Unteres Belvedere zeigt „Wien - Berlin“

Was haben der Berliner Boxer Max Schmeling und der Maler Egon Schiele aus Wien gemeinsam? Sie sind beide Thema einer Schau über die Bildende Kunst in Wien und Berlin, die im Belvedere der Frage nachgeht, was die beiden Metropolen verbindet.

„Die Dialoge und das Beziehungsgeflecht dieser beiden Städte, die auch mit scharfem Blick verfolgt haben, was in der jeweils anderen geschieht, wollten wir endlich erhellen“, sagte Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco. Das Mittel dazu ist die Schau „Wien - Berlin. Kunst zweier Metropolen“, in der bis 15. Juni das dekadente, gemütliche Wien mit seinen Salons und das moderne, exaltierte Berlin mit seinem industrialisierten Tempo gegenübergestellt sind.

Lotte Laserstein, Im Gasthaus, 1927, Öl auf Holz, 54 x 46 cm

Privatsammlung, Foto: © Walter Bayer

Ausstellungshinweis:

Wien-Berlin: Kunst zweier Metropolen, bis 15.6. 2014, Unteres Belvedere, täglich 10.00 bis 18.00 Uhr, Mittwoch 10.00 bis 21.00 Uhr.

Knapp 180 Werke von rund 90 Künstlern sind zu sehen. Die Bilder sollen sichtbar machen, was in Musik und Literatur gut aufgearbeitet ist: ein schillerndes, zweifach gespiegeltes Epochenpanorama von 1900 bis in die Zwischenkriegszeit.

Spiegelbilder zweier Metropolen

Für die Schau forschten die Berlinische Galerie und das Belvedere nicht nur gemeinsam, sondern sondierten auch ihre Sammlungen. Dadurch entstand ein Panoptikum, das von den Aufbrüchen der Secessionisten über den Expressionismus in die Neue Sachlichkeit führt und dabei Wiener und Berliner Klischees ebenso illustriert wie konterkariert. Einige der Künstler, deren Werke zu sehen sind, lebten und wirkten in beiden Städten, etwa die Wiener Maximilian Oppenheimer und Oskar Kokoschka in Berlin und der Berliner Christian Schad in Wien.

Gemeinsamkeiten und Parallelen würden die Unterschiede bei weitem überwiegen: „Sowohl das Salonbild als auch die Industrialisierung haben beide Städte geprägt“, so Kurator Alexander Klee. Auch der Erste Weltkrieg und seine Verarbeitungen lösten parallele Entwicklungen aus, etwa den Dadaismus in Berlin und den Kinetismus in Wien.

Das expressionistische Porträt eines Egon Schiele und eines Ludwig Meidner, psychologischer in Wien, impulsiver in Berlin, die Landschaften von Carl Moll und Max Liebermann mit ihren klaren Gemeinsamkeiten und doch tief zugrunde liegenden geometrischen Unterschieden, die Zeitschriften „Sturm“ und „Aktion“, schließlich die Neue Sachlichkeit als übergreifendes Phänomen einer Gesellschaft am sozialen Abgrund - die beiden Metropolen spiegeln sich immer wieder gegenseitig und werfen mehrfach gebrochene Bilder zurück.

Fotos Ausstellungsansichten Wien - Berlin

Vorträge und Chansons als Begleiter

Die Ausstellung wird begleitet von einer Reihe von Veranstaltungen, in denen unter anderem Musikwissenschaftler, Kunsthistoriker und Sängerinnen zu Wort kommen. So geht etwa Kurator Alexander Klee der Frage nach: „Gibt es das Wienerische und das Berlinerische in der Kunst?“. Annika Krump singt Berliner Chansons aus zehn Jahrzehnten. Ihre Zeitreise führt von Marlene Dietrich bis hin zu Judith Holofernes.

Sendungshinweis:

„Wien heute“, 15.2.2014

Die Kunsthistorikerin Verena Traeger präsentiert Linolschnitte ihres Vaters, des Wiener Malers und Grafikers Wilhelm Traeger, der wie ein künstlerischer Seismograph auf die aus den Fugen geratene Zwischenkriegszeit reagierte. Traeger stellt kunsthistorische Bezüge her und schildert persönliche Erinnerungen. Weitere Vorträge widmen sich Themen wie der „Magischen Sachlichkeit in Wien und Österreich“, der sozialen Frage der Kunst in Berlin und Wien oder dem Thema Künstlerinnen in Wien und Berlin.

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