Drogensubstitution: Kritik der SPÖ

In der Debatte über eine Abschaffung von Drogensubstitution übt nun Wiens Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) Kritik. Der Vorstoß sei eine plumpe Wahlkampfstrategie der ÖVP. Auch die Wiener Ärztekammer ist dagegen.

Nachdem Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) die Abkehr von der Substitutionsbehandlung angekündigt hat, wird auf vielen Seiten heftige Kritik laut. Der Vorstoß des Innenministeriums sei wohl nur mit der bevorstehenden Wahl in Niederösterreich zu erklären, kritisierte Wehsely im Ö1-Morgenjournal: „Das finde ich dann eigentlich verwerflich, auf dem Rücken von chronisch Erkrankten Wahlkampf zu machen.“

Wehsely: „Keine sachlichen Argumente“

Laut Innenministerium wird mit Drogenersatzstoffen illegal gehandelt, Patienten wird angeblich oft zu viel verschrieben, und nur fünf von 100 schaffen den Ausstieg. Wehsely lässt diese Argumente nicht gelten. Sachliche Argumente für die Abschaffung der Behandlung von Drogenkranken mit Ersatzmedikamenten gebe es nicht, meint sie. Vielmehr würden alle Experten die Substitutionstherapie als großen Fortschritt bezeichnen.

Drogensubstitution

APA/Hochmuth

Wehsely: „Für Experten ist Drogensubstitution großer Fortschritt“

Den illegalen Handel mit Ersatzmedikamenten müsse das Innenministerium bekämpfen. „Genauso wie beim Kreuzbandriss weder die Innenministerin noch die Polizei herangerufen würde, um eine Operation vorzunehmen, ist es ein bisserl komisch, wieso sich die Innenministerin jetzt anmaßt zu wissen, wie man die chronische Erkrankungssucht heilen kann“, so Wehsely.

Drogenbeauftragte: Verpolitisierung schadet

Der Wiener Drogenbeauftragte Alexander David gilt als Pionier auf dem Gebiet. 1987 begann der Wiener Arzt damit, die ersten Opiatabhängigen mit dem Substitutionsmittel Methadon zu behandeln. Sein Fazit zu der aktuellen Diskussion: „Solche Diskussionen sind nicht neu. Versachlichung hilft den Patienten, Verpolitisierung ist schlecht für die Betroffenen.“ Man könne hier ganz leicht Ängste hervorrufen - mehr dazu in Drogensubstitution: „Versachlichung“ gefordert.

Ärztekammer: Einmischung in Behandlung

Auch die Wiener Ärztekammer lehnt eine Abschaffung der Drogenersatzstoffe entschieden ab. Der Plan sei „fachlich unbegründet“ und stelle eine „unzulässige Einmischung in medizinische Behandlungsstandards dar“, meinte Hans Haltmayer, der Referent für Substitution und Drogentherapie in der Wiener Ärztekammer.

Aktuelle WHO-Empfehlungen würden die Substitutionsbehandlung als die effektivste Behandlungsform bei Opiatabhängigkeit bezeichnen. „Eine Abkehr von der Substitutionsbehandlung würde diese positive Entwicklung umkehren“, so Haltermayer. Die Folgen wären mehr HIV- und Hepatitisinfektionen, mehr Beschaffungskriminalität, mehr Drogentote und weniger gut integrierte und unauffällige Suchtkranke. „Alleine in Wien wären davon mehrere tausend Patientinnen und Patienten betroffen, österreichweit sind es fast 17.000.“

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