Beschneidung: Experten warnen vor Langzeitfolgen

Mediziner und Psychologen warnen vor Langzeitfolgen für das männliche Selbstwertgefühl nach einer religiös motivierten Beschneidung. Auch Traumata und Störungen des sexuellen Empfindens könnten auftreten.

Bei der Beschneidung werde „hochsensibles Gewebe“ entfernt und damit auch die Sexualität „beschnitten“, argumentieren die Gegner. Die Vorhaut sei der empfindlichste Teil der männlichen Sexualorgane. Dass an Babys und Kindern heute noch Beschneidung ohne Anästhesie praktiziert wird, sei schlicht „inakzeptabel“.

„Massiver Eingriff“

Der Urologe Florian Wimpissinger sprach von einem „massiven Eingriff“, der zu sexuellen Langzeitfolgen führen könne. Beschneidungen aus nicht medizinischen Gründen sind für den Experten gleichzusetzen mit plastisch-chirurgischen Eingriffen.

„Es ist üblicherweise so, dass die Beschneidung Probleme verursacht hat, mit denen Erwachsene noch zu kämpfen haben“, ist auch der Sexualmediziner Georg Pfau der Meinung. Dabei gehe es vor allem um sexuelle Identität und Selbstwert. Für den Experten gelten die Argumente der besseren Hygiene und der Krebsprävention nicht. Diese dürfe nur bei nicht anders therapierbaren Krankheiten angewendet werden: „Zuerst die Diagnose und dann die Therapie, alles andere ist für uns Ärzte nicht möglich.“

Traumatisierende Effekte

Die Psychotherapeutin Christa Pölzlbauer ging auf mögliche traumatisierende Effekte ein: So könne Beschneidung in der frühen Kindheit etwa zu Kastrationsangst führen, argumentierte sie mit der Psychoanalyse. Langzeitwirkungen wie diese würden nicht nur aus religiösen, sondern auch aus gesellschaftlichen Gründen selten thematisiert.

Der Kinderarzt und Jugendpsychiater Klaus Vavrik argumentierte mit der UNO-Kinderrechtskonvention. Bei allen Maßnahmen müsste das Kindeswohl im Vordergrund stehen, besage diese. Rechtlich geklärt werden müsse nun, wo die Grenze zur Körperverletzung beginnt.

Kölner Urteil: Körperverletzung

Ende Juni hatte das Kölner Landgericht die Beschneidung als strafbare Körperverletzung gewertet und damit international einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.

IKG: „Status quo belassen“

Die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) ist derzeit mit der Organisation einer staatenübergreifenden Koordinationsgruppe betraut, so IKG-Präsident Oskar Deutsch am Montag. Er zeigt sich zuversichtlich, die Debatte im Sinne der jüdischen Gemeinden entscheiden zu können.

Deutsch glaubt, „dass der gesetzliche Status quo in Österreich belassen und auch in Deutschland ein Gesetz zum Schutz der religiösen Beschneidung bei Männern verabschiedet werden wird“ - mehr dazu in IKG startet internationale Vernetzung (religion.ORF.at).

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