Missbrauch: Was tun bei Verdacht

Das Thema Kindesmissbrauch ist in den vergangenen Jahren laut einer Studie stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung gelangt. Im Verdachtsfall kann es jedoch leicht zu einer Überforderung kommen, was zu tun ist. Experten wollen mit einer entsprechenden Beratung helfen.

Die Fälle Kampusch oder Fritzl und natürlich auch die Missbrauchsvorwürfe in diversen Heimen haben das Thema Kindesmissbrauch in den vergangenen Jahren zunehmend aus der Tabuzone gebracht. Das belegt nun auch eine Studie der Karmasin Motivforschung im Auftrag des Kinderschutzzentrums „Die Möwe“. Die Bereitschaft bei einem Verdacht etwas zu übernehmen, ist demnach im Vergleich zu einer Befragung 2009 gestiegen.

Gespräche mit vertrauten Personen

Hatten bei der damaligen Befragung 63 Prozent der 1.000 Befragten angegeben, im Verdachtsfall die Polizei zu informieren, sind es aktuell bereits 68 Prozent der Befragten. 2009 gaben zudem erst 37 Prozent an, im Verdachtsfall mit vertrauten Personen zu sprechen, dieses Mal waren es bereits 40 Prozent.

Deutlich verändert hat sich auch das Verhalten der Menschen, die tatsächlich schon einen konkreten Verdachtsfall hatten. 2009 erstatteten 23 Prozent Anzeige bei der Polizei und 16 Prozent beim Jugendamt. 2011 waren es demgegenüber 29 und 21 Prozent.

Ruhe bewahren und Beratung holen

Doch das gestiegene Bewusstsein für das Thema bedeute auch, dass man die Menschen unterstützen und entsprechend über die weitere Vorgehensweise beraten müsse, betonte „Möwe“-Leiterin Hedwig Wölfl. Sofort eine Anzeige zu erstatten, sei „nicht immer das Mittel der Wahl“. Bei einer verfrühten Anzeige riskiere man, das betroffene Kind doppelt zu belasten.

Bei einem Verdacht rät die Expertin, sich zunächst selber Beratung zu holen. Die Hotline der „möwe“ ist beispielsweise unter der Telefonnummer 0800/808088 erreichbar.

Differenzierter Umgang mit Thema wichtig

Eine differenzierte Betrachtung sei jedenfalls das Um und Auf beim Thema Kindesmissbrauch, vor allem weil die Warnzeichen auch nie eindeutig seien. Schützen könne man Kinder, indem man auf plötzliche Verhaltensauffälligkeiten achtet. Dazu gehören sozialer Rückzug, aggressives oder nicht altersgemäßes, sexualisiertes Verhalten, aber auch plötzlicher Leistungsabfall. Mögliche Symptome können auch Angst vor dem Alleinsein, Schlafstörungen und Alpträume sein.

Da sexueller Missbrauch meistens innerhalb eines Abhängigkeitsverhältnisses, meist im sozialen Nahbereich, stattfinde, müsse man auch immer bedenken, dass es für Kinder besonders schwer ist, sich darüber zu äußern. „Kinder brauchen ein bestimmtes Vertrauen, um sich mitzuteilen. Ganz wichtig ist es, ihnen das Gefühl zu geben: Ich bin für dich da, ich höre zu, und über schlechte Geheimnisse darf man reden“, so Wölfl.

Aufklärungsarbeit bei Workshops

„Die möwe“ wurde 1989 als gemeinnütziger Verein gegründet. Mittlerweile leistet die Einrichtung mit fünf Kinderschutzzentren neben telefonischer und persönlicher Beratung und Psychotherapie für Kinder und Jugendliche mit Gewalterfahrungen auch psychosoziale Prozessbegleitung.

Ein wesentlicher Grundstein der Arbeit ist zudem die Präventionsarbeit. In Workshops an Schulen sollen Kindern spielerisch und altersangemessen Botschaften wie „Vertraue auf deine Gefühle“, „Über deinen Körper darfst du selbst bestimmen“, „Du darfst auch Nein sagen“ oder „Hol dir Hilfe, auch wenn es schwerfällt“ vermittelt werden.

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