Immofinanz-Prozess: „Bereicherung“

„Persönliche Bereicherung“ hat der Staatsanwalt den Angeklagten zum Auftakt des Immofinanz-Prozesses vorgeworfen. Der frühere Chef Karl Petrikovics und drei weitere Angeklagte stehen wegen Untreue vor Gericht.

Das Interesse der Öffentlichkeit an dem ersten Strafprozess rund um den Immobilienkonzern ist groß, besonders der Hauptangeklagte Petrikovics stand vor Verhandlungsbeginn im Blitzlichtgewitter. Untreue und Bildung einer kriminellen Vereinigung: Deswegen müssen sich Petrikovics und seine früheren Vorstandskollegen Christian Thornton, der ehemaligen Vizeaufsichtsratschef der Constantia Privatbank, Helmut Schwager, und der Treuhänder Ernst Hable verantworten. Die Strafdrohung liegt bei bis zu zehn Jahren Haft.

Ex-Immofinanz-Vorstand Norbert Gertner erschien am Dienstag wegen einer Erkrankung nicht vor Gericht und wurde von seinem Anwalt entschuldigt. Richterin Claudia Moravec-Loidolt schied daraufhin das Verfahren „zur Vermeidung von Verzögerungen“ aus.

Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics vor dem Beginn des Prozesses im Wiener Landesgericht

APA/Helmut Fohringer

Karl Petrikovics drohen zehn Jahre Haft

Staatsanwalt: „Geld verdienen ohne Risiko“

Staatsanwalt Volkert Sackmann warf den Angeklagten vor, ihnen sei es darum gegangen, „ohne Risiko und ohne Kapitaleinsatz Geld zu verdienen“. Sie hätten in nur elf Monaten 21 Mio. Euro vollkommen risikolos lukriert, das Geld „würde jemandem abgehen, da Geld nicht auf Bäumen wächst“. Dass die Geschäfte zur persönlichen Bereicherung dienten, mache die Delikte noch verwerflicher.

Petrikovics und Gertner verdienten immer dann viel, „wenn die Bank hohe Gewinne machte“, so der Ankläger. Machten dagegen Immofinanz und Immoeast hohe Gewinne, wirkte sich das auf das Gehalt der Angeklagten nicht aus - sie wurden laut Staatsanwalt von der Constantia Privatbank bezahlt. Oberste Maxime sei daher gewesen: „In der Bank dürfen keine Verluste entstehen.“

„Glauben Sie, dass ein Bankdirektor, der am Gewinn der Bank beteiligt ist, Aktien zum Tageskurs von einer anderen Gesellschaft kauft, wenn er sie auch billiger haben kann und noch dazu auf die andere Gesellschaft Einfluss nehmen kann, diese Aktien billiger zu kaufen?“, fragte Staatsanwalt Sackmann unter anderem. Wenn man das mit Nein beantworten könne, habe man die Anklage verstanden, so der Staatsanwalt.

Verteidigung: Kein Schaden entstanden

Otto Dietrich, Anwalt von Petrikovics, meinte in seinem Plädoyer, dass durch das Handeln der Angeklagten gar kein Schaden entstanden sei. Ohne die Finanzkrise 2008 würde es dieses Verfahren gar nicht geben, es wären keine Ermittlungen nach dem Kursverfall der Aktien eingeleitet worden, und es hätte keinen öffentlichen Druck gegeben, einen Schuldigen zu finden, meinte der Verteidiger. Die Staatsanwaltschaft sei im Zuge der Ermittlungen „zufällig“ auf die Hable-Akten gestoßen, um die es in diesem Verfahren nun geht.

Bei den Hable-Optionen handelt es sich aber laut Petrikovics-Verteidiger nicht quasi um eine Wette auf den Kursgewinn im Nachhinein, sondern die Wurzel für diese Aktiengeschäfte liege in einem Aufsichtsratsbeschluss im Jahr 2003. Demnach hätten Petrikovics und sein Vorstandskollege Gertner das Recht auf Aktienoptionen im Zuge von Kapitalerhöhungen eingeräumt bekommen. Dafür gebe es einen gültigen Aufsichtsratsbeschluss, so Dietrich.

Befangenheitsantrag gegen Sachverständigen

Die Anklage stützt sich jedenfalls auf ein Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Gerhard Altenberger. Georg Zanger, der Anwalt von Schwager, brachte kurz nach Beginn des Prozesses einen Befangenheitsantrag gegen ihn ein. Begründet wurde die Ablehnung des Gutachtens mit „verfassungsrechtlichen Bedenken“.

Außerdem forderte Zanger die Verlesung der Privatgutachten von der Angeklagtenseite bzw. die Beiziehung dieser Experten als gerichtliche Sachverständige. Die Richterin Moravec-Loidolt wollte später über den Befangenheitsantrag entscheiden.

Anklage: Schaden von rund 32 Millionen Euro

„Petrikovics, Gertner und Schwager verfolgten das Ziel, sich selbst im größtmöglichen Ausmaß, ohne Rücksicht auf die Interessen der von ihnen vertretenen Gesellschaften und Anleger, unrechtmäßig zu bereichern“, so Sackmann in der Anklage vom Dezember 2011. Er hält darüber hinaus fest, dass diese drei Akteure kein eigenes Geld in die vorgeworfenen Geschäfte investiert und auch kein wirtschaftliches Risiko getragen hätten.

Über ihren mitangeklagten Treuhänder Hable sollen Petrikovics, Gertner und Schwager auch fingierte Optionsgeschäfte abgewickelt und unter dem Vorwand von vier angeblich 2004 und 2005 eingeräumten, tatsächlich aber erst im Februar 2006 ausgestellten Optionen auf Immoeast- und Immofinanz-Aktien Geld kassiert haben.

Für alle Genannten, die die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückweisen, gilt die Unschuldsvermutung. Petrikovics, Gertner und Schwager behaupten, für alle Geschäfte gültige Beschlüsse zu haben. Laut Anklage sollen die Beschuldigten allerdings einen Schaden von rund 32 Millionen Euro bewirkt haben.

Neun Prozesstage vorgesehen

Die Richterin hat die Hauptverhandlung für neun Prozesstage bis 20. Februar angesetzt. Unter den geladenen 19 Zeugen sind Turnauer-Erbin Christine de Castelbajac, früher Eigentümerin der Constantia Privatbank, Ex-Wienerberger-Chef Erhard Schaschl, Ex-CA-Generaldirektor Guido Schmidt-Chiari und der ehemalige Aufsichtsratschef der Constantia Privatbank, Michael von und zu Liechtenstein.

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