225 Jahre Theater in der Josefstadt

Eine Wirtshaustochter verliebt sich in einen Wanderschauspieler: Damit nahm 1788 das Theater in der Josefstadt, Wiens ältestes noch bespieltes Theater, seinen Anfang. Zum 225-Jahre-Jubiläum ist ein Bildband zur Geschichte erschienen.

Mit mehr als 350.000 Besuchern und mit über 700 Vorstellungen pro Spielzeit zählt das Theater in der Josefstadt zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Bühnen. Die Geschichte des Theaters wurde nun in einem umfangreichen Bildband festgehalten, darin finden sich Texte von prominenten Autoren wie Peter Turrini, Daniel Kehlmann oder auch Helmut Qualtinger.

Zuschauerraum Josefstadt

Theater in der Josefstadt/Moritz Schell

„Die Josefstadt“: legendäre Aufführungsstätte

Um den Bierkonsum anzuregen

Allein die Geschichte zur Entstehung des Theaters in der Josefstadt würde Stoff für ein Bühnenstück liefern. Eine Wirtshaustochter verliebte sich in einen Wanderschauspieler und heiratete ihn. Der Komödiant schlug daraufhin seinem vermögenden Schwiegervater vor, wie man den Bierkonsum im Lokal „Bey den goldenen Straußen“ ankurbeln könnte, indem man nämlich eine Bühne im Schanigarten errichtet. Voila, die Geburtsstunde des Theaters in der Josefstadt, das freilich seither etliche Transformationen erlebte.

Auf den Spuren von Nestroy und Hörbiger

Nach einem Abriss über die frühe Geschichte des Hauses „vom Schnupftüchl zur Weihe“ beleuchtet Renate Wagner die Karrieren der Ikonen Nestroy und Raimund am Theater in der Josefstadt, würdigt Christoph Wagner-Trenkwitz die reiche musikalische Vergangenheit des Hauses von Beethoven über Lanner bis Wagner oder verfolgt Georg Markus die Spuren der Theaterdynastie Hörbiger-Wessely in der Josefstadt.

Buchcover

Buchcover Brandstätter Verlag

Auch dem Sprung von der Josefstädter Theaterbühne auf das Hollywoodparkett wird gehuldigt: Eine Bildstrecke erinnert an die Wiener Wurzeln von Leon Askin, Oskar Werner oder Maximilian Schell.

Flucht des Theaterdirektors Lothar

Ein ausführliches Kapitel widmet sich der Zeit zwischen 1938 und 1945: Berührend der Text des damals amtierenden Direktors Ernst Lothar, der kurz nach dem „Anschluss“ bereits von seinem Inspizienten von der Bühne gewiesen wurde und trotz der Abnahme seines Passes und der Drohung mit „dem Lager“ die Flucht wagte.

Auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte des Hauses im Nationalsozialismus, die 2008 anlässlich der Eröffnung der Probebühne initiiert wurde, findet ebenso Raum wie die damals gehaltene Eröffnungsrede des Schriftstellers Robert Schindel. Auch die auf der Bühne stattfindende Reflexion wie Franzobels „Moser“ oder die Inszenierung von Bernhards „Heldenplatz“ 22 Jahre nach der Uraufführung findet sich in dem Kapitel.

Der Josefstädter Ton

„Wiederaufbau und neue Bürgerlichkeit“ ist der Abschnitt über die Zeit zwischen 1945 und 1989 betitelt. Er enthält etwa Heinz Mareceks Liebeserklärung an Ernst Haeusserman oder Franz Schuhs Erinnerungen an seinen gar nicht so geliebten „Wahlonkel“ Franz Stoß, über den er schreibt: „Ich hatte nicht den Eindruck, dass er überhaupt verstand, was Substanz ist.“

Buchtipp:

Herbert Föttinger, Christiane Huemer-Strobele (Hg.): „Das Theater in der Josefstadt“, Christian Brandstätter Verlag.

Zum Lachen ist jenes Werk, in dem Carl Merz und Helmut Qualtinger den „mittlerweile verklungenen“ Josefstädter Ton parodierten: Nämlich in „Hamlet oder Der Schwierige“.

Von Schenk bis Föttinger

Den Abschluss des Bandes bildet der „Sprung in die Gegenwart“, den Herausgeber Föttinger und Christiane Huemer-Strobele im Jahre 1989 ansetzen: Eva Maria Klinger würdigt in ihrem Text „Lohner lohnt sich“ den „Außergewöhnlichen“, „Direktorale Antworten auf unzufriedene Schauspieler und Kartenschnorrer“ liefert Otto Schenk, der den Beginn der Gegenwartsära ebenso prägte wie Helmut Lohner.

Schenk als Edek in "Chuzpe"

APA/Herbert P. Oczeret

Veranstaltung:

Lesung und Matinee am 14. April, 11.00 im Theater in der Josefstadt, mit zahlreichen Stars des Josefstadt-Ensembles

Das letzte Wort haben schließlich Peter Turrini und Herbert Föttinger in ihrem Doppelinterview „Wohin die Reise geht“: Föttinger: „Wir Josefstädter versuchen, dieses 225 Jahre alte Theaterhaus in die Höhe zu bringen, hochzuheben, und dann gibt es einige Zaungäste, die schauen uns bei unserem verzweifelten Tun zu und sagen, unsere Anstrengung sei völlig sinnlos, die Josefstadt wird immer die Josefstadt bleiben.“ Turrini: „Und was sagst du denen?“ Föttinger: „Ihr irrt, ihr Muppets!“

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