Spielpläne neben Fahrplänen

Mit dem Zug direkt zum Musical: Der Grüne Kultursprecher Klaus Werner-Lobo schlägt vor, am Hauptbahnhof ein Musicaltheater zu bauen. Eine Idee, von der VBW-Chef Thomas Drozda mehr hält als von Werner-Lobos Reformvorschlägen für die VBW.

„Ich bin ja dafür, so viele Kulturorte wie möglich in dieser Stadt zu schaffen“, sagte Werner-Lobo in einem Interview mit der APA am Freitag. Ihm schwebe nicht weniger als eine Art Neuorganisation der städtischen Theaterlandschaft vor: „Wir haben nämlich noch eine andere riesengroße Baustelle - nämlich, dass die Vereinigten Bühnen sagen, sie kommen mit dem Geld nicht aus.“

Eine Erhöhung der Subventionen an die Vereinigten Bühnen Wien (VBW) schloss Werner-Lobo aus. Man habe das Geld nicht, könne es auch nicht zum Beispiel den Kindergärten einfach wegnehmen. Daher solle das Angebot aufgeteilt werden. Man könne prüfen, ob beim Hauptbahnhof nicht ein kommerziell erfolgreicher Musicaltheater- oder Unterhaltungsmusikbau mit privater Beteiligung entstehen könne.

Strukturreform für Vereinigte Bühnen

Außerdem regte Werner-Lobo an, einen Kulturentwicklungsplan analog zum Stadtentwicklungsplan 2025 zu erstellen. Darin könne auch die Entwicklung der VBW skizziert werden. So könnte zum Beispiel in dem Plan stehen, dass im Raimundtheater künftig anspruchsvolleres Musiktheater gezeigt wird.

Szene der Bühnenprobe aus dem Musical Natürlich Blond

APA, Alina Parigger

Derzeit im Ronacher: Natürlich blond

Das Ronacher könnte aus den VBW herausgenommen werden, um ein „schönes neues Profil“ zu erarbeiten. Es könnte Heimstätte für kleinere Musiktheaterproduktionen, Unterhaltungstheater und Variete werden. Dafür könnte die Subvention auch deutlich geringer als derzeit ausfallen. Einsparungen, die durch eine solche Strukturreform erzielt würden, sollten dazu verwendet werden, das System VBW sich überhaupt langfristig leisten zu können.

„Ja, aber“ des VBW-Chefs zu neuer Bühne

„Ich verwahre mich gegen die Behauptung, die Vereinigten Bühnen sind eine riesengroße Baustelle, weil das Gegenteil zutrifft“, widersprach VBW-Geschäftsführer Thomas Drozda in einer Reaktion der Einschätzung von Lobo. Die VBW hätten ein strukturelles Defizit, das sei bekannt, so Drozda - mehr dazu in Vereinigte Bühnen in Finanznöten. Der Subventionsbedarf werde derzeit evaluiert, eine Studie dazu soll bis Ende Juni vorliegen.

Wer sage, ein Theater muss mit weniger Subventionen auskommen, müsse wissen, dass das Theater der personalintensivste Bereich in der Kulturlandschaft ist. „Eine solche Entscheidung bedeutet also auch drastische Personalkürzungen und dies ist eine politische Entscheidung“, so Drozda. die Behauptung, man könne im Theater an der Wien die gleiche Qualität mit weniger Geld produzieren, stelle die Professionalität aller dort Arbeitenden infrage.

Gegen ein neues Musiktheater hat Drozda nichts einzuwenden: „Ich habe nie etwas gegen die Prüfung strategischer Optionen, auch wenn ich nicht glaube, dass es so einfach möglich sein wird, die Kapazität zu verdoppeln.“ Ein Neubau wäre aber frühestens in vier Jahren fertig. Man müsse sich überlegen, wie man die Leute bis dahin bezahle. „Gegen eine seriöse Prüfung habe ich nichts einzuwenden, aber ich habe etwas gegen schnelle Lösungen, die Welt ist nämlich komplizierter“, so Drozda.

SPÖ: Kein Musical in „seelenlosen Hallen“

„Jeder konstruktive kulturpolitische Vorschlag ist willkommen, er muss nur den Realitycheck bestehen“, erteilte SPÖ-Kultursprecher Ernst Woller der Idee von Werner-Lobo eine Abfuhr. Derzeit herrsche in Wien kein Mangel an Infrastruktur für das Genre Musical. Der langjährige Erfolg der Vereinigten Bühnen Wien beruhe nicht zuletzt darauf, dass in Wien Musical in traditionsreichen denkmalgeschützten Häusern gespielt wird und nicht in seelenlosen Hallen.

Wien Museum

APA, Herbert Pfarrhofer

Karlsplatz oder Hauptbahnhof als Standort für das Wien Museum

Wien Museum als „öffentlicher Raum“

Abseits der Diskussion um die VBW thematisierte Werner-Lobo in dem Interview auch noch die Zukunft des Wien Museums. Er favorisiert weiter den Ausbau des bestehenden Standorts, auch wenn das Projekt derzeit in der Warteschleife hängt - mehr dazu in Wien Museum: Neuer Koordinator.

Werner-Lobo sprach sich dafür aus, die Wienerinnen und Wiener bei der inhaltlichen Gestaltung mitentscheiden zu lassen. Es soll ein Identifikationsort für die gesamte Wiener Bevölkerung entstehen, ein öffentlicher Raum, „wo man einmal abhängt am Nachmittag“ und wo auch Familien mit Kindern gerne hingehen.

Als Beispiel verwies Werner-Lobo auf das Stadtmuseum in Liverpool. Bei einer Einwohnerzahl von einer halben Million zähle das Museum eine Million Besucher pro Jahr. Das Museum of Liverpool liege zentral und man habe, noch bevor der erste Ziegelstein gesetzt wurde, die Bevölkerung gefragt, auch Arbeiterschichten und Zuwanderer: „Das hat dazu geführt, dass sich die dort finden.“

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