Wiener Reaktor feiert „50plus“

Am 7. März 1962 wurde im Atomreaktor des Wiener Atominstituts die erste Kettenreaktion ausgelöst. Im Vorjahr wurden der Reaktorkern getauscht und neue Brennstäbe geliefert, deshalb wird jetzt das Jubiläum „50plus“ gefeiert.

Mit den neuen Brennstäben ist die Forschungsarbeit für die nächsten 20 Jahre gesichert, erklärte Jörg Schmiedmayer, Vorstand des Atominstituts der Technischen Universität (TU) am Dienstag. Die Anlieferung war im Vorjahr unter größter Geheimhaltung durchgeführt worden - mehr dazu in Brennstäbe vor Anlieferung (wien.ORF.at; 3.11.2012).

Mit dem „TRIGA Mark II Reaktor“ werden Neutronen für wissenschaftliche Experimente erzeugt. Ursprünglich war er der Forschung und Ausbildung auf den Gebieten Atom-, Kern- und Reaktorphysik, der Strahlenphysik und des Strahlenschutzes, der Umweltanalytik und Radiochemie sowie der nuklearen Messtechnik und Festkörperphysik gewidmet. Mittlerweile sind als weitere Schwerpunkte Quantenphysik, Quantenoptik sowie Tieftemperaturphysik und Supraleitung hinzugekommen.

Atominstitut der Technischen Universität Wien im Prater

APA/Herbert Neubauer

Der „Praterreaktor“ feiert seinen 51. Geburtstag

Internationale Anerkennung für „Praterreaktor“

Momentan sind 36 Wissenschafter am Atominstitut beschäftigt. Dazu kommen 29 nicht-wissenschaftliche Mitarbeiter und etwa 80 weitere Forscher, die im Rahmen von Projekten angestellt sind. Ungefähr 50 Prozent der Physikabsolventen der TU machen ihre Master-, Diplom-oder Doktorarbeiten am „Praterreaktor“. Dieser wird auch international geschätzt. So lässt etwa die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) am Atominstitut seit vielen Jahren angehende UN-Inspektoren ausbilden.

Aktuell würden Projekte im Wert von etwa 20 Mio. Euro in den einzelnen Forschungsbereichen abgewickelt, so Schmiedmayer. Im Hinblick darauf, dass von der TU und dem Wissenschaftsministerium etwa 300.000 Euro an das Institut und 120.000 Euro in die Instandhaltung des Reaktors fließen, sei man also „fast ausschließlich aus Drittmitteln finanziert“.

Jörg Schmiedmayer, Vorstand des Atominstituts der Technischen Universität (TU) Wien,

APA/Herbert Pfarrhofer

Jörg Schmiedmeyer

Über mehr Mittel für Jungforscher würde sich der Institutsvorstand sehr freuen. „Wir haben uns einmal ausgerechnet, dass ein Doktorand in etwa so viel ‚kostet‘ wie eineinhalb Meter Koralmtunnel“, meinte Schmiedmayer.

Auszeichnungen für TU-Forscher

In der Einwerbung von Fördergeldern sind die Forscher in den vergangenen Jahren jedoch sehr erfolgreich. Schmiedmayer selbst erhielt 2006 den oft als „Austro-Nobelpreis“ bezeichneten Wittgenstein-Preis und heuer einen „Advanced Grant“ des Europäischen Forschungsrats (ERC). Außerdem gingen in der jüngeren Vergangenheit zwei Start-Preise, ein „Starting Grant“ des ERC und ein European Young Investigator Awards (EURYI) an Nachwuchsforscher des Instituts. Das habe entscheidend dazu beigetragen, die Forschungsaktivitäten auch in viele Richtung im Bereich der Quantenphysik zu erweitern.

Ein Fernziel ist laut Schmiedmayer die Entwicklung von Quantentechnologien, daher bemühe man sich auch zunehmend darum, Experiment und Theorie im Haus zu verknüpfen. Einen entscheidenden Beitrag zur Bündelung der Forschungsaktivitäten soll auch die Bildung eines bereits seit Jahren geplanten Wiener „Physik-Clusters“ zusammen mit dem Institut für Hochenergiephysik (HEPHY) und dem Stefan Meier Institut für subatomare Physik der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) mit sich bringen.

„Wir hoffen, dass das in den nächsten paar Wochen in trockenen Tüchern ist“, meinte Schmiedmayer. Dadurch würde wohl ein Zubau am Atominstitut notwendig, wie der Forscher erklärte.

4.500 Besucher trotz Sperre

In den 51 Jahren seinen Bestehens haben insgesamt etwa 100.000 Besucher den Reaktor besucht. Vor allem bei Schulklassen seien Exkursion zum Atominstitut beliebt. Obwohl der Tausch der Brennstäbe eine Schließung für drei Monate notwendig machte, waren es 2012 um die 4.500 Besucher, erklärte Schmiedmayer: „Das ist zwar viel Arbeit, wir sehen es aber als wichtigen Beitrag dazu, die Naturwissenschaften herzuzeigen.“

Momentan wird an einem neuen Führungskonzept gearbeitet, bei dem man auf multimediale Technologien setzen wird.

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