Küssel-Prozess erneut vertagt

Der Prozess gegen Gottfried Küssel wegen Wiederbetätigung hat am Dienstag nicht fortgesetzt werden können. Nachdem zwar ein Vertagungsantrag abgelehnt wurde, griff die Verteidigung zu anderen Mitteln, um den Prozess hinauszuzögern.

Richterin Martina Krainz hatte zuerst eine Vertagungsbitte von Verteidiger Herbert Orlich, der einen der beiden Zweitangeklagten neben Küssel vertritt, abgelehnt. Daraufhin kündigte dieser nach offensichtlich vorangegangener Absprache mit Orlich seinem Anwalt die Vollmacht. Da in Geschworenenverfahren zwingend ein Rechtsbeistand vorgesehen ist, konnte nicht weiter verhandelt werden.

Zwischenbericht soll Mitangeklagte belasten

Hintergrund des „anwaltlichen Notwehrrechts“, wie Küssels Rechtsvertreter Michael Dohr diesen Schritt gegenüber Journalisten verteidigte: Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hatte dem Gericht einen brisanten Zwischenbericht vorgelegt, den die Verteidiger ihrer Darstellung zufolge erst am Montag zur Kenntnis bekommen hatten. Aus ihrer Sicht war damit keine ausreichende Vorbereitungszeit gegeben.

Küssel vor Gericht

APA/Pfarrhofer

Kurzer Prozesstag für Küssel

Der mit 6. Juni datierte Zwischenbericht des BVT umfasst 33 Seiten. Inhaltlich ist er deshalb interessant, da es den Verfassungsschützern mit Expertenhilfe gelungen ist, die auf einer Computerfestplatte des Drittangeklagten gespeicherten Daten zu entschlüsseln. 2.351 bis dahin geschützte E-Mails konnten damit gelesen werden.

Dem Vernehmen nach sollen diese die Mitangeklagten belasten. Bestätigen wollte das aber weder die Staatsanwaltschaft noch die Verteidigung.

Absprache mit Mandanten als „Fairnessgebot“

Verteidiger Orlich erklärte aber, man wolle in der Verhandlung die Angeklagten offenbar mit neuen Ermittlungsergebnissen des BVT „konfrontieren und überraschen“. Für ihn sei es unumgänglich, den Bericht zu prüfen und mit den Mandanten zu besprechen. „Eine Überrumpelung der Angeklagten und ihrer Verteidiger wäre ein schwerer Verstoß gegen das in der MRK verankerte Fairnessgebot“, so Orlich.

Nächster Termin am 12. Juli

Das Gericht hatte am bisher letzten Verhandlungstag einem Beweisantrag der Verteidigung Folge geleistet. Daher sollte ein an der Technischen Universität tätiger Ziviltechniker als Sachverständiger die weitere Verhandlung begleiten.

Als weitere Prozesstage waren zuletzt der 12. Juli und der 20. August festgelegt worden. Sollte der Zweitangeklagte nun rasch einen neuen Anwalt finden, dürften diese geplanten Verhandlungstermin nicht gefährdet sein - mehr dazu in Küssel-Prozess auf 26. Juni vertagt.

Hitlergruß blieb ohne Folgen

Verteidiger Orlich hatte bereits beim letzten Verhandlungstag für Aufregung gesorgt. Er hatte bei der Befragung eines Zeugen eine Beschreibung des Hitlergrußes verlangt und dann selbst die Hand zum Hitlergruß erhoben. Die Staatsanwaltschaft Wien wird aber kein Verfahren einleiten, weil „davon auszugehen ist, dass das in Ausübung der Verteidigerrechte passiert ist“, so ein Sprecher.

Auch disziplinarrechtlich wird es keine Folgen geben. Rupert Wolff, Präsident der Österreichischen Rechtsanwaltskammertags, sagte, „wenn bestimmte Gesten prozessgegenständlich sind, habe ich dafür Verständnis, dass ein Verteidiger in Ausübung seines Berufs zu bestimmten Mitteln greift“.

Keine Aussage von Küssel

Am zweiten Prozesstag hatten sich alle drei Angeklagten für nicht schuldig bekannt. Gottfried Küssel gab keinen Kommentar ab, mit der Begründung: „Da die Anklage falsch ist, muss ich mich der Aussage entschlagen.“ Auch der Zweitangeklagte entschlug sich der Aussage.

Polizeiprotokolle von Einvernahmen Küssels wurden vorgelegt, er hatte dabei wiederholt jede Urheber- und Betreiberschaft für die Website Alpen-donau.info und das dazugehörige Forum Alinfodo.com bestritten - mehr dazu in Keine Aussage von Küssel.