Wiener Charta soll Zusammenleben regeln

Die Stadtregierung hat am Dienstag die Wiener Charta gestartet, in der „wesentliche Grundsätze für ein gutes Zusammenleben“ festgeschrieben werden sollen. Dazu werden per Internet und in Gesprächen Ideen gesammelt, die Charta wird im November präsentiert.

Die Menschen in der Stadt miteinander ins Gespräch zu bringen sowie ihre Vorstellungen und Ideen für ein gutes Zusammenleben in Wien einzubringen - diese Ziele hat sich die Stadt Wien für die Wiener Charta gesetzt. Das Projekt ist ein Teil des rot-grünen Regierungsübereinkommens.

Keine Verordnung „von oben“

Präsentiert wurde die Charta von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) und Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ). Sie stellten dabei das „Klima des sozialen Zusammenhalts“ und den „gegenseitigen Respekt“ in den Mittelpunkt: „Wie wir im Alltag miteinander umgehen, spielt dabei eine zentrale Rolle. Das ist aber nicht per Gesetz zu verordnen. Es braucht einen gemeinsamen Nenner, auf den sich die Menschen, die in Wien leben, miteinander verständigen.“

„Es geht um Regeln des Zusammenlebens für alle, das kann nie einseitig passieren“, meinte Häupl. Die Charta sei keinesfalls nur für Zuwanderer gedacht. „Das Zusammenleben braucht einen gemeinsamen Boden, einen Grundkonsens, die eine oder andere Art von Spielregeln“, befand auch Vassilakou. Dieser Grundkonsens solle im Rahmen des größten Bürgerbeteiligungsverfahrens, das es in Wien jemals gegeben habe, erarbeitet werden.

Kontroverse Diskussionen erwünscht

Dass die Meinungen über das Zusammenleben unterschiedlich sind, soll auch in den Gesprächen zur Wiener Charta zum Ausdruck kommen. Es soll, darf und muss kontrovers diskutiert werden, hieß es bei der Präsentation: „Es geht um alle, denn Zusammenleben geht uns alle an.“ Die Wiener Charta wird mit zahlreichen Partnern umgesetzt. Darunter sind etwa Firmen, Sportvereine, der Taxifunk, die Caritas oder die Sozialpartner.

Gestartet wird die Wiener Charta mit der Sammlung von Ideen per Internet. Der Online-Dialog dauert vom 19. März bis 1. April. Darauf aufbauend werden Themenblöcke gestaltet und bei Charta-Gesprächen in ganz Wien diskutiert. Die Gespräche werden von engagierten Personen, Unternehmen und Organisationen veranstaltet.

Moderatoren bei den Charta-Gesprächen

Für jedes Charta-Gespräch werden ModeratorInnen zur Verfügung gestellt. Sie begleiten die Diskussionen, fassen die Ergebnisse zusammen und stellen sie auf die Online-Plattform. Das Online-Forum wird durch eine externe Auftragnehmerin mit Erfahrung in Sachen Bürgerbeteiligung 24 Stunden durchgehend moderiert.

Die Endphase für die Wiener Charta beginnt Ende September. Zunächst werden die Ergebnisse der Charta-Gespräche nochmals online diskutiert. Danach werden die Beiträge und Diskussionen zusammegefasst, im November wird die „Wiener Charta. Zukunft gemeinsam leben“ öffentlich präsentiert.

TV-Hinweis:

Stadträtin Sandra Frauenberger war am Dienstag in Wien heute live im Studio zu Gast.

Das fertige Produkt soll kurz und prägnant werden und, so hieß es heute, eine Art Schutzwall gegen das „Auseinanderdividieren“ unserer Gesellschaft darstellen. „Die Charta ist ein gemeinsames Einigen drauf, wie wir in der Stadt miteinander leben wollen“, so Frauenberger. Vorschriften im engeren Sinn sind aber nicht geplant: Die Vereinbarung, so wurde betont, werde keine neuen Gesetze enthalten.

FPÖ und ÖVP skeptisch

FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus bezeichnete die Wiener Charta als rot-grünes „Blabla um nichts“. Ein solidarisches Klima sowie ein gutes Zusammenleben funktioniere in der Stadt nicht, weil die SPÖ seit ewigen Zeiten unfähig ist, klare Integrationsregeln aufzustellen und diese dann auch konsequent einzufordern. Für Gudenus ist „absehbar, dass sich nach der Präsentation der Ergebnisse im November für die Wienerinnen und Wiener weiterhin nichts zum Positiven verändern werde“.

Der Wiener ÖVP-Obmann Manfred Juraczka hat den Startschuss zur Wiener Charta zwar begrüßt, in einer Aussendung aber auch von einer „reichlich späten Initiative“ gesprochen. „Wien hat seit mehr als 15 Jahren ein eigenes Integrationsressort - der Erfolgsnachweis fällt ernüchternd aus. Die Integrationsprobleme sind nicht weniger, sondern haben sich vielfach verschärft“, kritisierte Juraczka. Die Charta müsse über „bloße Floskeln hinausgehen“.

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