MedUni: Klagen gegen Gender-Auswertung

Erstmals seit sechs Jahren haben nach dem Eignungstest für die MedUni Wien mehr Frauen als Männer Zugang zum Medizinstudium bekommen. Abgewiesene Männer führen dies auf das Auswertungssystem zurück und wollen nun die MedUni klagen.

4.370 Bewerber und Bewerberinnen nahmen am 6. Juli in der Messe Wien am Eignungstest für einen Studienplatz an der Medizinischen Universität (MedUni) Wien teil. 55,9 Prozent Frauen und 44,1 Prozent Männer erhalten einen der 740 Studienplätze an der MedUni Wien. 80 Plätze davon sind für Studierende der Zahnmedizin reserviert. Gegen diese Aufteilung läuft jetzt ein Sturm der Entrüstung.

Rund 100 Beschwerden bei ÖH

Hintergrund sind die Ergebnisse der vergangenen sechs Jahre, in denen immer mehr Männer als Frauen Zugang zum Studium bekamen. Die MedUni entschloss sich daher, den Test für Frauen und Männer getrennt auszuwerten. Dabei können Frauen trotz identer Punktezahl einen höheren Testwert als Männer erreichen und deshalb einen Studienplatz bekommen.

Nicht ganz unerwartet regt sich nun der Protest. Rund 100 Beschwerden abgewiesener Männer sind bei der HochschülerInnenschaft (ÖH) bisher eingelangt. Vorsitzender Christian Orasche rechnet damit, dass einige von ihnen den Weg durch die Instanzen bis zum Verfassungsgerichtshof gehen werden. In Internet-Foren sei von Benachteiligung zu lesen, es werde von Sexismus, Diskriminierung und Betrug gesprochen, hieß es im ORF-Radio. Doch nicht nur Männer, auch Frauen kritisieren demnach die Auswertung und sagen, sie wollen keine Quotenfrauen sein.

Eignungstest

APA/Georg Hochmuth

4.370 Bewerber zum Medizinstudium in Wien

Juristen über Chancen einer Klage uneins

Juristisch betrachtet scheinen die Klagen aber keine klare Sache zu sein. Verfassungsrechtler Heinz Mayer schlägt sich juristisch auf die Seite der Männer und hält eine Klage für nicht aussichtslos. Die jungen Männer müssten gegen den abweisenden Bescheid, mit dem sie nicht aufgenommen worden sind, Rechtsmittel ergreifen und sich dann an den Verfassungsgerichtshof werden.

Verfassungsjurist Theo Öhlinger sieht die Sachlage konträr und hält die neue Auswertungsmethode für „im Prinzip rechtlich zulässig“, weil er offensichtlich Benachteiligungen ausgleiche, die der Test für Frauen gebracht hat.

ÖH-Vorsitzender Orasche sprach von einer „überstürzten politischen Entscheidung“, das Auswertungsverfahren einzusetzen. Zwar sei auch die ÖH für einen gendergerechten Aufnahmetest, die unterschiedlichen Ergebnisse von Frauen und Männern seien aber vor allem im Schulsystem zu suchen.

Kein „Plan B“ in der Schublade

Die ÖH will nun auf politischen und medialen Druck setzen. Auswirkungen auf die diesjährige Platzvergabe dürften die Klagen eher nicht haben. Der Weg durch die Instanzen sei ein langwieriger, zudem stehe nicht fest, ob die ÖH die Kläger überhaupt finanziell unterstützen darf.

Die MedUni Wien will es notfalls auf eine Klage ankommen lassen, man habe sich vor Änderung des Auswertungssystems rechtlich abgesichert, sagte Thomas Angerer, Sprecher der MedUni Wien. Es gebe auch keine Rücklagen für etwaige Schadensersatzforderungen oder zusätzliche Studienplätze. Einen Plan B - sollte doch ein abgewiesener Student klagen und recht bekommen, gibt es nicht.

Neuer Eignungstest schon ab 2013

Die Diskussion um die Auswertung könnte aber eine akademische Diskussion bleiben. Denn der seit 2006 angewandte Eignungstest Medizinstudium soll bereits im kommenden Jahr durch ein neues Verfahren ersetzt werden. Derzeit arbeiten die drei österreichischen Medizin-Unis in Wien, Graz und Innsbruck gemeinsam an der Entwicklung eines Testverfahrens, das schon 2013 erstmals an allen drei Universitäten zum Einsatz kommen soll.

„Wir wollen einen Test erarbeiten, der fair gegenüber den verschiedensten Gruppierungen und psychometrisch validiert sowie technologisch hochwertig ist“, erklärt Martin Arendasy, Leiter des Arbeitsbereichs Psychologische Methodik an der Universität Graz und externer Experte der Arbeitsgruppe zur Entwicklung des neuen gemeinsamen Testverfahrens.

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