ELGA: Töne werden rauer

Der Streit zwischen der Wiener Ärztekammer und Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) um die Einführung der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) geht weiter. In der ORF-„Pressestunde“ hielt Stöger daran fest, die Ärztekammer spricht nun von „Realitätsverweigerung“.

ELGA sei ein „ganz wichtiger“ Schritt hin zu mehr Effizienz, sagte Stöger am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“. Kritik am Projekt ELGA wies er einmal mehr zurück. Er verwies viel mehr auf Ärzte, die mit der Bitte, sich nicht abhalten zu lassen, an ihn herantreten würden.

Menschenschutz vor Datenschutz für Stöger

Bedenken über den Datenschutz möchte er noch ausräumen: „Ich will den besten Datenschutz haben. Datenschutz ist wichtig, mir geht es aber um den Menschenschutz.“ Einsicht in die Patientendaten sollen dabei nur die vom jeweiligen Patienten ermächtigten Ärzte erhalten. „Es gibt keine zentrale Speicherung. Wir stellen nur die Verbindung her mit ELGA“, so Stöger.

Stöger verwies weiter darauf, dass mit Hilfe von ELGA 33.000 Medikamenten-Wechselwirkungen jährlich vermieden werden könnten. Auch würden dadurch 7.000 Patienten „unnötige Krankenhausaufenthalte“ erspart. Ein weiterer Pluspunkt von ELGA ist laut dem Gesundheitsminister, dass die Arbeit von Hausärzten dadurch aufgewertet werden würde.

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Einen Zeitplan für die Umsetzung von ELGA konnte der Minister noch nicht nennen - das stehe auch nicht im Vordergrund, sagte er. Zudem gehe er davon aus, dass nach Abschluss der Wiener Ärztekammerwahlen auch die Vertreter aus der Bundeshauptstadt am Projekt teilnehmen, „weil sie den Patienten Gutes tun wollen“.

Ärztekammer reagierte umgehend

Nicht lange ließ sich die Ärztekammer Zeit, um auf die Aussagen von Stöger zu kontern. Dieser verschließe sich jeder Realität und bleibe Antworten schuldig: „Durch wiederholte Fehlmeinungen werden die Wunschvorstellungen des Gesundheitsministers nicht näher an die Realität gerückt.“

"Allen Beschwichtigungen des Ministers zum Trotz würde ELGA die Patienten in Österreich „komplett bloßstellen“, so der Präsident der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer, Walter Dorner. Stöger ignoriere komplett die Privatsphäre der Patienten, „nur um einer Idee nachzujagen, die beispielsweise in Deutschland und auch in Großbritannien mangels Effizienz für die Patienten schon längst in der Schublade verschwunden ist“.

Dorner dementierte Zusammenhang mit Wahl

Verärgert zeigte sich Dorner auch über die Aussage Stögers, dass die Wiener Ärztekammer „aufgrund der bevorstehenden Wahlen“ mit ihrer Ablehnung des Mammutprojekts ELGA allein dastehe. „Die Ärztekammer tritt schon längst geschlossen gegen eine unüberlegte und überstürzte Umsetzung des ELGA-Gesetzes ein“, so Dorner.

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Man verschließe sich nicht vor modernen Informationstechnologien und sei auch bereit, sinnvolle Modelle zu entwickeln, ein "vom Staat den Patienten und der Ärzteschaft gegen ihren Willen aufoktroyiertes elektronisches Knebelungsinstrument gehöre aber „definitiv nicht dazu“, so Dorner.

Kritik von allen Seiten

Aber nicht nur die Ärztekammer nahm Stöger ins Kreuzfeuer der Kritik. ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger pochte auf Verhandlungen mit den Betroffenen „statt Brechstange“. Selbstverständlich sollten alle elektronischen Möglichkeiten genutzt werden, das aber ausschließlich zum Patientenwohl und ohne die Vertraulichkeit zwischen Arzt und Patienten zu gefährden, so Rasinger.

Für den stellvertretenden FPÖ-Klubobmann Martin Strutz ist Stöger „aufgrund des ELGA-Chaoses“ rücktrittsreif. Er kündigte an, die Vorgänge rund um die ELGA GmbH im Parlament zu thematisieren.

Auch die Grünen kritisierten Stöger wegen des ELGA-Projektes. Stöger habe die Kritikpunkte nicht ausräumen können. „Der Kreis der Zugriffsberechtigten ist zu breit gestreut und damit ist der Schutz der sensiblen Patientendaten nicht garantiert“, sagte Grünen-Gesundheitssprecher Kurt Grünewald.

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