Befragung: Wirbel nach Boykottaufruf

Während Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) auf eine Beteiligung von einem Drittel bei der Volksbefragung hofft, hat die FPÖ heute zu einem Boykott aufgerufen. Die SPÖ spricht von einem Skandal, für die Grünen ist es schade, die ÖVP bleibt beim Appell zum Teilboykott.

„Je besser die Menschen informiert sind, umso motivierter sind sie auch teilzunehmen“, so die für Wahlen zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) in der wöchentlichen Pressekonferenz von Bürgermeister Häupl. Dieser hofft jedenfalls auf eine Beteiligung von einem Drittel. Insgesamt sind rund 1,15 Mio. Wiener stimmberechtigt.

Zum Vergleich: Bei der bis dato letzten Wiener Volksbefragung im Februar 2010, als unter anderem die Nacht-U-Bahn, der Hundeführschein und die Wiedereinführung des Hausmeisters zur Abstimmung gestanden waren, füllten knapp 36 Prozent der Wiener ihren Stimmzettel aus.

Für FPÖ nur „Wischi-Waschi-Fragen“

Die FPÖ rief unterdessen offiziell zum Boykott der Volksbefragung auf. „Ich appelliere an alle Stimmberechtigten, an dieser Verhöhnung der direkten Demokratie nicht teilzunehmen und ihre Stimmzettel zu zerreißen“, so FPÖ-Chef Strache. „Diese vier rot-grünen Wischi-Waschi-Fragen dienen nur dazu, von den wahren Problemen der Wienerinnen und Wiener abzulenken. Das darf nicht unterstützt werden“, so Strache weiter.

Kritik übten sie zudem einmal mehr an der Nachfrist für Briefwähler und warfen der SPÖ bei der letzten Volksbefragung Wahlbetrug vor. „Rote Funktionäre sollen Mistkübel durchforstet, weggeworfene Stimmzettel eingesammelt, im Sinne der Partei ausgefüllt und bis zuletzt eingeschickt haben“, so die FPÖ.

Für SPÖ „Skandal der Sonderklasse“

Die SPÖ zeigte sich erbost über Boykottaufruf. Der Aufruf zur Stimmzettelvernichtung sei „ein demokratiepolitischer Skandal der Sonderklasse“, so Landesparteisekretär Christian Deutsch. Damit sei klar, was die FPÖ von Mitbestimmung halte - nämlich: „Rein gar nichts.“ Den „dummdreisten“ Vorwurf des Wahlbetrugs bei der letzten Volksbefragung 2010 wies Deutsch „auf das Schärfste“ zurück.

Der grüne Klubchef David Ellensohn verwies auf das große Bedürfnis nach Mitbestimmung. Dass die FPÖ dies jetzt derart schlecht rede, finde er „sehr schade“. Wenn die FPÖ schon meinte, zum Zerreißen der Stimmzettel aufrufen zu müssen, dann sollten sie dies bei der Nationalratswahl im Herbst ihren Funktionären raten. Dann würde den Österreichern wenigstens eine eventuelle Regierungsbeteiligung erspart bleiben, so Ellensohn.

Die ÖVP blieb indes bei ihrem Aufruf, lediglich die Parkpickerlfrage nicht zu beantworten. Über die anderen Fragen sollten sich die Wiener selbst ihre Meinung bilden, meinte Landesparteichef Manfred Juraczka.

Stimmzettel bereits versendet

Die ersten Stimmzettel wurden jedenfalls bereits versendet, per Brief kann sofort abgestimmt werden - mehr dazu in Stimmzettel werden verschickt. 2010 waren es fast 94 Prozent, die von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben. Das heißt: Nur sechs Prozent der Stimmzettel wurden persönlich an einem Annahmestandort abgegeben. Die Stadt rechnet diesmal mit einem ähnlichen Verhältnis.

Deshalb wird das erste Zwischenergebnis, das bereits am Abend des 9. März vorliegt, kaum aussagekräftig sein. Denn darin ist noch keine einzige Briefstimme enthalten. Verlässlichere Resultate gibt es dann voraussichtlich am 12. März in der Früh. Dann wird nämlich bereits die erste Tranche der per Post abgegebenen Stimmen ausgezählt sein.

Befragung kostet 6,9 Millionen Euro

Aufgrund der langen Nachfrist - ausgefüllte Fragebögen können bis zu neun Tage nach Befragungsschluss bei der Wahlbehörde einlangen - wird das definitive Endergebnis erst am 18. März abends vorliegen.

Frauenberger sagte, man habe diese Regelung, die theoretisch illegales taktisches Nachwählen ermöglicht, noch nicht der Bundesregelung angepasst, da dies ein Teil der Wiener Wahlrechtsreform sei und diese eben noch auf rot-grüner Klubebene verhandelt werde. Sie versprach, dass es beim nächsten Urnengang aber keine Nachfrist mehr geben werde. Gültig sind zudem auch jene Stimmzettel, auf denen nur einzelne Fragen angekreuzt werden.

Die Stadt lässt sich die Volksbefragung rund 6,9 Mio. Euro kosten. Laut Frauenberger fließen etwa 3,7 Mio. Euro davon in Information und Bewerbung - mehr dazu in Die Kampagnen zur Volksbefragung Der Rest entfällt auf die Organisation bzw. Abwicklung.

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