien nun Schulden von rund 6,41 Milliarden Euro.

Hanke stellte in seiner gut halbstündigen Rede in Aussicht, das Investitionsniveau weiterhin hoch zu halten - notfalls mithilfe zusätzlicher Fremdmittel, wie er klarstellte. Denn Prognosen würden zeigen, dass das starke Wirtschaftswachstum 2020 wieder abflauen und sich bei 1,5 Prozent einpendeln werde. Insofern werde es mit ihm keinen „rigorosen Sparkurs“ geben, denn für „Ho-Ruck-Aktionen“ stehe er nicht zur Verfügung. Aber die Vorzeichen, dass man bald auch Schulden zurückzahlen werde können, stünden gut.

Opposition rechnet mit Brauner ab

Die Opposition nutzte die Debatte über den Rechnungsabschluss 2017 für eine Abrechnung mit der früheren Finanzstadträtin Renate Brauner. „Die zwölf Jahre unter der Ägide von Renate Brauner haben uns einen riesigen Schuldenberg beschert“, kritisierte etwa NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger.

„Mit diesem Rechnungsabschluss hat sich Renate Brauner ein letztes zweifelhaftes Denkmal gesetzt“, sagte Meinl-Reisinger. Er sei Ausdruck einer „komplett verantwortungslosen Schuldenpolitik und inkompetenten Finanzpolitik“, urteilte sie am Montag im Gemeinderat. 400 Mio. Euro neue Schulden seien „wirklich kein Grund, sich abzufeiern“.

„Lange Phase des Schuldenaufbaus“

Unter der ehemaligen Finanzstadträtin habe „eine lange Phase des Schuldenaufbaus begonnen“, kritisierte auch der nicht amtsführende ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch. „Renate Brauner hat dieser Stadt massiv geschadet, nun liegt es an Ihnen, das zu ändern“, sagte er in Richtung des neuen Finanzstadtrats Hanke. Dass die Neuverschuldung im vergangenen Jahr etwas geringer als geplant ausgefallen ist, beeindruckte auch ihn nicht. Dies sei nicht das Ergebnis großer Reformmaßnahmen, sondern liege daran, dass man aufgrund der besseren Wirtschaftslage mehr eingenommen habe.

Auch FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp kritisierte den Schuldenstand der Stadt. Die Neuverschuldung wäre nicht notwendig gewesen, zeigte sich Nepp überzeugt. „99 Prozent der Neuverschuldung haben wir Ihrer rot-grünen, undifferenzierten Willkommenspolitik zu verdanken. Die Wiener leiden, weil Sie falsche Prioritäten setzen“, meinte Nepp.

Kritik an Bundesregierung

SPÖ-Klubobmann Christian Oxonitsch rückte zur Verteidigung der Finanzpolitik der Stadt aus. „Es ist ein Rechnungsabschluss, der sich sehen lassen kann“, sagte er. Wien budgetiere seriös und halte seine Budgetzahlen ein. „Ja, der Schuldenstand ist gewachsen und zwar deshalb, weil wir nicht den Weg vieler anderer europäischer Städte gegangen sind, in einer wirtschaftlich schwierigen Situation die Investitionen zurückzufahren“, sagte Oxonitsch. „Seien wir froh, dass Wien eine Stadt ist, die attraktiv bleibt“, betonte er.

Der grüne Klubobmann David Ellensohn holte im Rahmen der Debatte zum Schlag gegen die schwarz-blaue Bundesregierung aus. Er kritisierte unter anderem den geplanten Zwölf-Stunden-Tag, die geplante Abschaffung der Notstandshilfe und die Kürzung der Integrationsmittel für die Schulen. Auch wenn Wien „nicht alle Fehler der Bundesregierung korrigieren“ könne, würden die Grünen „alles dafür tun, dass es in Wien so bleibt, wie es schon sehr lange ist“, versicherte er. Die Rechnungsabschluss-Debatte dauert insgesamt zwei Tage. Beschlossen wird der Budgetvollzug am Dienstag.

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