Kellerleichen-Prozess: Liveticker zum Auftakt

Der Kriminalfall rund um die 34-jährige Estibaliz C. ist einer der spektakulärsten dieses Jahres. Zwei Männer hat die Spanierin erschossen und zerstückelt. wien.ORF.at berichtete zum Prozessauftakt im Liveticker.

15.58 Uhr: Richterin Susanne Lehr schließt den ersten Verhandlungstag ab.

Erster Prozesstag endet mit Zeugenaussagen

14.54 Uhr: Der Prozess wurde unter anderem mit jenen Zeugen fortgesetzt, die die Leichenteile im Keller gefunden haben. Aufgrund von notwendigen Installationsarbeiten sei das Kellerabteil aufgebrochen worden, so ein Zeuge. Man sei dann über die Tiefkühltruhen im Keller erstaunt gewesen und habe sich gefragt wieso sie nicht entsorgt worden sind. Dann habe man einen ebenfalls dort gelagerten Müllsack aufgeschnitten und einen üblen Geruch wahrgenommen. Daraufhin wurde die Kriminalpolizei alarmiert, die die Leichenteile sicherstellte. Kurz darauf habe man bereits spekuliert, dass es sich dabei um den vermissten Manfred H. handeln könnte.

Ebenfalls zu Wort kam eine langjährige Reinigungsangestellte, die im Eissalon und später auch in der Wohnung von Estibaliz C. tätig war. Sie habe mit der Angeklagten nicht über private Dinge gesprochen, daher auch nicht über die vermissten Männer. Über Manfred H. könne sie nur sagen, dass er ein „strenger Mensch“ gewesen sei. Er habe es immer „sehr sauber“ haben wollen. Bei der Eröffnung des Salons habe er beispielsweise darauf bestanden, dass nochmals alles geputzt werden müsse, obwohl es schon sauber war. Er sei oft auch sehr laut geworden.

Weiters sagte unter anderem jener Taxifahrer aus, der Estibaliz C. am 7. Juni 2011 auf ihrer Flucht nach Italien brachte. Die Frau habe von Problemen gesprochen und er habe ihr helfen wollen. Deshalb checkte er schließlich auch mit seinem Namen in einem Hotel in Italien ein. Auf ihn habe sie ganz „normal“ und ruhig gewirkt, erst bei der Nachfrage nach ihren Problemen sei sie unruhig geworden.

Estibaliz C.: „Alles falsch, was ich gemacht habe“

13.52 Uhr: Der Prozess geht nach einer Mittagspause mit der Befragung von Estibaliz C. weiter. Nochmals zu den Beziehungen zu den beiden Opfern befragt, beginnt sie zu weinen und bezeichnet sich als „Miststück“. Dieses Gefühl werde sie immer haben. Intellektuell würde sie jetzt einsehen, dass es viele Möglichkeiten gegeben hätte, die Beziehungen zu beenden, damals sei das aber anders gewesen. Es sei alles falsch gewesen, was sie gemacht habe und sie versuche auch nichts zu verschönern, so Estibaliz C.. Sie habe sich nach den Taten miserabel gefühlt, hätte aber nicht den Mut gehabt, sich das Leben zu nehmen.

Wovor sie Angst gehabt hätte, fragt die Staatsanwältin mehrmals. Als Antwort sagt Estibaliz C. einmal: Wie Manfred M. mit ihr umgegangen sei, das wäre Psychoterror gewesen. Sie sei ständig runter gemacht und gekränkt worden, man habe es ihm nie recht machen können. Dennoch sei es falsch gewesen, was sie gemacht habe und es tue ihr unendlich leid.

Sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch von einem Geschworenen wird Estibaliz C. damit konfrontiert, dass es aber den Anschein habe, dass sie sich vor allem selbst leid tue und sie keine wirkliche Reue den Opfern gegenüber zeige. Die Angeklagte weint daraufhin und meint, sie sei gekommen, um die Schuld auf sich zu nehmen, sie könne nichts schön reden. Was sie getan habe, sei widerlich und egal was und wie sie es jetzt mache, es sei falsch.

Zweites Opfer als „Gott“ gesehen

11.44 Uhr: Im Mai 2009 gab es dann erstmals wieder Kontakt zu Manfred H.. Er sei damals in den Eissalon gekommen und habe gesagt, er hätte jetzt doch den Mut, eine Beziehung mit ihr einzugehen. Und obwohl er sie und ihre Mitarbeiter gedemütigt und schlecht behandelt habe, sei sie in ihn verliebt gewesen und habe ihn „als Gott“ gesehen. 2010 wurde ihr dann klar, dass Manfred H. sie betrügt und er habe seine Bekanntschaften auch immer weniger geheim gehalten. Zuletzt habe sie sogar Kosmetikprodukte anderer Frauen im Badezimmer gefunden. Dennoch habe sie Manfred H. zurückgewinnen wollen, gleichzeitig hätte es erste Gedanken gegeben, ihn zu töten.

