Psychotherapie-Akten im Altpapier

40 Aktenordner mit Psychotherapie-Honorarnoten inklusive Patientennamen und Diagnosen sind am Wochenende offen in einem Altpapiercontainer am Alsergrund gelegen. Der verantwortliche Verein hatte keine Entsorgungsfirma beauftragt.

Depression, Essstörung oder Kleptomanie: Mehrere Tausend Stück an Honorarnoten von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten samt Diagnose zur Abrechnung der Therapie auf Krankenschein fanden sich in den Containern in der Lustkandlgasse, wie die Tageszeitung „Der Standard“ berichtete.

Akten im Altpapier-Container

Christian Fischer/Der Standard

Akten lagen offen im Altpapiercontainer

Krankheiten nach ICD-10-Code angegeben

Die Unterlagen waren alphabetisch geordnet, auf den Honorarnoten aus den Jahren 2003 bis 2005 fanden sich Sozialversicherungsnummer des Patienten und die Diagnose nach dem internationalen Verzeichnis der Krankheiten, dem ICD-10. Jedes dieser Kürzel ist einfach zu googeln. Laut einem Anrainer waren die Akten von Freitagabend bis Montag also frei zugänglich, wie es im „Standard“ hieß.

Verein schiebt Verantwortung auf Reinigungspersonal

Der betroffene Verein, die Wiener Gesellschaft für psychotherapeutische Versorgung (WGPV), bestätigte gegenüber Radio Wien den Vorfall, schob die Verantwortung dafür aber auf das Reinigungspersonal ab. Eine Angestellte habe das Aufstapeln von Ordnern in den Büros als Auftrag zum Entsorgen missverstanden, so Vorstand Heinz Laubreuter. Die noch vorhandenen Akten seien am Montag wieder aus dem Container genommen worden und würden nun ordnungsgemäß entsorgt.

Schadenersatz bei Schädigung möglich

Bei dem Vorfall dürfte es sich aber jedenfalls um eine Verletzung der psychotherapeutischen Schweigepflicht handeln. Derartige Unterlagen müssten so vernichtet werden, dass kein Dritter Einsicht bekommt, wird auch Datenschutzexperte Hans Zeger im „Standard“ zitiert. Dabei müsste beispielsweise ein Reißwolf verwendet oder eine darauf spezialisierte Firma beauftragt werden. Einen derartigen Vertrag gebe es aber nicht, wie der betroffene Verein zugab.

Klar ist jedenfalls: Wird ein Patient durch diese Form der Indiskretion geschädigt, kann er auf Schadenersatz klagen. Zudem müsse der Verein nun alle möglicherweise Betroffenen informieren, so Zeger.

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