Zehn Jahre Diebstahl der Saliera

Es ist wohl der spektakulärste Kunstdiebstahl Österreichs: Am 11. Mai 2003 verschwand die Saliera aus dem KHM. Das äußerst wertvolle Kunstwerk tauchte erst 2006 wieder auf und ist heute, zehn Jahre später, das Prunkstück in der Kunstkammer.

"...um zu zeigen, wie das Meer sich mit der Erde verbindet, machte ich zwei Figuren einen guten Palm groß, die mit verschränkten Füßen gegeneinander saßen, so wie man die Arme des Meeres in die Erde hineinlaufen sieht. Das Meer, als Mann gebildet, hielt ein reich gearbeitetes Schiff, welches Salz genug fassen konnte, darunter hatte ich vier Seepferde angebracht und der Figur in die rechte Hand den Dreizack gegeben; die Erde hatte ich weiblich gebildet, von so schöner Gestalt und so anmutig, als ich nur wusste und konnte.

Ich hatte neben sie einen reichen, verzierten Tempel auf den Boden gestellt, der den Pfeffer enthalten sollte...auf ihrer Seite waren die schönsten Tiere vorgestellt, welche die Erde hervorbringt..." - So beschrieb der italienische Bildhauer Benvenuto Cellini im 16. Jahrhundert selbst seine Saliera.

Saliera von Benvenuto Cellini

Wien, Kunsthistorisches Museum

Der Diebstahl am 11. Mai 2003

Die letzten Besucher der „Langen Nacht der Musik“ verlassen am 11. Mai 2003 gegen 2.00 Uhr das Kunsthistorische Museum. Das Gebäude ist wegen Renovierungsarbeiten eingerüstet. Um 3.55 Uhr schlägt der Bewegungsmelder in der Gemäldegalerie im ersten Stock an. Drei Sicherheitsbeamte nehmen den Alarm wahr, reagieren aber nicht. Entgegen den Vorschriften halten sie nicht persönlich Nachschau in der Galerie, das Saallicht und die Videoüberwachungsanlage werden nicht aktiviert.

Sendungshinweis:

In seinem Rückblick auf die ersten 25 Jahre seines Bestehens zeigt „Wien heute“ am Donnerstag, den 16. Mai, Beiträge aus dem Jahr 2003 zur Saliera.

Innerhalb einer vorgesehen Zeitspanne machen sie die Bewegungsmelder wieder scharf, wodurch eine automatische Weiterleitung an die Polizei entfällt. Gegen 8.20 Uhr entdeckt der Oberaufseher den Einbruch. Ein Fenster ist eingeschlagen, die Vitrine zerstört, Cellinis wertvolle Skulptur „Saliera“ ist weg. Erst jetzt wird die Polizei verständigt.

Fotoshow: Der Diebstahl der Saliera

Die Saliera, ein Geschenk Karls IX.

Die einzige erhaltene, gesicherte Goldschmiedearbeit des italienischen Bildhauers Benvenuto Cellini ist eigentlich „nur“ ein Salzfass, wenn auch ein besonders wertvolles: Unbestätigte Schätzungen zum Wert des als eigentlich unschätzbar bewerteten Salzfasses lagen anlässlich des Diebstahls um die 50 Millionen Euro.

Entstanden im Auftrag König Franz I. von Frankreich schuf Cellini das Kunstwerk während seines Aufenthalts in Paris in den Jahren 1540 bis 1543. Als Geschenk König Karls IX. gelangte das 26 Zentimeter hohe und 33,5 Zentimeter breite Salzfass an Erzherzog Ferdinand II. (von Tirol), der den König bei dessen Hochzeit mit Erzherzogin Elisabeth 1570 vertreten hatte. Dieses außerordentliche kostbare Tafelgerät, das Cellini seinen eigenen Angaben nach aus Goldblech freihändig getrieben hat, ist gleichzeitig eine allegorische Darstellung des Planeten Erde.

Restauratorinnen untersuchen Saliera

APA/Günter R. Artinger

Restauratorinnen untersuchen die Saliera

In Kiste in Waldstück bei Zwettl vergraben

Nach dem Diebstahl läuft eine weltweite Fahndung nach der Saliera. Angebliche Spuren verlaufen ins Nichts, Lösegeldforderungen werden gestellt, der damalige KHM-Direktor Wilfried Seipel wird verschaukelt und gar bis nach Italien gelotst, auch die Ermittlungen der Polizei bleiben ohne Erfolg.

Dreizack der Saliera

APA/Guenter R. Artinger

Abnehmbarer Dreizack der Saliera

Von Mai 2003 bis Jänner 2006 dauert es, bis sich eine erste heiße Spur zu dem Kunstwerk eröffnet. Ein Teil des Kunstwerks, der abnehmbare Dreizack befindet sich in den Händen der Polizei. Außerdem kann die Polizei ein Bild von einem Verdächtigen anfertigen. Am 21. Jänner 2006 gesteht ein damals 50-jähriger Experte für Alarmanlagen aus Wien-Neubau den Diebstahl der Saliera. Er führt die Polizei zu einem Waldstück bei Brand im Bezirk Zwettl. Dort wird eine Kiste ausgegraben, darin enthalten die Saliera. Noch heute erinnert man sich in Brand an das Aufsehen, das die Saliera in dem kleinen Ort verursacht hat - mehr dazu in Die Saliera, die Laibchen und der Schnaps (noe.ORF.at).

Im September 2006 wird der Saliera-Dieb im Wiener Straflandesgericht wegen schweren Einbruchsdiebstahl zu vier Jahren Haft verurteilt. Der Oberste Gerichtshof hebt das Urteil im März 2007 aus formalen Gründen auf. Im zweiten Rechtsgang wird der Angeklagte zu fünf Jahren Haft verurteilt. Ende Oktober 2008 wird der Mann vorzeitig freigelassen. Er saß zwei Jahre und sieben Monate in Haft.

Saliera

Kunsthistorisches Museum Wien

Das Prunkstück in der Kunstkammer

Heute, zehn Jahre nach dem Diebstahl, ist die Saliera das Prunkstück in der neuen Kunstkammer des Museums - Kunstkammer für alle geöffnet.

Der Diebstahl machte das Salzfass weltweit wohl zum bekanntesten Stück der Sammlung. In der am 1. März wieder eröffneten Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums Wien ist es im Saal XXIX ausgestellt. KHM-Direktorin Sabine Haag platzierte es eigenhändig in seiner Vitrine - mehr dazu in Saliera wieder in der Kunstkammer.

Das kostbare Salzfass ist neben der Sammlung von Kaiser Rudolf II. das Herzstück der Neuaufstellung - und fasziniert das Auge des Betrachters nicht allein deswegen, weil es einmal gestohlen worden ist.

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