Weiter kein Geld für Psychotherapien

Beim Tag der Seelischen Gesundheit am Samstag im Rathaus sollten die Wiener über Vorbeugung und Behandlung bei psychischen Leiden informiert werden. Doch Fakt ist: Das Angebot an günstiger psychotherapeutischer Versorgung ist mangelhaft.

Bis zu einem Drittel aller Menschen in Österreich sind laut Studien zumindest einmal im Leben mit einer psychischen Erkrankung konfrontiert. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zur Behandlung davon gibt es genug in Wien, doch von den Krankenkassen wird dafür nur sehr wenig Geld zur Verfügung gestellt.

Hilfe muss man sich leisten können

Der Berufsverband kritisiert diesen Zustand seit Jahren, Verbesserung habe es bisher keine gegeben, so Leonore Lerch vom Wiener Psychotherapeutenverband. Wer nicht durchschnittlich 90 Euro für eine Therapiestunde zahlen könne, müsse monatelang auf eine Behandlung auf Krankenschein warten oder sich mit einem Kassenkassenzuschuss von rund 22 Euro begnügen.

Die Wiener Krankenkasse zahlt jährlich über 13 Millionen Euro für psychotherapeutische Leistungen. Eine Ausweitung sei aufgrund der prekären Finanzlage schwierig, hieß es. Mehr tun wolle man aber dennoch im besonders überlasteten Bereich der Kinder- und Jugendtherapie. Hier wird die Kasse in einem Monat eine neue Behandlungsmöglichkeit für 100 Kinder eröffnen.

Dem Psychotherapeutenverband ist das zu wenig. Gefordert wird zumindest eine Verdoppelung des Krankenkassenzuschusses von dereit 22 auf 44 Euro.

Lange Krankenstände drohen

Immer mehr Menschen leiden jedenfalls unter psychischen Erkrankungen: Schon 900.000 Österreicher sind betroffen, 840.000 erhalten Psychopharmaka verschrieben, 78.000 sind arbeitsunfähig. Die Zahlen stiegen binnen weniger Jahre stark.

„Was uns betroffen macht, ist die hohe Wachstumsdynamik“, hieß es zuletzt vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger. Ein Krankenstand wegen psychischer Erkrankungen dauert im Schnitt 40 Tage, ein Krankenstand wegen körperlicher Leiden hingegen nur elf Tage. Und bereits jede dritte krankheitsbedingte Frühpensionierung geht auf eine psychische Erkrankung zurück.

Neue Plattform will Thema „normalisieren“

Die neue Internetplattform ganznormal.at will unterdessen vermitteln, dass psychische Erkrankungen kein Tabuthema sein dürfen. Die Plattform informiert über diverse Leiden, bietet aber auch Soforthilfe an.

„Eine seelische Erkrankung ist so normal wie eine Grippe, nur nicht in 14 Tagen auskuriert“, lautet eines der Sujets der Kampagne. Die Botschaft „seelische Erkrankung ist so normal wie ein Beinbruch“ soll einmal mehr auf die alltägliche Verletzungsgefahr der Seele hinweisen.

Plakatsujet:  „Eine seelische Erkrankung ist so normal wie …“

ganznormal.at

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