Verehrt und verlacht: Schau zu Richard Wagner
ÖNB
Der nach dem gescheiterten Umsturz 1848 steckbrieflich gesuchte Revolutionär Richard Wagner hatte es im Metternich-Staat nicht leicht. Erst 1857 erklang mit dem „Tannhäuser“ das erste Mal eine Wagner-Oper in Wien - allerdings nicht in der renommierten Hofoper, sondern dem heute nicht mehr existenten Thalia-Vorstadttheater. Passend dazu ist die wertvolle Klavierskizze der Ouvertüre aus 1845 in einer Vitrine in der Ausstellung zu finden.
Bruckner sammelte Blätter von Wagners Grab
Von da an ging es allerdings aufwärts in der Beziehung. „Das Wiener Publikum hat Richard Wagner von Anfang an sehr positiv aufgenommen“, so Kurator Thomas Leibnitz. Höhepunkt in der Annäherung dürfte fraglos die Erstaufführung des „Lohengrin“ 1861 in Wien sein - diesmal an der Hofoper. Die teils hymnische Verehrung für Wagner demonstriert eine Anton-Bruckner-Vitrine, der seine 3. Symphonie an Wagner widmete. Der Oberösterreicher bewahrte auch drei Efeublätter von Wagners Grab bei sich auf, die nun in der Nationalbibliothek zu sehen sind.
Schwer verschuldet
Die Chance, auch der Uraufführungsort für „Tristan und Isolde“ zu werden, vergab Wien allerdings. Nach 77 Proben wurde das Vorhaben abgebrochen - dank Erkrankung der Sänger und mangelndem Engagement von Orchester und Dirigent. 1864 verließ der notorische Schuldner Wagner fluchtartig Wien, um seinen Gläubigern zu entkommen, bei denen er mit 12.000 Gulden (rund 70.000 Euro) in der Kreide stand.
Davor hatte er aber an den „Meistersingern von Nürnberg“ in Wien gearbeitet. Verdeutlicht wird das durch das wohl wertvollste Exponat der Schau, Johan Christoph Wagenseils „Von der Meister-Singer holdseliger Kunst“ aus 1697, das Wagner als Vorlage diente.
Zwei überdimensionale Büsten
Nicht unerwähnt bleiben auch die Anfeindungen mittels zeitgenössischer Karikaturen und nicht zuletzt durch die Wagner-Nemesis, den großen Musikkritiker Eduard Hanslick, der als Brahms-Apologet gegen Wagner auftrat. Der nannte im Gegenzug seine Figur des lächerlichen Besserwissers Sixtus Beckmesser aus den „Meistersingern“ in Vorentwürfen noch Hans Lick.
ÖNB
Sendungshinweis
„Guten Morgen Wien“, 23. November 2013
Passend zur dialektischen Gestaltung der Schau hat Bühnenbildner Christof Cremer zwei überdimensionale Büsten des Meisters ins Rondell der Nationalbibliothek gestellt. Die eine zeigt den Kopf des Komponisten in der bekannten Manier - die andere hingegen eine karikierende Überzeichnung mit basedowschen Augen.