Prozess um Kellerleichen: Die mutmaßliche Doppel-Mörderin Estibaliz C. (M.) mit ihren Anwälten Werner Tomanek (l.) und Rudolf Mayer am ersten Prozesstag

APA/Helmut Fohringer

Estibaliz C. mit ihren Verteidigern

Anfang 2010 entdeckte sie dann eine Kontaktanzeige von Manfred H., in der er eine neue Freundin suchte. Die Frage der Richterin, ob sie deshalb auch gleichzeitig wieder das Schießtraining aufnahm, verneinte Estibaliz C.: Das sei ein Befreiungsgefühl und Entspannung gewesen, Assoziationen zur ersten Tat hätte sie dabei nicht gehabt. In dieser Zeit habe es dann aber „Klick“ gemacht und sie habe aufgrund der finanziellen Abhängigkeit von Manfred H. keinen anderen Ausweg mehr gesehen und begonnen, die Tat zu planen.

Am Abend vor der Tat sei er von einer Geliebten gekommen und dann mit ihr gemeinsam ins Museumsquartier gegangen. Dort habe Manfred H. mit einer anderen Frau geflirtet, zuhause kam es dann zum Streit und er sei ausgerastet. Sie habe gehen wollen, aber das habe er nicht gewollt, ihr gedroht und er sei schließlich schlafen gegangen. Damit war der Streit für ihn laut Estibaliz C. beendet. Das habe sie so wütend gemacht und dann habe sie die Waffe geholt und geschossen. Auch wenn sie schon daran gedacht und auch diverse Einkäufe gemacht hatte, sie habe nie geglaubt, dass es nochmals so weit kommen würde, so die Angeklagte im Zeugenstand.

Die Richterin nahm weiters auch Bezug auf ihren derzeitigen Ehemann Roland R. und fragte, ob sie nicht auch bei ihm Angst hätte, ihm etwas anzutun. Das würde nicht passieren, weil er sie nie schlecht behandeln würde und kein Macho sei, so Estibaliz C.. Abgesehen davon meinte sie: „Bevor ich noch einmal jemanden etwas antun würde, hänge ich mich auf.“ Sie habe aber Angst davor, dass diese gewalttätigen Gedanken in einer anderen Situation wieder kommen könnten. Im Unterschied zur Vergangenheit würde sie sich aber Hilfe suchen und diese Gedanken auch ehrlich kommunizieren, auch wenn ihr dadurch ein Nachteil entstehen würde. Sie wolle nie mehr jemanden etwas antun.

Angeklagte schildert erste Tat: „Horrorszenario“

11.24 Uhr: Als es zur ersten Tat kam habe sie keinen anderen Ausweg gesehen, Holger H. aus ihrem Leben zu bekommen. Daher habe sie eine Waffe vom Regal genommen - das Opfer sei ihren Angaben nach ein „Waffennarr“ gewesen - und geschossen. Sie habe seit Monaten bei den Konflikten daran gedacht, ihn zu erschießen, aber sie habe nie geglaubt, dass sie es tatsächlich umsetzen könnte. Sie sei schockiert gewesen und habe nicht glauben können, dass sie das tatsächlich getan habe. Sie war überzeugt, dass er gleich wieder aufstehen würde. Dann habe das Handy geläutet und man habe ihr gesagt, dass sie im Eissalon gebraucht werde. Dann habe sie nur mehr ferngesteuert reagiert und eine Maske aufgesetzt, damit keiner etwas bemerkt.

Prozess um Kellerleichen: Richterin Susanne Lehr vor Beginn des ersten Verhandlungstages im Kellerleichen-Prozess

APA/Helmut Fohringer

Richterin Susanne Lehr

Sie sei überzeugt gewesen, dass bald die Polizei kommen werde. Die Nachbarn müssten ja die Schüsse gehört haben, aber es kam niemand. Am nächsten Tag habe sie erstmals versucht, die Leiche in eine Tiefkühltruhe zu geben, das habe sie aber nicht geschafft. Dann versuchte sie, die Leiche zu verbrennen, aber auch das funktionierte nicht. Erst dann sei sie auf die Idee gekommen, die Leiche zu zerstückeln. Daraufhin habe sie eine Kettensäge gekauft und den Körper zerteilt. Das sei „furchtbar“ gewesen. Tage später habe sie noch geputzt, es sei ein „Horrorszenario“ gewesen und sie habe den Geruch von Blut nicht aus der Nase bekommen. Auch den Beton habe sie deswegen dazu gegeben, weil sie glaubte, dass es immer noch riechen würde. Bekannte halfen ihr dann die Tiefkühltruhe in den Keller zu tragen. Ihnen erzählte Estibaliz C., dass es sich dabei um einen Sabotageakt von Unbekannten handelte und sie die Truhe mit dem Beton im Keller als Beweisstück aufbewahren müsste.

