BAWAG & Co.: Suche nach „Nadel im Heuhaufen“

Seit Jahren ermittelt die Justiz zu den Affären um BUWOG, Meinl & Co. Die Neuauflage des BAWAG-Prozesses wirft das Licht erneut auf die Länge der Verfahren im Bereich Wirtschaftskriminalität. Laut einem Experten muss dabei oft die „Nadel im Heuhaufen“ gesucht werden.

Warum dauert die Verfolgung von Wirtschaftskriminalität in Österreich so lange? Matthias Kopetzky, Experte für Wirtschaftskriminalität und Gutachter in derartigen Causen, ortet dafür im Gespräch mit wien.ORF.at mehrere Gründe. In derartigen Fällen „ballt sich die wirtschaftliche Kompetenz ja auch auf der Seite der Beschuldigten. Zudem hängen oftmals viele Personen mit ihren Interessen in derartigen Verfahren, auch wenn sie nicht unmittelbar beschuldigt sind.“

Hinzu kommen laut Kopetzky internationale Aspekte. Denn trotz elektronischer Vernetzung endet der Arm der österreichischen Justiz meist an der Staatsgrenze und gerade „Wirtschaftsverfahren gehen fast immer über nationale Grenzen hinweg“. Sobald ein „Auslandssachverhalt“ vorliege, können man schon mit „mindestens einem halben Jahr“ Wartezeit rechnen. Darauf habe man dann nur wenig Einfluss.

„Tendenziell relativ viele Unterlagen“

Auch sei Wirtschaftskriminalität nicht mit Mord oder Totschlag vergleichbar. „Anstatt eines Tatorts und genetischer Spuren gibt es tendenziell relativ viele Unterlagen“, so Kopetzky. Bei Hausdurchsuchungen kämen dann „einige Giga-, wenn nicht Terrabyte“ an Daten zusammen. Man benötigt „IT-Experten um an die Daten zu kommen und auch spezielle Datenbanken um diese zu untersuchen“. Dabei arbeiten sich die Ermittler oft von einem Konto zum nächsten vor - auch so vergeht Zeit. Die Arbeit gleiche dann „der Suche der Nadel im Heuhaufen“, so Kopetzky.

Wenn dann noch die mit der Causa beauftragten Personen - wie etwa Staatsanwälte - wechseln, wird es laut Kopetzky „schwierig“, da dadurch „Wissen und Zeit“ verloren gehe.

Beschuldigte setzen auf PR-Strategen

Während die Justiz durch die Amtsverschwiegenheit gebunden ist, und meist über Schritte des Verfahrens keine Auskunft geben darf, beobachtet Kopetzky, dass die Beschuldigten gezielt auf PR-Strategen setzen, um ihre Interessen zu wahren - „eine Entwicklung der letzten vier bis fünf Jahre“. Auch Anzeigen gegen Ermittler und Staatsanwälte sind nicht tabu.

Die Arbeit der seit Herbst 2011 agierenden Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) konnte Kopetzky „derzeit noch nicht beurteilen“, er beobachte aber, dass Wirtschaftsverfahren in Deutschland „meist auch nicht viel schneller“ abgeschlossen würden - auch wenn in der Regel gelte: „Ein gutes Verfahren ist ein schnelles Verfahren“.