Das zweite Leben einer Glasflasche
Re-Design und Recycling sind notwendige Schritte in eine Zukunft, von der noch sehr ungewiss ist, wie sie aussehen und mit welchen Materialien sie leben wird. Beim Upcycling wird hingegen ein höheres Niveau in der Wiederaufbereitung der Altgegenstände erreicht.
„Beim Glas-Recycling, das wir alle kennen, handelt es sich um reine Verschmelzung der alten Glasflasche, aus der eine neue entsteht“, so Monika Wenzl-Bachmayer, Leiterin des Wagner: Werk Museums. „Beim Upcycling wird ein höheres Niveau erreicht - aus einer alten Flasche entsteht nach der Verarbeitung ein völlig neuer Gegenstand.“
© Timo Syrjänen
Eine Flasche mit Tradition
Die in der Ausstellung präsentierten Glasarbeiten der finnischen Designer Jan Torstensson (*1953) und Jukka Istalo (*1962) zeigen deutlich, welche Spuren sich durch die ökologischen und ökonomischen Debatten in den letzten Jahrzehnten in die Material-Anschauung engeschrieben haben.
„In Österreich gibt es keine derartige Tradition und somit auch keinen Vergleich. Upcycling ist eine neue Strategie, wie man mit Altglas umgehen kann“, sagt Wenzl-Bachmayer. „Außer Finnland sind vergleichbare Beispiele in Japan oder in den Niederlanden zu finden.“
Berufliche und künstlerische Freiheit
Auf die Designer und Designerinnen, die das finnische Glasdesign in den 1950er Jahren zu Weltruhm führten, folgte eine junge Generation, die vor der schwierigen Aufgabe stand, das anspruchsvolle Erbe der finnischen Weltstars anzutreten.
Veranstaltungstipp:
Second Life
1. Oktober bis 8. November 2013
Wagner:Werk Museum
Georg-Coch-Platz 2
1018 Wien
Der Ausweg aus dieser Situation bestand darin, sich von der Industrie zu lösen und in eigenen kleinen Studios ihre Werke selbst herzustellen. Diese Antwort ist auch Ausdruck des immer stärker werdenden Interesses an individueller beruflicher und künstlerischer Freiheit.
„Diese junge Generation verbindet eine tief verwurzelte ökologische Sichtweise und ein starkes individuelles Verantwortungsbewusstsein für die Zukunft unseres Planeten“, so Wenzl-Bachmayer. „Das Schmelzen von Glas kostet nämlich viel Energie und wird bei steigenden Energiekosten immer unwirtschaftlicher.“
© Christian Schindler
Abfallglas vom Flughafen
Jan Torstensson experimentierte ungefähr ein halbes Jahr lang. Er plante und baute wieder notwendige Geräte für die Herstellung der Produkte aus Abfallglas und entwarf erste Produkte, die sich für die Herstellung in kleinen Serien eigneten.
Als Hauptrohstofflieferanten konnte er den Flughafen in Helsinki gewinnen, von wo er ausgediente Weinflaschen und Piccoloflaschen bezog und für die Fertigung von Trinkgläsern verwendete.
Sendungshinweis:
„Wien heute“, 5.10.2013
Die von Torstensson entwickelten Geräte und Öfen ermöglichen eine energiesparende und umweltfreundliche Fertigung. „Das Abfallglas wird nicht vollständig eingeschmolzen, sondern nur erwärmt, um die entworfenen Formen entstehen zu lassen“, ergänt Wenzl-Bachmayer.
Die besten Restaurants tragen auch bei
Jukka Isotalo entwarf seine ersten Produkte aus den Resten einer Studentenparty - leeren Weinflaschen. So entwickelte er 1990 seine Geschäftsidee. Isotalo gab diesen Flaschen mit sogenannten kalten Techniken, also ohne die Gläser zu erwärmen, ein völlig neues Äußeres und eine neue Funktion.
In seiner eigenen Firma fertigt er eine Vielzahl unterschiedlicher Gebrauchsgläser, die alle aus Altglas entstehen. Sein Material, leere Weinflaschen, stellen ihm heute die besten Restaurants in Helsinki zur Verfügung.
„Seine Wasserflaschen mit dem H2O-Motiv sind eine besonders schöne und einfache Idee“, so Wenzl-Bachmayer. „Zu den Flaschen haben wir extra für die Ausstellung passende Gläser produzieren lassen, auf die wir besonders stolz sind.“
© Rauno Träskelin
Siegerpokale aus Weinflaschen
Jukka Isotalo wurde 2003 zum Kunsthandwerker des Jahres gewählt. Zu seinen Auftraggebern zählen nicht nur finnische Großunternehmen und Banken, aber auch internationale Marken, wie etwa Rolls Royce. Im Jahr 2009 waren Siegerpokale, die beim Weltcup im Slalom in Levi überreicht wurden, von ihm entworfen - aus gebrauchten Weinflaschen. Diese werden auch in der Ausstellung zur Schau gestellt.
Jan Torstensson wurde 2009 in Finnland nicht nur für seine Entwürfe, sondern zusätzlich auch für seine Fertigungsmethoden ausgezeichnet. Diese sparen Material und Energie, aber auch eröffnen neue Möglichkeiten.