Estibaliz C. bekennt sich schuldig

10.09 Uhr: Estibaliz C. wird in den Zeugenstand gerufen und bekennt sich schuldig. Anschließend erzählt sie von ihrer Kindheit. Ihr Vater sei ein Tyrann gewesen und die Mutter habe sie nur im Extremfall verteidigt. Der Vater habe beispielsweise keinen Lärm geduldet, sie habe quasi nicht existieren dürfen. Sie wollte seit ihrer eigenen Kindheit eine Familie und Kinder haben. Ihr Vater habe sie zum Gegenteil erziehen wollen, er habe gewollt, dass sie nur arbeite, hart sei und keine Gefühle zeige.

Estibaliz C. erzählt von ihrem ersten Freund in Spanien. In dieser Beziehung habe sie erstmals Mordfantasien gehabt. Sie hätte sich einen Autounfall oder eine Manipulation der Therme überlegt, um den Mann verlassen zu können. Auf die Frage der Richterin, warum sie sich da keine Hilfe geholt habe, meinte Estibaliz C.: „Ich dachte es liegen Welten zwischen diesen Fantasien und der tatsächlichen Umsetzung“.

Dann erzählt Estibaliz C. über ihre erste Ehe mit Holger H. Er sei nach der Hochzeit ein anderer Menschen geworden. Er habe sie nur angeschrien und beschimpft. Aussprachen hätten nichts geändert, zudem sei er ihr rhetorisch stark überlegen gewesen und sie habe dann selbst geglaubt, an allem schuld zu sein. Sie habe dann in einem Eissalon sieben Tage die Woche zwölf Stunden lang gearbeitet, ihr Mann sei froh gewesen, wenn sie nicht zuhause war. Dann sei er der Hare Krishna Sekte beigetreten und habe quasi nicht mehr gearbeitet. Sie hätten unter enormer Geldnot gelitten und seien dann in ein umgebautes Lager ohne Küche, ohne Fenster und mit Toilette am Gang gezogen. Als ihre Eltern sie einmal besuchen waren, seien diese entsetzt gewesen. Ihre Tochter lebe unter „ihrem Niveau“, sollen sie laut der Angeklagten gesagt haben.

Damals habe sie Manfred H., das spätere zweite Opfer, kennengelernt und die Scheidung verlangt. Kurz nach der Scheidung habe sich Manfred H. dann aber vollkommen überraschend getrennt, er meinte, keine fixe Beziehung mit ihr haben zu wollen - das sei ein „Weltuntergang“ für sie gewesen. Mit Holger H. gab es aber weiter Kontakt, weil sie den gemeinsamen Eissalon weiter gemeinsam betrieben. Es habe aber immer Streit gegeben: „Er hat gegen mich und das Geschäft gearbeitet.“

Verteidiger versucht „anderes“ Bild zu zeichnen

9.52 Uhr: Verteidiger Rudolf Mayer beginnt die Taten aus seiner Sicht zu schildern. Die Beziehungen zu den beiden Mordopfern sei alles andere als so harmonisch gewesen wie die Staatsanwältin geschildert habe. Die Beziehung zu ihrem ersten Mann sei extrem gewesen, der Mann jähzornig. Das habe auch eine Ex-Freundin von ihm zu Protokoll gegeben. Diese habe gesagt, dass das spätere Opfer eine „gemeine Ader“ gehabt habe. Zudem sei Estibaliz C. lange nicht so eiskalt bei der Beseitigung der Leichen vorgegangen. Die Staatsanwaltschaft wolle dieses Bild zeichnen, um die Höchsstrafe für seine Mandantin zu bekommen.

Aufgrund des hohen Leidensdrucks habe seine Mandantin keine andere Möglichkeiten gesehen als die Männer zu ermorden. Das habe sie weder aus Spaß noch aus Geldgier gemacht, sondern aufgrund ihrer Persönlichkeitsstörung habe sie keinen anderen Weg gesehen. Das würde auch das psychiatrische Gutachten belegen.

