Erstmals Nachlass von Leopoldi zu sehen

Persönliche Dokumente, Fotos und Hunderte Liedtexte von Hermann Leopoldi zeigt die Wienbibliothek im Rathaus. Es ist das erste Mal, dass der Nachlass des Wienerlied-Komponisten zugänglich gemacht wird.

„Schnucki, ach Schnucki“ ist einer der Schlager, die aus der Feder des 1888 als Hersch Kohn geborenen Künstlers stammen. Wien war damals Reichshaupt- und Residenzstadt der Donaumonarchie. Der junge Pianist unternahm erste Tourneen mit Wiener Volkssängern und trat als Klavierhumorist auf.

Vom Kabarett ins Exil

Im Wien der Zwischenkriegszeit feiert Leopoldi seine größten Erfolge. Mit seinem Bruder Ferdinand und dem Conferencier Fritz Wiesenthal führt er das Kabarett Leopoldi-Wiesenthal in der Rotgasse. In seinen Liedern beschwört Leopoldi nicht nur Wiener Klischees, sondern kommentiert auch politische Skandale und gesellschaftliche Moden. Dabei arbeitet er mit einigen der besten Textdichter seiner Zeit zusammen, etwa Fritz Grünbaum, Peter Herz und Theodor Waldau.

Gezeigt wird in der Schau im Rathaus ein kritisches Bild des Komponisten vor dem politischen Hintergrund in Wien. War Leopoldi zunächst für die Sozialdemokraten tätig, wird er ab den 1930 Jahren für den Ständestaat propagandistisch tätig. Ab 1938 durchlebt Leopoldi das nationalsozialistische Wien. Als Jude verfolgt, kam er in die Konzentrationslager Dachau und Buchenwald, wo er den Buchwälder Marsch komponierte. Schlussendlich kann er sich ins Exil nach Amerika retten.

Hermann Leopoldi, Helly Möslein und Arthur Berger (v.l.n.r.), USA ca. 1943

Wienbibliothek im Rathaus

Hermann Leopoldi, Helly Möslein und Arthur Berger (v.l.n.r.), USA ca. 1943

Monarchie, Zwischenkriegszeit, NS-Zeit

1947 kehrt Leopoldi wieder zurück nach Wien. Jubelnd empfangen feiert er schon bald wieder große Erfolge. Eine kleine Wohnung in New York behielt er sich aber vorsichtshalber. 1959 starb Hermann Leopoldi in Wien.

Die drei Wien des Hermann Leopoldi sind nicht nur Thema der Eröffnung am Montag, bei der die Kuratoren der Ausstellung, Georg Traska und Christoph Lind, erzählen, Cornelius Obonya und Bela Koreny musikalisch begleiten. In Begleitung zur Schau ist auch das Buch „Hermann Leopoldi, Hersch Kohn Eine Biografie“ von Georg Traska und Christoph Lind erschienen.

Bis 4. Oktober bei freiem Eintritt

Der Sohn Leopoldis, Ronald, übergab den Nachlass des Komponisten und Wienerlied-Interpreten 2010 als Schenkung an die Wienbibliothek. Die erste öffentliche Präsentation orientiert sich einerseits an den Liedern Leopoldis und andererseits an drei Epochen Wiens, mit denen sein Werk untrennbar verbunden ist.

Die Ausstellung ist im Ausstellungskabinett der Wienbibliothek, 1010 Wien, Rathaus, Stiege 6, 1. Stock (Glaslift) bis 4. Oktober 2012 zu besichtigen. Der Eintritt ist frei. Die Schau ist von Montag bis Donnerstag, jeweils von 9.00 bis 18.30 Uhr, sowie am Freitag von 9.00 bis 16.30 Uhr geöffnet.

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