Schafhausen wird Kunsthalle-Leiter

Der deutsche Kurator Nicolaus Schafhausen wird neuer künstlerischer Leiter der Kunsthalle Wien. Schafhausen leitete zuletzt das Kunstzentrum Witte de With in Rotterdam, den Posten in der Kunsthalle wird er am 1. Oktober antreten.

„Mit Nicolaus Schafhausen ist es uns gelungen, einen der erfolgreichsten Kunstmanager Europas für Wien zu gewinnen. Als Leiter zahlreicher Kunsteinrichtungen bringt er Führungskompetenz und -erfahrung mit und ist damit die geeignete Person für den Neustart“, freute sich Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) bei der Präsentation.

Schafhausen

APA/HERBERT PFARRHOFER

Schafhausen wird neuer Kunsthallen-Chef

Schafhausen erwartet eine spannende Aufgabe: „Die Stadt Wien mit ihrer vitalen Kunstszene, ihren vielfältigen Institutionen, ihrem aufgeschlossenen und ungewöhnlich aktiven Publikum bietet eine produktive Plattform für die Auseinandersetzung mit der Kunst der Gegenwart, ihren Fragestellungen und Ideen.“

Duo mit Hühnel-Benischek

67 Bewerbungen hatte es gegeben, der Posten wurde mittels Jury und Hearings ermittelt. Schafhausen erhält einen Fünf-Jahres-Vertrag. Zuletzt leitete er bis Ende 2011 das zeitgenössische Kunstzentrum Witte de With in Rotterdam, davor war er unter anderem auch im Künstlerhaus Stuttgart und im Frankfurter Kunstverein tätig.

Zweimal kuratierte Schafhausen den deutschen Beitrag zur Biennale in Venedig. Auf der 52. Kunstbiennale präsentierte er 2007 unter viel Beifall Isa Genzkens Projekt „Oil“, 2009 wurde seine Zusammenarbeit mit dem Briten Liam Gillick heiß diskutiert. Dass er erstmals einen Nicht-Deutschen den Venedig-Auftritt gestalten ließ, brachte Schafhausen vor allem aus Deutschland viel Kritik ein.

Gemeinsam mit der kaufmännischen Geschäftsführerin Ursula Hühnel-Benischek wird er künftig ein Leitungs-Duo bilden. Hühnel-Benischek wurde im Mai bestellt - mehr dazu in Kunsthalle: Kaufmännische Leitung fix.

„Immer gerne Probleme gelöst“

Als „Schlussstein“ in der Neustrukturierung der Kunsthalle Wien hat Kulturstadtrat Mailath-Pokorny die Einsetzung von Schafhausen als neuem künstlerischen Leiter bezeichnet. Für die Kunsthalle prognostizierte er eine „interessante, aufregende, auf jeden Fall gesicherte Zukunft“ prognostiziert.

Schafhausen ist sich seiner Aufgabe und der turbulenten Vergangenheit des Hauses durchaus bewusst, wie er bei der Pressekonferenz am Donnerstag zu erkennen gab: „Ich habe immer sehr gerne Probleme gelöst.“ Die Ermittlungen gegen Matt und den ehemaligen Vorstand des damaligen Trägervereins der Kunsthalle interessieren ihn auf einer „abstrakten“ Ebene, wie Schafhausen meinte. „Vielleicht mache ich eine Ausstellung zu Recht und Demokratie.“

Er wolle sich aber auf jeden Fall nicht die kommenden fünf Jahre mit den Altlasten herumschlagen, sondern die Kunsthalle sichtbarer und bekannter machen - „jenseits des Skandals“ und „gemeinsam mit den Mitarbeitern“. Schafhausen: „Die Kunsthalle macht erste Reihe Programm, sitzt aber in der zweiten Reihe.“

Ideenentwicklung vorerst im Mittelpunkt

Für das Haus im Museumsquartier sollen nun einmal Ideen entwickelt werden. „Mich interessieren diskursive Themen, die provokanten Ursprungs sein können, ohne dann populistisch zu sein“, meinte Schafhausen. Vorstellen könnte er sich eine Ausstellung mit dem französischen Autor Michel Houellebecq zur „Möglichkeit einer Insel“, weil er das wohlhabende Wien beinahe als Insel wahrnehme.

Die Stadt habe sich in den vergangenen 20 Jahren sehr verändert, aber noch keine zeitgenössische Identität gefunden und keine Visionen formuliert. Auch das könnte ein Ausstellungsthema werden.

Für Mailath-Pokorny bringt Schafhausen „gute Voraussetzungen mit, um ein zeitgenössisches, städtisches Ausstellungshaus in Wien leiten zu können“. Eine Voraussetzung könnte auch eine enge Verbindung zur Ursula Blickle Stiftung sein, die vor einer Woche den Unterstützungsvertrag mit der Kunsthalle gekündigt hat und in deren Vorstand Schafhausen lange saß.

Rücktritt wegen Leitungs-Duo

Hinsichtlich der Prüfberichte und der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den früheren Direktor Gerald Matt und den ehemaligen Vereinsvorstand wiegelte Mailath-Pokorny im Rahmen der Pressekonferenz ab: „Es gibt mittlerweile Regale von Prüfberichten, nun sind die Behörden am Zug.“

Matt soll Mittel der Kunsthalle für eigene Zwecke verwendet und damit den Tatbestand der Untreue erfüllt zu haben. Er soll etwa Mitarbeiter für private Tätigkeiten herangezogen und überhöhte Reisekosten und Spesenabrechnungen verrechnet haben.

Matt war im März zurückgetreten, da er die Trennung in eine künstlerische und eine kaufmännische Leitung als „nicht sinnvoll“ betrachtete - mehr dazu in Kunsthalle: Gerald Matt tritt zurück.

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