Seine Mandantin habe zwei Männer ermordet: Die Geschworenen müssten aber jetzt entscheiden, warum das passiert sei. Ob es tatsächlich so sei, dass sie nur auf das - nicht vorhandene - Geld aus gewesen sei. Das passe nicht zum sonstigen Verhalten. Und auch wenn es grauenhaft ist - die Zerteilung der Leichen sei strafrechtlich nicht wichtig. Das sollten die Geschworenen bedenken. Estibaliz C. sei ein schwer gestörter Mensch, der sich das aber nicht ausgesucht habe, so Mayer abschließend.

Staatsanwältin: „Eiskalte und skrupellose Frau“

9.20 Uhr: Staatsanwältin Petra Freh stellt den Fall erstmals dar. Sie bezeichnet die Angeklagte als „eiskalte und brandgefährliche Frau“ mit einem „vereinnahmenden Wesen“. Sie sei zudem mit ihrer liebevollen Ausstrahlung höchst manipulativ. Ihr Appell an die Geschworenen: „Lassen Sie sich nicht täuschen und behalten sie das immer im Hinterkopf“.

Freh schildert im Anschluss wie die Angeklagte bei den ihr angelasteten zwei Morden vorgegangen sein soll. Das erste Opfer Holger H. sei von ihr zwei Mal von hinten angeschossen worden, dann habe sie nochmals ein drittes Mal in die Schläfe gefeuert. Im Baumarkt habe sie eine Kettensäge gekauft, um die Leiche zu zerkleinern und in einer Tiefkühltruhe zu lagern. Skrupellos sei Estibaliz C. bei der Beseitigung der Leichen vorgegangen und sie habe es mehrmals geschafft, Menschen zu manipulieren, um ihr bei der Beseitigung zu helfen. Die Helfer hätten dabei keinen Verdacht geschöpft, so die Staatsanwältin. Den Keller habe sie später als „Ort der Ruhe und Einkehr“ bezeichnet und sie habe dort auch meditiert

Besucher des Prozesses um die Kellerleichen in Meidling im Großen Schwurgerichtssaal im Landesgericht Wien

ORF.at/Eva Reiter

Den zweiten Mord an Manfred H. plante Estibaliz C. im Unterschied zum ersten Opfer laut Anklage von langer Hand. Sämtliche Utensilien wie Beton und Tröge wurden bereits vor der Tat eingekauft, der spätere Tatort bereits mit Folien ausgelegt, um dann alles schneller reinigen zu können.

Freh nannte egoistische Gründe als Motiv für die Tat. Sie habe ihre Wünsche nach Familie und einem Kind in den Vordergrund gestellt, das habe zwei Todesopfer gekostet. Laut Staatsanwaltschaft war Estibaliz C. aber komplett zurechnungsfähig, sie habe die Fähigkeit zwischen „richtig und falsch“ zu unterscheiden. Sie habe bewusst entschieden, diesen Weg zu gehen. Natürlich habe sie eine schwere Persönlichkeitsstörung, die sie zu auch zu „einer tickenden Zeitbombe“ mache. Die Staatsanwaltschaft sehe das so und die Angeklagte auch selbst. Daher müsse sie nach der Haft in eine Anstalt für geistig abnorme Straftäter eingewiesen werden.

Staatsanwältin Freh abschließend: „Die Taten sind ohne begreiflichen Anlass, ohne Vorwarnung und ohne Chance für die Opfer passiert - danach baute die Angeklagte ein Lügenkonstrukt auf, das sie jahrelang aufrecht erhielt.“ Das solle man nie vergessen.

Blitzlichtgewitter bei erstem Auftritt

9.11 Uhr: Der Prozess beginnt. Estibaliz C. wird zu ihrer Herkunft, ihrem Familienstand und ihrem Lebenslauf befragt.

9.07 Uhr: Blitzlichtgewitter der Fotografen: Estibaliz C. kommt in den Schwurgerichtssaal.

Journalisten vor Beginn des Prozesses um die Kellerleichen in Meidling im Landesgericht Wien

ORF.at/Eva Reiter

8.40 Uhr: Gutachterin Adelheid Kastner trifft ein. Auch die Verteidiger Rudolf Mayer und Werner Tomanek warten bereits auf ihre Mandantin.

8.20 Uhr: Der Große Schwurgerichtssaal wurde bereits geöffnet. Zahlreiche Medienvertreter und Gerichtsbeobachter warten auf den Prozessstart um 9.00 Uhr.

Kamerateams im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Wien vor Beginn des Prozesses um die Kellerleichen in Meidling

ORF.at/Eva Reiter

Eva Reiter für wien.ORF.at aus dem Großen Schwurgerichtssaal

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