Rechtsgrundlagen für ein Arbeitsverhältnis

In „Ganz auf Ihrer Seite“ sind die Rechte, aber auch die Pflichten, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oft das Thema. Diesmal sind es die relevanten Rechtsgrundlagen für ein Arbeitsverhältnis.

Neben dem Gesetz sind dies Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarungen, bei Betrieben mit Betriebsräten und natürlich jeder einzelne Arbeitsvertrag. Genau in dieser Reihenfolge. Das Besondere ist in welchem Verhältnis diese Rechtsgrundlagen zueinander stehen. Man spricht hier vom Stufenbau der Rechtsordnung. Dieser regelt, dass die jeweils nächste Stufe nichts Schlechteres regeln kann, als die darunter liegende. Das ist das Günstigkeitsprinzip. Es sei denn es gibt eine ausdrückliche Ermächtigung dazu.

Beispiel für das Günstigskeitsprinzip:
Das Angestelltengesetz regelt dass ein Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis nur jeweils zum Quartalsende kündigen darf. Das Gesetz sagt aber auch, dass durch Vereinbarung auch eine Kündigung zum Monatsletzten oder 15. Eines jeden Monats zulässig ist. Diese Regelung darf dann auch im Kollektivvertrag oder Arbeitsvertrag enthalten sein.

Betriebsrat hilft Mitarbeitern

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Was ist ein Kollektivvertrag

Kollektivverträge sind Regelungswerke, die von der Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer abgeschlossen werden. Meistens steht auf der Seite der Arbeitgeber die Wirschaftskammer, auf Seiten der Arbeitnehmer die Fachgewerkschaften des österreichischen Gewerkschaftsbundes. Die Kollektivverträge sind wesentlicher Bestand des österreichischen Arbeitsrechts und über 98 Prozent der Arbeitsverhältnisse in Österreich sind von Kollektivverträgen direkt oder indirekt erfasst. In anderen europäischen Länder sieht es da schlechter aus.

Sendungshinweis:

„Radio Wien am Vormittag“, 09.11.2017

Kollektivverträge regeln die wechselseitigen Rechte und Pflichten für eine Branche. Neben den Mindestlöhnen finden sich in den Kollektivverträgen ganz viele Regelungen zum Arbeitszeitrecht, Kündigungsfristen, Abgeltung von Überstunden, Zulagen und Zuschlägen und vor allem auch der Anspruch auf Sonderzahlungen. Dazu gehört zum Beispiel der Anspruch auf Urlaubszuschuss und Weihnachtsgeld. Beides steht uns nämlich nicht kraft Gesetzes zu, sondern weil es uns der Kollektivvertrag zuspricht.

Viel im Kollektivvertrag geregelt

Kollektivverträge auch deshalb so bedeutend, weil sie immer auf eine bestimmte Branche abgestellt sind. Das ermöglicht den Vertragspartner auf die Besonderheiten und auch Bedürfnisse ihrer Branche besonders einzugehen. Die Kollektivverträge haben auch eine Normwirkung, das bedeutet die Vorschriften gelten wie ein Gesetz. Es kann daher auch keiner, der dem Kollektivvertrag unterliegt, ausscheren. Sie sorgen daher auch für einen fairen Wettbewerb und Chancengleichheit.

Kollektivverträge sind also Vereinbarungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer-Vertreter und somit Ergebnis von oft harten und zähen Verhandlungen. Meistens bekommen wir das ja mit, wenn es um die jährlichen Gehaltserhöhungen geht, wo manchmal auch Streikdrohungen im Raum stehen. Aber auch der sonstige Inhalt eines Kollektivvertrages wird immer wieder verhandelt. Wie stark die Verhandlungspartner dabei auftreten können, hängt auch davon ab, ob ihre Mitglieder hinter ihnen stehen. Gerade auf Seiten der Arbeitnehmervertreter ist daher die Anzahl ihre Mitglieder entscheidend.

Kollektivvertrag gilt für Alle

Durch den Kollektivvertrag sind alle Arbeitsverhältnisse der Branche erfasst, die durch diesen geregelt werden. Das ist die sogenannte Außenseiterwirkung. Trotzdem lohnt es sich Gewerkschaftsmitglied zu sein, damit mein Verhandlungspartner mit dem vollen Gewicht seiner Mitglieder im Rücken in die Verhandlungen gehen kann. Kein Wunder daher dass die mitgliederstärksten Branchen die besten Kollektivverträge haben.

Was kämpferisch klingt führt in Österreich aber sehr selten zu Streiks. Das liegt auch an der Bedeutung der Kollektivverträge. Der Gesetzgeber hat den kollektivvertragsfähigen Körperschaften das Recht eingeräumt, ihr Zusammenarbeiten und das ihrer Mitglieder selbst zu regeln. Das sie das wohl selbst am besten wissen. Und das funktioniert seit vielen Jahren. Der soziale Friede, der dadurch herrscht, ist ein enormer Standortvorteil für den Wirtschaftsstandort Wien.

Was haben die Arbeitnehmer davon?

Da die Kollektivverträge für alle Unternehmen einer Branche Mindestlöhne und sonstige arbeitsrechtliche Ansprüche verbindlich regeln, haben sie eine wichtige Ordnungsfunktion. Sie gleichen auch die ungleichen Machtverhältnisse am Arbeitsmarkt aus, die einfach bestehen, wenn zig Arbeitssuchende um einen Arbeitsplatz kämpfen.

Dass der einzelne Arbeitnehmer bereit wäre, auf viele seiner Rechte zu verzichten, um einen Arbeitsplatz zu erhalten, ist wohl nachvollziehbar. Umgekehrt wäre es für Arbeitgeber ein Leichtes die Lage der Arbeitssuchenden auszunutzen und durch den Arbeitsvertrag arbeitsrechtsrechtliche Bestimmungen und die Entlohnung nach unten zu drücken. All das verhindert der Kollektivvertrag.

Wenn Sie neugierig geworden sind auf ihren Kollektivvertrag. Er muss in jedem Betrieb an allgemein zugänglicher Stelle aufliegen.

Er ist aber auch im Internet verfügbar unter www.kollektivvertrag.at