Wahlrechtsreform bringt Hürde in Bezirken

Bis Jahresende will die Wiener Stadtregierung die Wahlrechtsreform unter Dach und Fach bringen. Eine Neuerung sieht auch auf Bezirksebene eine Fünf-Prozent-Hürde vor. Davon erwartet sich das Rathaus klarere Entscheidungsstrukturen in den Bezirksvertretungen.

„Ich halte das für legitim, denn die Bezirke haben sehr viele Aufgaben zu erfüllen, etwa die Erhaltung von Straßen, Schulen, Parks und Amtsgebäuden. Da ist es sehr zweckmäßig, wenn es schnell zu einer Mehrheitsbildung kommen und die Entscheidungsbildung beschleunigt werden kann“, sagte SPÖ-Klubobmann Rudolf Schicker. Für Kleinparteien wird es dadurch aber schwerer, ins Bezirksparlament zu kommen: Bisher gibt es keine Prozenthürde für den Sprung ins Bezirksparlament.

Außerdem soll in den Bezirksvertretungen gespart werden. Statt wie bisher zwei soll ein Bezirksvorsteher künftig nur noch einen Stellvertreter haben. Anspruch darauf hat die stärkste Bezirksfraktion. Derzeit stellt die zweitstärkste Fraktion den zweiten Stellvertreter, der künftig eben wegfällt.

Harter Brocken Verhältniswahlrecht

Unklar ist noch, wie es mit dem Verhältniswahlrecht im Landtag weitergeht. Denn das derzeitige System bevorzugt größere Parteien überproportional. So ist es möglich, mit 43 Prozent der Stimmen eine Alleinregierung zu bilden. Davon will Schicker - „Da muss ich ehrlich bleiben“ - auch nicht abrücken. Als Begründung gegen eine 1 zu 1-Umlegung des Stimmenanteils auf die Mandatszahl führte Schicker an, dass die Regierbarkeit schwer beeinträchtigt wäre, würden alle Kleingruppierungen ins Stadtparlament kommen.

Angedacht sind bei der Wahlrechtsreform auch die Abschaffung der nicht amtsführenden Stadträte, die von der Opposition gestellt werden, sowie eine Ausweitung des Wahlrechts für EU-Bürger. Beides brauche wahrscheinlich eine Änderung der Bundesverfassung. Wenn es diese nicht gebe, dann würden diese Punkte auch nicht ins Wiener Gesetz kommen, so Schicker.

Briefwahl wird reformiert

Hingegen schon fix im Reformpaket ist die Angleichung der Briefwahlregelung an die des Bundes. Bei der nächsten Wien-Wahl, geplant für das Jahr 2015, müssen dann alle Wahlkarten spätestens bis zum Wahltag bei der Behörde eingelangt sein.

Man sei in allen Punkten mit den Grünen „weitestgehend klar“, versicherte Schicker. Nun würden noch intensive Gespräche mit der FPÖ und der ÖVP folgen, um einen möglichst breiten Konsens zu finden. Noch im Herbst sollen dann die Änderungen Gesetz werden.

Kritik an Verhältniswahlrecht

Einige Punkte der Ankündigung Schickers seien „durchaus begrüßenswert“, sagte ÖVP-Landesparteiobmann Manfred Juraczka, etwa die Reformen im Persönlichkeitswahlrecht und bei der Briefwahl. Anders hingegen beim Verhältniswahlrecht: Es werde weiterhin möglich sein, mit weit unter 50 Prozent Stimmenanteil eine absolute Mandatsmehrheit zu erhalten. Damit bleibe weiterhin in Wien nicht jede Stimme gleich viel wert, so Juraczka - „und die Grünen schweigen lautstark“.

FPÖ-Gemeinderat Dietbert Kowarik kritisierte, dass „das wesentlichste Thema, die Einführung eines fairen Verhältniswahlrechtes, offensichtlich weiterhin nicht angegangen“ werde. „Dafür macht sich die Stadtregierung Sorgen um klare Entscheidungsstrukturen und fünf Prozent-Hürden in den Bezirken - vollkommen lächerlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es zur Zeit in ganz Wien sechs Bezirksräte von insgesamt 1.112 gibt - das sind 0,54 Prozent, die mit einer fünf Prozent-Hürde nicht gewählt worden wären“, so Kowarik in einer Aussendung.

Das Wiener BZÖ kritisierte die angekündigte Fünf-Prozent-Hürde in den Bezirken. Hätte diese bereits bei der letzten Wien-Wahl gegolten, hätte es das BZÖ in keine einzige Bezirksvertretung geschafft. Obmann Michael Tscharnutter reagierte daher empört auf das „rote Diktaturpaket“ und sprach von „Allmachtsansprüchen“ von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ).

Link: