Regenbogenparade als „Volksfest“
„Das war eine der bestbesuchten Paraden überhaupt. Wir hatten Probleme voranzukommen, weil so viele Menschen auf der Straße waren“, zog er Bilanz. In den vergangenen Jahren habe die Teilnehmerzahl stagniert.
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Unfreiwilliger Zwischenstopp
Außerdem musste der Zug aufgrund einer Gegendemo einen unfreiwilligen Zwischenstopp einlegen. Bei der Oper wurde die Parade circa eine Viertelstunde lang angehalten, weil eine Gruppe „rosenkranzbetender Christen“ gegen die Veranstaltung demonstrierte, berichtete Högl. Also eine Gegendemo zur Demo, denn die Regenbogenparade hat trotz Partystimmung einen politischen Hintergrund. Die Teilnehmer demonstrieren gegen die Diskriminierung Homosexueller und Transgender-Personen.
Die Parade unter dem Motto „Born This Way“ soll zu einem öffentlichen Bekenntnis einladen und auch heterosexuelle Menschen gleichermaßen ansprechen und einschließen.
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Erstmals komplette Runde um den Ring
Der Menschenzug war am Nachmittag auf dem Ring unterwegs - heuer wieder in Fahrtrichtung. Die Prachtstraße wurde dabei erstmals komplett umrundet. Start und Ziel war das Rathaus. Ob die Route im kommenden Jahr wieder so verlaufen wird, ist noch offen:"Das wissen wir noch nicht", so Högl. Angeführt wurde der Tross von der Motorradtruppe Dykes on Bikes. Ihnen folgten zwei Straßenbahnen der Wiener Linien. Diese waren in den Regenbogenfarben bemalt. Dann kam der Rest der 43 Gruppen, darunter mehrere Trucks und bunt geschmückte Gefährte.
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In Sachen Styling zeigten die Teilnehmer heute wieder viel Fantasie: Es gab Dragqueens, Teufel, Engel, Nonnen, Schlümpfe, knapp bekleidete Sambatänzerinnen, aber auch viel nackte Haut und bunt bemalte Körper zu bewundern.
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„Brauchen mehr Regenbogenfamilien“
Bei der Schlusskundgebung am Rathausplatz, der „Pride Show“, versprach Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) sich weiterhin für die Rechte von Homosexuellen einzusetzen, etwa was den Kinderwunsch betrifft: „Wir brauchen ganz einfach mehr Regenbogenfamilien in diesem Land.“ Die grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek forderte die Zuhörer auf: „Nehmt’s diese Freude, diese Energie, die wir tanken mit in den Alltag.“ Denn dieser sei kein leichter.
Die Wiener Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) unterstrich: „Diese Parade ist nicht nur ein Fest, sondern auch ein politisches Statement gegen Ausgrenzung, gegen Diskriminierung und für Akzeptanz und Solidarität.“ Und Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) zeigte sich zuversichtlich, dass die einzige Bastion, die es noch gebe, „sicher fallen wird in den nächsten Jahren“. Dabei handelt es sich um die Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule. Die Kundgebung fand heuer zum zweiten Mal am Rathausplatz statt und wurde vom Verein CSD Vienna organisiert.
Der politische Hintergrund der Regenbogenparade war nicht nur bei der Schlusskundgebung, sondern auch während des Umzugs ersichtlich. Auf Plakaten der Teilnehmer waren Forderungen wie „Andersrum ist nicht verkehrt“, „Freie Wahl des Geschlechts ohne Diskriminierung und Diffamierung“ zu lesen.
Verschiedene Namen, ein Ziel
Die Parade findet in Erinnerung an das erste Aufbegehren von Lesben und Schwulen gegen polizeiliche Willkür im Juni 1969 in der New Yorker Christopher Street statt – weshalb in vielen Ländern ähnliche Veranstaltungen auch CSD (Christopher Street Day) genannt werden.
Erste Parade 1996
1977 wagten Schwule beim Pfingsttreffen erstmals den Schritt an die große Öffentlichkeit. Im Wissen, dass eine offizielle Demonstration niemals genehmigt würde, machten sich die Männer zu einem locker inszenierten Spaziergang in die Innenstadt auf, der für Erstaunen bei der Bevölkerung sorgte.
In den 1980er Jahren gab es in Wien immer wieder Aktionen und Kundgebungen von Schwulen und Lesben. Es wurden „warme Wochen“ und etwa ein Hochzeitsumzug durch die Innenstadt abgehalten. 1996 fand dann die erste Regenbogenparade mit 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt.
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„Gleichberechtigtes Leben“ ist Ziel
Auch wenn Partystimmung herrscht, hat die Veranstaltung einen politischen Charakter. „Wir verfolgen klare Ziele, die ein gleichberechtigtes Leben ermöglichen sollen“, erklärte Andreas Salat, Obmann des Organisationsvereins CSD Vienna. Die Situation für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen habe sich zwar in den vergangenen Jahren verbessert, trotzdem existiere nach wie vor Diskriminierung.
Auch Kinder von gleichgeschlechtlichen Paaren, die in sogenannten Regenbogenfamilien leben, „befinden sich noch immer im rechtsfreien Raum. Da gehört dringend etwas gemacht“, so Högl.
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Die Veranstaltungen „sind auch ein starkes Signal, dass Wien eine Stadt ist, in der die Kultur der Toleranz und Gleichberechtigung aktiv gelebt wird. Das hat auch aus touristischer Sicht großen Wert“, sagte Walter Straßer vom Wien Tourismus. Dort versucht man „schon seit mehreren Jahren aktiv“ die meist zahlungskräftige Schwul-Lesbische-Community anzusprechen.