Keszler: „Kräfte besser“ einteilen

Am 25. Mai geht in Wien wieder der Life Ball über die Bühne. Im wien.ORF.at-Interview spricht Ballvater Gery Keszler über seine Ängste und seine Kräfte. Die Frage, ob es den Life Ball auch ohne ihn geben wird, ließ er indessen offen.

wien.ORF.at: Im medizinischen Bereich hat sich rund um das Thema AIDS viel getan, wie sieht es gesellschaftlich aus?

Gery Keszler: Die Bekämpfung des sozialen AIDS ist nach wie vor eine große Herausforderung. Es sind nicht zuletzt die sozialen Folgen, unter denen Menschen leiden, die mit HIV/AIDS leben: Geringschätzung, Ausgrenzung, Diskriminierung und Stigmatisierung.

wien.ORF.at: Wie schaffen Sie das immense Arbeitspensum vor dem Ball?

Keszler: Ich habe seit Jahren ein sehr erfahrenes und engagiertes Team an meiner Seite. Aber ich werde heuer 50, und da merke auch ich, dass man mit seinen Kräften besser haushalten muss. Eine unbeschreibliche Motivation geben allerdings die Reisen zu unseren unterstützten Projekten sowie die derzeitige Aufbruchsstimmung unter den AIDS-Hilfsorganisationen.

wien.ORF.at: Welches Verhältnis haben Sie zum Tod?

Keszler: Ich habe gelernt, den Tod als Teil des Lebens anzunehmen. Dass wir alle sterben müssen, ist keine neue Erkenntnis. Aber dieses Wissen fühlt sich ganz anders an, wenn ein nahestehender Mensch stirbt.

wien.ORF.at: Wird es den Life Ball auch ohne Gery Keszler geben?

Keszler: Diese Frage beschäftigt auch mich.

Life Ball-Organisator Gery Keszler

APA/Hans Klaus Techt

wien.ORF.at: Wie entspannen Sie?

Keszler: Bodenständig auf meinem Grundstück im Südburgenland, wo ich seit mehreren Jahren ein altes Kellerstöckl renoviere. Gänzlich abgeschieden mit meinen Tieren, mit einem traumhaften Blick über die sanfte burgenländische Hügellandschaft, ohne jeglichen Internet- und Handyempfang.

wien.ORF.at: Muss der Life Ball jedes Jahr größer und spektakulärer werden, weil er sonst als Misserfolg wahrgenommen wird und weniger Spenden zusammenkommen?

Keszler: Ob der Life Ball von Jahr zu Jahr spektakulärer wird liegt im Auge des Betrachters. Der Life Ball entwickelt sich weiter und ist im letzten Jahrzehnt kontinuierlich gewachsen. Mit ihm auch der Reinerlös für wichtige und notwendige AIDS-Hilfsprojekt im In- und Ausland, alleine im letzten Jahr haben wir mehr als 2,1 Millionen Euro erwirtschaftet.

TV-Hinweis: ORF eins widmet am 25. Mai den gesamten Abend dem Life Ball. Es wird ab 20.15 Uhr drei Livesendungen geben, moderiert von Arabella Kiesbauer, Mirjam Weichselbraun und Alfons Haider - mehr dazu in tv.ORF.at.

Unser Ziel ist stets von Jahr zu Jahr zumindest die gleiche Spendensumme des Vorjahres an unsere Projekte auszuschütten. Wir haben eine finanzielle Verantwortung gegenüber tausenden Betroffenen übernommen, die wir nicht auf die leichte Schulter nehmen. Daher gibt es neben dem Life Ball zwei weitere Veranstaltungen, die maßgeblich zum Reinerlös beitragen: Neben der AIDS Solidarity Gala wird auch das Burgtheater bespielt. Anlässlich des Internationalen Welt-AIDS-Tages im Dezember bereiten wir auch gerade eine große Charity-Auktion zugunsten von „Operation BobbiBear“ vor.

Life Ball Eröffnung 2012

APA/Hochmuth

Bild von der Life Ball-Eröffnung 2012

wien.ORF.at: Sind Sie mit sich selbst zufrieden?

Keszler: Zumindest mehr als früher. Aber es ist kein Grund deshalb die Hände in den Schoß zu legen.

wien.ORF.at: Wovor haben Sie Angst?

Keszler: Wie jeden Menschen plagen auch mich Ängste, wie jene, geliebte Menschen zu verlieren. Oder die Angst als Veranstalters, ob alles reibungslos läuft. Angst vor Krankheit, Alter, Schmerz, Trennung, Verlust oder Einsamkeit. Ängste gehören zum Leben dazu. Man darf sich von ihnen nur nicht beherrschen lassen.

wien.ORF.at: Sollten Schwule und Lesben in Österreich Kinder adoptieren dürfen?

Keszler: Warum nicht. Es ist wirklich absurd zu glauben, Kinder würden für Heterosexuelle und Homosexuelle etwas anderes bedeuten. Warum sollten Schwule und Lesben Kinder weniger lieben oder schlechter für sie sorgen als das Paar aus Mutter und Vater? Weltweit gibt es beispielsweise 13,4 Millionen AIDS-Waisen. Familienangehörige sind oftmals mit der Ernährung von mehreren Kindern völlig überfordert, immer mehr Kinder enden in Heimen. Was ist also falsch daran, diesen Kindern durch Adoption Schutz, ein liebevolles Zuhause, bessere Entwicklungschancen, einfach ein besseres Leben zu gewähren?

Was sagen Sie zum neuen Papst?

Keszler: Papst Franziskus steht zweifelsohne vor großen Herausforderungen in der katholischen Kirche. Mit seinen in der Vergangenheit schwulenfeindlich interpretierbaren Äußerungen nehme ich an, dass er die bisherige Linie des Vatikans fortsetzt. Zumindest zeichnen sich derzeit keine Änderungen der katholischen Sexualfeindschaft und ihrer Homophobie ab.

wien.ORF.at: Ganz plakativ gefragt: Worauf kommt es im Leben an?

Keszler: Gesundheit und Lebensqualität

wien.ORF.at: Danke fürs Zeitnehmen!

Das Interview führte Hubert Kickinger, wien.ORF.at

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